Was we- gen der Leibes- Ubungen zu veran- stalten.
382.
Der Mensch soll nach Geschicklich- keit des Leibes trachten, das ist, eine Fer- tigkeit erlangen, seine Gliedmaßen in eine solche Bewegung und Stellung zu brin- gen, wie es die Vollkommenheit der See- le, und die natürliche Vollkommenheit des Leibes erfordert (§. 446. Mor,). Da nun diese Fertigkeit nicht anders als durch Ubung erlanget wird (§. 525. Met.): so muß man auch in dem gemeinen Wesen allerhand Gelegenheit zu allen nützlichen Ubungen des Leibes finden (§. 272). Und zu dem Ende müssen allerhand Exerci- tien- Meister bestellet, auch bequeme Oer- ter angeleget und geschickte Gebäude auf- geführet werden, wo man unter ihrer An- führung den Leibes-Ubungen obliegen kan. Damit aber niemand von diesen Leibes- Ubungen zurücke bleibet, der nicht allein dazu Lust, sondern sie auch von nöthen hat; so sollen die Exercitien-Meister mit Be- soldung versehen, und die dazu nöthigen Gebäude auf öffentliche Kosten gehalten werden. Es ist aber leicht zu erachten, daß außer den gewöhnlichen Leibes- Ubungen, als Reiten, Fechten, Tantzen, noch viel an- dere seyn können, die zum Theil mehr Nu- tzen als diese haben. Es wäre z. E. höchst nöthig, daß man die Jugend in allerhand Minen und Geberden, in Veränderungen des Ganges und der Sprache nach dem
Zu-
Cap. 3. Von der Einrichtung
Was we- gen der Leibes- Ubungen zu veran- ſtalten.
382.
Der Menſch ſoll nach Geſchicklich- keit des Leibes trachten, das iſt, eine Fer- tigkeit erlangen, ſeine Gliedmaßen in eine ſolche Bewegung und Stellung zu brin- gen, wie es die Vollkommenheit der See- le, und die natuͤrliche Vollkommenheit des Leibes erfordert (§. 446. Mor,). Da nun dieſe Fertigkeit nicht anders als durch Ubung erlanget wird (§. 525. Met.): ſo muß man auch in dem gemeinen Weſen allerhand Gelegenheit zu allen nuͤtzlichen Ubungen des Leibes finden (§. 272). Und zu dem Ende muͤſſen allerhand Exerci- tien- Meiſter beſtellet, auch bequeme Oer- ter angeleget und geſchickte Gebaͤude auf- gefuͤhret werden, wo man unter ihrer An- fuͤhrung den Leibes-Ubungen obliegen kan. Damit aber niemand von dieſen Leibes- Ubungen zuruͤcke bleibet, der nicht allein dazu Luſt, ſondern ſie auch von noͤthen hat; ſo ſollen die Exercitien-Meiſter mit Be- ſoldung verſehen, und die dazu noͤthigen Gebaͤude auf oͤffentliche Koſten gehalten werden. Es iſt aber leicht zu erachten, daß außer den gewoͤhnlichen Leibes- Ubungen, als Reiten, Fechten, Tantzen, noch viel an- dere ſeyn koͤnnen, die zum Theil mehr Nu- tzen als dieſe haben. Es waͤre z. E. hoͤchſt noͤthig, daß man die Jugend in allerhand Minen und Geberden, in Veraͤnderungen des Ganges und der Sprache nach dem
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Cap. 3. Von der Einrichtung
382.Der Menſch ſoll nach Geſchicklich-
keit des Leibes trachten, das iſt, eine Fer-
tigkeit erlangen, ſeine Gliedmaßen in eine
ſolche Bewegung und Stellung zu brin-
gen, wie es die Vollkommenheit der See-
le, und die natuͤrliche Vollkommenheit des
Leibes erfordert (§. 446. Mor,). Da nun
dieſe Fertigkeit nicht anders als durch
Ubung erlanget wird (§. 525. Met.): ſo
muß man auch in dem gemeinen Weſen
allerhand Gelegenheit zu allen nuͤtzlichen
Ubungen des Leibes finden (§. 272). Und
zu dem Ende muͤſſen allerhand Exerci-
tien- Meiſter beſtellet, auch bequeme Oer-
ter angeleget und geſchickte Gebaͤude auf-
gefuͤhret werden, wo man unter ihrer An-
fuͤhrung den Leibes-Ubungen obliegen kan.
Damit aber niemand von dieſen Leibes-
Ubungen zuruͤcke bleibet, der nicht allein
dazu Luſt, ſondern ſie auch von noͤthen hat;
ſo ſollen die Exercitien-Meiſter mit Be-
ſoldung verſehen, und die dazu noͤthigen
Gebaͤude auf oͤffentliche Koſten gehalten
werden. Es iſt aber leicht zu erachten, daß
außer den gewoͤhnlichen Leibes- Ubungen,
als Reiten, Fechten, Tantzen, noch viel an-
dere ſeyn koͤnnen, die zum Theil mehr Nu-
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/372>, abgerufen am 25.11.2024.
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