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Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824.

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Der abgeschaffte Monat April.

Ein Einfaltspinsel, der stets etwas neues wissen
wollte, und fast alles glaubte, was man ihm auf
zu bürden beliebte, lag mit einem Pfeifchen Tabak
im Fenster, und fragte einen vorübergehenden Be-
kannten, ob es nichts neues gäbe? Allerdings, gab
dieser zur Antwort, wissen Sie denn noch nicht, daß
der Fürst den Monat April, der schlechten Witterung
wegen, ganz abschaffen will? -- Oho, das glaube
ich doch nicht, rief der sonst so Leichtgläubige aus,
lieber lassen sich die Menschen den Mai, als den
April nehmen. Zudem sind ja die meisten Mieths-
kontrakte im April um, und da würde es gehen, wie
bei allen Neuerungen, es würden nur Unordnungen
folgen. Man lasse Alles hübsch beim Alten, unsere
weisen Vorfahren waren auch keine Narren!

Der ehrliche Antiquar.

Ein Antiquar, dem Jemand nach und nach meh-
rere Bücher zum Verkauf brachte, merkte endlich,
daß dieser wohl nicht auf die ehrlichste Art dazu ge-
kommen sey, und nahm sich vor, nichts mehr von
demselben zu kaufen. Als der Verkäufer bald dar-
auf mit dem dreizehnten Bande eines Werkes, das
aus weit mehr Bänden besteht, wieder kam, gab er



Der abgeſchaffte Monat April.

Ein Einfaltspinſel, der ſtets etwas neues wiſſen
wollte, und faſt alles glaubte, was man ihm auf
zu bürden beliebte, lag mit einem Pfeifchen Tabak
im Fenſter, und fragte einen vorübergehenden Be-
kannten, ob es nichts neues gäbe? Allerdings, gab
dieſer zur Antwort, wiſſen Sie denn noch nicht, daß
der Fürſt den Monat April, der ſchlechten Witterung
wegen, ganz abſchaffen will? — Oho, das glaube
ich doch nicht, rief der ſonſt ſo Leichtgläubige aus,
lieber laſſen ſich die Menſchen den Mai, als den
April nehmen. Zudem ſind ja die meiſten Mieths-
kontrakte im April um, und da würde es gehen, wie
bei allen Neuerungen, es würden nur Unordnungen
folgen. Man laſſe Alles hübſch beim Alten, unſere
weiſen Vorfahren waren auch keine Narren!

Der ehrliche Antiquar.

Ein Antiquar, dem Jemand nach und nach meh-
rere Bücher zum Verkauf brachte, merkte endlich,
daß dieſer wohl nicht auf die ehrlichſte Art dazu ge-
kommen ſey, und nahm ſich vor, nichts mehr von
demſelben zu kaufen. Als der Verkäufer bald dar-
auf mit dem dreizehnten Bande eines Werkes, das
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[21/0037] Der abgeſchaffte Monat April. Ein Einfaltspinſel, der ſtets etwas neues wiſſen wollte, und faſt alles glaubte, was man ihm auf zu bürden beliebte, lag mit einem Pfeifchen Tabak im Fenſter, und fragte einen vorübergehenden Be- kannten, ob es nichts neues gäbe? Allerdings, gab dieſer zur Antwort, wiſſen Sie denn noch nicht, daß der Fürſt den Monat April, der ſchlechten Witterung wegen, ganz abſchaffen will? — Oho, das glaube ich doch nicht, rief der ſonſt ſo Leichtgläubige aus, lieber laſſen ſich die Menſchen den Mai, als den April nehmen. Zudem ſind ja die meiſten Mieths- kontrakte im April um, und da würde es gehen, wie bei allen Neuerungen, es würden nur Unordnungen folgen. Man laſſe Alles hübſch beim Alten, unſere weiſen Vorfahren waren auch keine Narren! Der ehrliche Antiquar. Ein Antiquar, dem Jemand nach und nach meh- rere Bücher zum Verkauf brachte, merkte endlich, daß dieſer wohl nicht auf die ehrlichſte Art dazu ge- kommen ſey, und nahm ſich vor, nichts mehr von demſelben zu kaufen. Als der Verkäufer bald dar- auf mit dem dreizehnten Bande eines Werkes, das aus weit mehr Bänden beſteht, wieder kam, gab er

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Zitationshilfe: Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_ausverkauf_1824/37>, abgerufen am 19.04.2024.