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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Das 4. Capitel Von der
nes Gesindes sein gantzes Wohlseyn in sei-
nem künfftigen Leben; hingegen von der
Trägheit und Wiederspenstigkeit (die der
Willigkeit, wie jene dem Fleisse entgegen
gesetzet wird) sein Wehe herrühren.

Wie sich
die Herr-
schaft ge-
gen fleis-
siges und
williges
Gesinde
zu bezei-
gen.
§. 169.

Es hat aber auch eine Herr-
schafft auf den Fleiß und Willigkeit des
Gesindes zn sehen und daher mit Glimpffe
zu sagen, wenn sie etwas nicht recht ma-
chen, sonderlich im Anfange, da sie es noch
nicht verstehen oder gewohnet sind; wenn
sie etwas aus Unachtsamkeit versehen, oder
durch einen Zufall verunglücken, solches zu
übersehen, oder doch ohne einige Härte und
Bitterkett es zu verweisen, und was der-
gleichen mehr ist, damit nemlich das Ge-
sinde, was seinen möglichen Fleiß anwen-
det und gerne alles zu thun, was man ver-
langet, bereit ist, nicht auf die Gedancken
gerathe, es sey eben so viel, ob es fleißig,
oder träge sich erweiset, ob es sich willig,
oder wiederfpenstig erzeiget, und daher be-
wogen wird von seinem Fleisse und seiner
Willigkeit abzulassen. Woraus man sie-
het, daß schlimme Herrschafft gutes Gefin-
de verderben kan.

Wie es
das Ge-
sinde
anzuneh-
men hat.
§. 170.

Wenn das Gesinde verständig
ist, wie es denn insgemein zu seyn pfle-
get, wo es fleißig und willig ist, so kan es
ihm dieses Bezeigen der Herrschafft nicht
anders als gefallen lassen. Da es nun aber

erken-

Das 4. Capitel Von der
nes Geſindes ſein gantzes Wohlſeyn in ſei-
nem kuͤnfftigen Leben; hingegen von der
Traͤgheit und Wiederſpenſtigkeit (die der
Willigkeit, wie jene dem Fleiſſe entgegen
geſetzet wird) ſein Wehe herruͤhren.

Wie ſich
die Herr-
ſchaft ge-
gen fleiſ-
ſiges und
williges
Geſinde
zu bezei-
gen.
§. 169.

Es hat aber auch eine Herr-
ſchafft auf den Fleiß und Willigkeit des
Geſindes zn ſehen und daher mit Glimpffe
zu ſagen, wenn ſie etwas nicht recht ma-
chen, ſonderlich im Anfange, da ſie es noch
nicht verſtehen oder gewohnet ſind; wenn
ſie etwas aus Unachtſamkeit verſehen, oder
durch einen Zufall verungluͤcken, ſolches zu
uͤberſehen, oder doch ohne einige Haͤrte und
Bitterkett es zu verweiſen, und was der-
gleichen mehr iſt, damit nemlich das Ge-
ſinde, was ſeinen moͤglichen Fleiß anwen-
det und gerne alles zu thun, was man ver-
langet, bereit iſt, nicht auf die Gedancken
gerathe, es ſey eben ſo viel, ob es fleißig,
oder traͤge ſich erweiſet, ob es ſich willig,
oder wiederfpenſtig erzeiget, und daher be-
wogen wird von ſeinem Fleiſſe und ſeiner
Willigkeit abzulaſſen. Woraus man ſie-
het, daß ſchlimme Herrſchafft gutes Gefin-
de verderben kan.

Wie es
das Ge-
ſinde
anzuneh-
men hat.
§. 170.

Wenn das Geſinde verſtaͤndig
iſt, wie es denn insgemein zu ſeyn pfle-
get, wo es fleißig und willig iſt, ſo kan es
ihm dieſes Bezeigen der Herrſchafft nicht
anders als gefallen laſſen. Da es nun aber

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[118/0136] Das 4. Capitel Von der nes Geſindes ſein gantzes Wohlſeyn in ſei- nem kuͤnfftigen Leben; hingegen von der Traͤgheit und Wiederſpenſtigkeit (die der Willigkeit, wie jene dem Fleiſſe entgegen geſetzet wird) ſein Wehe herruͤhren. §. 169.Es hat aber auch eine Herr- ſchafft auf den Fleiß und Willigkeit des Geſindes zn ſehen und daher mit Glimpffe zu ſagen, wenn ſie etwas nicht recht ma- chen, ſonderlich im Anfange, da ſie es noch nicht verſtehen oder gewohnet ſind; wenn ſie etwas aus Unachtſamkeit verſehen, oder durch einen Zufall verungluͤcken, ſolches zu uͤberſehen, oder doch ohne einige Haͤrte und Bitterkett es zu verweiſen, und was der- gleichen mehr iſt, damit nemlich das Ge- ſinde, was ſeinen moͤglichen Fleiß anwen- det und gerne alles zu thun, was man ver- langet, bereit iſt, nicht auf die Gedancken gerathe, es ſey eben ſo viel, ob es fleißig, oder traͤge ſich erweiſet, ob es ſich willig, oder wiederfpenſtig erzeiget, und daher be- wogen wird von ſeinem Fleiſſe und ſeiner Willigkeit abzulaſſen. Woraus man ſie- het, daß ſchlimme Herrſchafft gutes Gefin- de verderben kan. §. 170.Wenn das Geſinde verſtaͤndig iſt, wie es denn insgemein zu ſeyn pfle- get, wo es fleißig und willig iſt, ſo kan es ihm dieſes Bezeigen der Herrſchafft nicht anders als gefallen laſſen. Da es nun aber erken-

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/136>, abgerufen am 26.04.2024.