Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

des gemeines Wesens.
so hat man auch dergleichen Beleidigun-
gen, daraus Duelle kommen können, schweer
zu ahnden. Und weil man durch das
Duell von dem andern wegen der gefche-
henen Beleidigung Satisfaction suchet;
so muß man einem, der auf eine solche
Weise beleidiget worden, auf eine andere
bequemere Manier Satisfaction zuschaffen
suchen.

§. 374.

Damit man aber zum DuellirenWie man
zeiget/
daß Du-
elle
höchstun-
gereimt
sind.

nicht Lust bekommet, so ist nöthig, daß man
begreiffen lernet, wie höchst ungereimet das
Duelliren ist. Nehmlich wer den andern
zum Duelliren heraus fordert, begiebet
sich so wohl in Lebens-Gefahr, als er sich
Hoffnung machen kan den andern um das
Leben zu bringen. Was hat man aber
dadurch für Satissaction, daß man ge-
wärtig seyn muß, man werde von dem an-
dern über den Hauffen gestossen, oder er-
schossen? Man will nicht dulden, daß der
andere uns etwas zu leide geredet, oder
sonst worinnen unserem Interesse zuwie-
der gewesen, und deswegen will man ihm
die Freyheit geben uns entweder gar um
das Leben zu bringen, oder doch wenig-
stens zu verwunden. Weil er uns eine
kleine Beleidigung angethan; so wollen
wir uns noch einer größern unterwerffen.
Es ist wohl wahr, daß wir meinen da-
durch unsern Muth zu kühlen, weil wir

Ge-

des gemeines Weſens.
ſo hat man auch dergleichen Beleidigun-
gen, daraus Duelle kommen koͤnnen, ſchweer
zu ahnden. Und weil man durch das
Duell von dem andern wegen der gefche-
henen Beleidigung Satisfaction ſuchet;
ſo muß man einem, der auf eine ſolche
Weiſe beleidiget worden, auf eine andere
bequemere Manier Satisfaction zuſchaffen
ſuchen.

§. 374.

Damit man aber zum DuellirenWie man
zeiget/
daß Du-
elle
hoͤchſtun-
gereimt
ſind.

nicht Luſt bekommet, ſo iſt noͤthig, daß man
begreiffen lernet, wie hoͤchſt ungereimet das
Duelliren iſt. Nehmlich wer den andern
zum Duelliren heraus fordert, begiebet
ſich ſo wohl in Lebens-Gefahr, als er ſich
Hoffnung machen kan den andern um das
Leben zu bringen. Was hat man aber
dadurch fuͤr Satisſaction, daß man ge-
waͤrtig ſeyn muß, man werde von dem an-
dern uͤber den Hauffen geſtoſſen, oder er-
ſchoſſen? Man will nicht dulden, daß der
andere uns etwas zu leide geredet, oder
ſonſt worinnen unſerem Intereſſe zuwie-
der geweſen, und deswegen will man ihm
die Freyheit geben uns entweder gar um
das Leben zu bringen, oder doch wenig-
ſtens zu verwunden. Weil er uns eine
kleine Beleidigung angethan; ſo wollen
wir uns noch einer groͤßern unterwerffen.
Es iſt wohl wahr, daß wir meinen da-
durch unſern Muth zu kuͤhlen, weil wir

