Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 3. Von der Einrichtung Grund zu denen nöthigen Anstalten. Undsiehet man nicht allein hieraus, son- dern auch aus allerhand andern Materi- en, die in der Politick abgehandelt wer- den, daß die Wahrheiten, die hieher ge- hören, viele andere Wissenschafften vor- aussetzen, wenn man sie gründlich abhan- deln wil. Damit man nicht selbst zu Pest und ansteckenden Kranckheiten Anlaß gebe, hat man in theuren Zeiten zu vermitteln, daß arme Leute, die nicht so viel erwerben können, als das Brodt ko- stet, nicht genöthiget werden, aus Man- gel ungewöhnliche Speisen zu essen. Wenn garstige, stinckende, nebelichte oder sonst feuchte Lufft zu Kranckheiten Anlaß geben wil, hat man die Lufft in denen Gemä- chern durch Ausräuchern zu reinigen, und überhaupt allemahl dahin zu sehen, daß man reine und gesunde Lufft in dem Zim- mern hat, wozu die Baukunst bey Ein- richtung der Camine und Oeffen Anlaß giebet (§. 390 Archit. civil.). Wenn ei- ne Seuche unter das Vieh kommet, muß man nicht allein Aufsicht haben, daß kein Fleisch von ungesundem Viehe auf den Marckt kommet; sondern auch selbst das umgefallene Vieh mit Haut und Haare an einem freyen Orte tief vergraben wer- de, damit dadurch die Lufft nicht ange- steckt werden kan. Mercket man, daß ver-
Cap. 3. Von der Einrichtung Grund zu denen noͤthigen Anſtalten. Undſiehet man nicht allein hieraus, ſon- dern auch aus allerhand andern Materi- en, die in der Politick abgehandelt wer- den, daß die Wahrheiten, die hieher ge- hoͤren, viele andere Wiſſenſchafften vor- ausſetzen, wenn man ſie gruͤndlich abhan- deln wil. Damit man nicht ſelbſt zu Peſt und anſteckenden Kranckheiten Anlaß gebe, hat man in theuren Zeiten zu vermitteln, daß arme Leute, die nicht ſo viel erwerben koͤnnen, als das Brodt ko- ſtet, nicht genoͤthiget werden, aus Man- gel ungewoͤhnliche Speiſen zu eſſen. Wenn garſtige, ſtinckende, nebelichte oder ſonſt feuchte Lufft zu Kranckheiten Anlaß geben wil, hat man die Lufft in denen Gemaͤ- chern durch Ausraͤuchern zu reinigen, und uͤberhaupt allemahl dahin zu ſehen, daß man reine und geſunde Lufft in dem Zim- mern hat, wozu die Baukunſt bey Ein- richtung der Camine und Oeffen Anlaß giebet (§. 390 Archit. civil.). Wenn ei- ne Seuche unter das Vieh kommet, muß man nicht allein Aufſicht haben, daß kein Fleiſch von ungeſundem Viehe auf den Marckt kommet; ſondern auch ſelbſt das umgefallene Vieh mit Haut und Haare an einem freyen Orte tief vergraben wer- de, damit dadurch die Lufft nicht ange- ſteckt werden kan. Mercket man, daß ver-
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Cap. 3. Von der Einrichtung
Grund zu denen noͤthigen Anſtalten. Und
ſiehet man nicht allein hieraus, ſon-
dern auch aus allerhand andern Materi-
en, die in der Politick abgehandelt wer-
den, daß die Wahrheiten, die hieher ge-
hoͤren, viele andere Wiſſenſchafften vor-
ausſetzen, wenn man ſie gruͤndlich abhan-
deln wil. Damit man nicht ſelbſt zu Peſt
und anſteckenden Kranckheiten Anlaß
gebe, hat man in theuren Zeiten zu
vermitteln, daß arme Leute, die nicht ſo
viel erwerben koͤnnen, als das Brodt ko-
ſtet, nicht genoͤthiget werden, aus Man-
gel ungewoͤhnliche Speiſen zu eſſen. Wenn
garſtige, ſtinckende, nebelichte oder ſonſt
feuchte Lufft zu Kranckheiten Anlaß geben
wil, hat man die Lufft in denen Gemaͤ-
chern durch Ausraͤuchern zu reinigen, und
uͤberhaupt allemahl dahin zu ſehen, daß
man reine und geſunde Lufft in dem Zim-
mern hat, wozu die Baukunſt bey Ein-
richtung der Camine und Oeffen Anlaß
giebet (§. 390 Archit. civil.). Wenn ei-
ne Seuche unter das Vieh kommet, muß
man nicht allein Aufſicht haben, daß kein
Fleiſch von ungeſundem Viehe auf den
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umgefallene Vieh mit Haut und Haare
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