und sie ihm nach diesem erliesse, derglei- chen bey den väterlichen Züchtigungen der Kinder stat findet (§. 131); so muß sie doch an ihnen vollzogen werden, damit andere, denen sie zum Exempel dienen sollen, den Ernst sehen (§. 345).
Einwurf wird be- antwor- tet.
§. 348.
Vielleicht werden einige ver- meinen, es sey gleichwohl der Billigkeit nicht gemäß, daß man einerley Verbre- chen bey allen Personen ohne einigen Un- terscheid mit gleicher Straffe beleget. Es wäre derselben mehr gemäß, daß man die, welche andere verführet, oder es vor sich gethan, härter straffte als diejenigen, die sich von andern verführen lassen, abson- derlich wenn sichs findete, es sey bey ihnen eine grosse Einfalt gewesen, daß sie sich leicht haben verführen lassen, oder auch andere Umstände zeigen, warumb sie der Verführung nicht so leicht wiederstehen können. Eben so sey es billicher, daß man mit härterer Straffe diejenigen ansehe, die sich beständig liederlich aufgeführet, als die sich sonst eines ehrbahren Wandels beflissen, und nur in einer That unglück- lich gewesen. Jch gebe ihnen hierinnen nicht unrecht. Denn da Verführungen im gemeinen Wesen sehr schädlich sind, so muß man sie so wohl als die Ubelthaten zu verhüten suchen, und sind sie daher nicht weniger als diese zu bestraffen. Derowe-
gen
Cap. 2. Von der Einrichtung
und ſie ihm nach dieſem erlieſſe, derglei- chen bey den vaͤterlichen Zuͤchtigungen der Kinder ſtat findet (§. 131); ſo muß ſie doch an ihnen vollzogen werden, damit andere, denen ſie zum Exempel dienen ſollen, den Ernſt ſehen (§. 345).
Einwurf wird be- antwor- tet.
§. 348.
Vielleicht werden einige ver- meinen, es ſey gleichwohl der Billigkeit nicht gemaͤß, daß man einerley Verbre- chen bey allen Perſonen ohne einigen Un- terſcheid mit gleicher Straffe beleget. Es waͤre derſelben mehr gemaͤß, daß man die, welche andere verfuͤhret, oder es vor ſich gethan, haͤrter ſtraffte als diejenigen, die ſich von andern verfuͤhren laſſen, abſon- derlich wenn ſichs findete, es ſey bey ihnen eine groſſe Einfalt geweſen, daß ſie ſich leicht haben verfuͤhren laſſen, oder auch andere Umſtaͤnde zeigen, warumb ſie der Verfuͤhrung nicht ſo leicht wiederſtehen koͤnnen. Eben ſo ſey es billicher, daß man mit haͤrterer Straffe diejenigen anſehe, die ſich beſtaͤndig liederlich aufgefuͤhret, als die ſich ſonſt eines ehrbahren Wandels befliſſen, und nur in einer That ungluͤck- lich geweſen. Jch gebe ihnen hierinnen nicht unrecht. Denn da Verfuͤhrungen im gemeinen Weſen ſehr ſchaͤdlich ſind, ſo muß man ſie ſo wohl als die Ubelthaten zu verhuͤten ſuchen, und ſind ſie daher nicht weniger als dieſe zu beſtraffen. Derowe-
gen
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Cap. 2. Von der Einrichtung
und ſie ihm nach dieſem erlieſſe, derglei-
chen bey den vaͤterlichen Zuͤchtigungen der
Kinder ſtat findet (§. 131); ſo muß ſie doch
an ihnen vollzogen werden, damit andere,
denen ſie zum Exempel dienen ſollen, den
Ernſt ſehen (§. 345).
§. 348.Vielleicht werden einige ver-
meinen, es ſey gleichwohl der Billigkeit
nicht gemaͤß, daß man einerley Verbre-
chen bey allen Perſonen ohne einigen Un-
terſcheid mit gleicher Straffe beleget. Es
waͤre derſelben mehr gemaͤß, daß man die,
welche andere verfuͤhret, oder es vor ſich
gethan, haͤrter ſtraffte als diejenigen, die
ſich von andern verfuͤhren laſſen, abſon-
derlich wenn ſichs findete, es ſey bey ihnen
eine groſſe Einfalt geweſen, daß ſie ſich
leicht haben verfuͤhren laſſen, oder auch
andere Umſtaͤnde zeigen, warumb ſie der
Verfuͤhrung nicht ſo leicht wiederſtehen
koͤnnen. Eben ſo ſey es billicher, daß man
mit haͤrterer Straffe diejenigen anſehe, die
ſich beſtaͤndig liederlich aufgefuͤhret, als
die ſich ſonſt eines ehrbahren Wandels
befliſſen, und nur in einer That ungluͤck-
lich geweſen. Jch gebe ihnen hierinnen
nicht unrecht. Denn da Verfuͤhrungen
im gemeinen Weſen ſehr ſchaͤdlich ſind, ſo
muß man ſie ſo wohl als die Ubelthaten zu
verhuͤten ſuchen, und ſind ſie daher nicht
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/306>, abgerufen am 22.11.2024.
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