Ge-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0351" n="333"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des gemeines We&#x017F;ens.</hi></fw><lb/>
&#x017F;o hat man auch dergleichen Beleidigun-<lb/>
gen, daraus Duelle kommen ko&#x0364;nnen, &#x017F;chweer<lb/>
zu ahnden. Und weil man durch das<lb/>
Duell von dem andern wegen der gefche-<lb/>
henen Beleidigung <hi rendition="#aq">Satisfaction</hi> &#x017F;uchet;<lb/>
&#x017F;o muß man einem, der auf eine &#x017F;olche<lb/>
Wei&#x017F;e beleidiget worden, auf eine andere<lb/>
bequemere Manier <hi rendition="#aq">Satisfaction</hi> zu&#x017F;chaffen<lb/>
&#x017F;uchen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 374.</head>
              <p>Damit man aber zum Duelliren<note place="right">Wie man<lb/>
zeiget/<lb/>
daß Du-<lb/>
elle<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;tun-<lb/>
gereimt<lb/>
&#x017F;ind.</note><lb/>
nicht Lu&#x017F;t bekommet, &#x017F;o i&#x017F;t no&#x0364;thig, daß man<lb/>
begreiffen lernet, wie ho&#x0364;ch&#x017F;t ungereimet das<lb/>
Duelliren i&#x017F;t. Nehmlich wer den andern<lb/>
zum Duelliren heraus fordert, begiebet<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;o wohl in Lebens-Gefahr, als er &#x017F;ich<lb/>
Hoffnung machen kan den andern um das<lb/>
Leben zu bringen. Was hat man aber<lb/>
dadurch fu&#x0364;r <hi rendition="#aq">Satis&#x017F;action,</hi> daß man ge-<lb/>
wa&#x0364;rtig &#x017F;eyn muß, man werde von dem an-<lb/>
dern u&#x0364;ber den Hauffen ge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en, oder er-<lb/>
&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en? Man will nicht dulden, daß der<lb/>
andere uns etwas zu leide geredet, oder<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t worinnen un&#x017F;erem <hi rendition="#aq">Intere&#x017F;&#x017F;e</hi> zuwie-<lb/>
der gewe&#x017F;en, und deswegen will man ihm<lb/>
die Freyheit geben uns entweder gar um<lb/>
das Leben zu bringen, oder doch wenig-<lb/>
&#x017F;tens zu verwunden. Weil er uns eine<lb/>
kleine Beleidigung angethan; &#x017F;o wollen<lb/>
wir uns noch einer gro&#x0364;ßern unterwerffen.<lb/>
Es i&#x017F;t wohl wahr, daß wir meinen da-<lb/>
durch un&#x017F;ern Muth zu ku&#x0364;hlen, weil wir<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ge-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[333/0351] des gemeines Weſens. ſo hat man auch dergleichen Beleidigun- gen, daraus Duelle kommen koͤnnen, ſchweer zu ahnden. Und weil man durch das Duell von dem andern wegen der gefche- henen Beleidigung Satisfaction ſuchet; ſo muß man einem, der auf eine ſolche Weiſe beleidiget worden, auf eine andere bequemere Manier Satisfaction zuſchaffen ſuchen. §. 374.Damit man aber zum Duelliren nicht Luſt bekommet, ſo iſt noͤthig, daß man begreiffen lernet, wie hoͤchſt ungereimet das Duelliren iſt. Nehmlich wer den andern zum Duelliren heraus fordert, begiebet ſich ſo wohl in Lebens-Gefahr, als er ſich Hoffnung machen kan den andern um das Leben zu bringen. Was hat man aber dadurch fuͤr Satisſaction, daß man ge- waͤrtig ſeyn muß, man werde von dem an- dern uͤber den Hauffen geſtoſſen, oder er- ſchoſſen? Man will nicht dulden, daß der andere uns etwas zu leide geredet, oder ſonſt worinnen unſerem Intereſſe zuwie- der geweſen, und deswegen will man ihm die Freyheit geben uns entweder gar um das Leben zu bringen, oder doch wenig- ſtens zu verwunden. Weil er uns eine kleine Beleidigung angethan; ſo wollen wir uns noch einer groͤßern unterwerffen. Es iſt wohl wahr, daß wir meinen da- durch unſern Muth zu kuͤhlen, weil wir Ge- Wie man zeiget/ daß Du- elle hoͤchſtun- gereimt ſind.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/351
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/351>, abgerufen am 05.05.2024.