Wolf, August: Der Stern der Schönheit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 303–322. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Heute war große Gesellschaft bei Madame G. gewesen. Es waren sehr viele Leute da zusammengekommen, sehr viel gesprochen, gelacht, getanzt und sehr viel gegessen und getrunken worden. Nun aber war es schon spät, die Meisten hatten sich empfohlen, nur einige nähere Verwandte und nächste Bekannte waren noch geblieben, hatten sich um einen großen Tisch gruppirt, auf dem einige Weinflaschen standen, und scherzten und lachten. Es war eine Munterkeit in diesem Rest der Gesellschaft, die noch von der Aufregung des Abends zehrte; man wollte diese noch nicht enden lassen, man wollte noch nicht schlafen gehen, es war zu hübsch, noch ein wenig zusammen zu sitzen, zu plaudern, zu trinken und sich zu necken. Plötzlich sagte Madame G.: Robert, Sie sind ja wieder so still, ich glaube, Sie haben den ganzen Abend über kein Wort gesprochen. Haben Sie das so genau gehört? fragte Robert. Ei, ich weiß das schon. Ja, wenn Sie Einem falsche Geschichten aufbinden können, dann reißt es nicht ab. Denken Sie, wandte sie sich zu einigen Damen, was er neulich thut. Ich und Emma bitten ihn, uns Heute war große Gesellschaft bei Madame G. gewesen. Es waren sehr viele Leute da zusammengekommen, sehr viel gesprochen, gelacht, getanzt und sehr viel gegessen und getrunken worden. Nun aber war es schon spät, die Meisten hatten sich empfohlen, nur einige nähere Verwandte und nächste Bekannte waren noch geblieben, hatten sich um einen großen Tisch gruppirt, auf dem einige Weinflaschen standen, und scherzten und lachten. Es war eine Munterkeit in diesem Rest der Gesellschaft, die noch von der Aufregung des Abends zehrte; man wollte diese noch nicht enden lassen, man wollte noch nicht schlafen gehen, es war zu hübsch, noch ein wenig zusammen zu sitzen, zu plaudern, zu trinken und sich zu necken. Plötzlich sagte Madame G.: Robert, Sie sind ja wieder so still, ich glaube, Sie haben den ganzen Abend über kein Wort gesprochen. Haben Sie das so genau gehört? fragte Robert. Ei, ich weiß das schon. Ja, wenn Sie Einem falsche Geschichten aufbinden können, dann reißt es nicht ab. Denken Sie, wandte sie sich zu einigen Damen, was er neulich thut. Ich und Emma bitten ihn, uns <TEI> <text> <pb facs="#f0009"/> <body> <div> <p>Heute war große Gesellschaft bei Madame G. gewesen. Es waren sehr viele Leute da zusammengekommen, sehr viel gesprochen, gelacht, getanzt und sehr viel gegessen und getrunken worden. Nun aber war es schon spät, die Meisten hatten sich empfohlen, nur einige nähere Verwandte und nächste Bekannte waren noch geblieben, hatten sich um einen großen Tisch gruppirt, auf dem einige Weinflaschen standen, und scherzten und lachten. Es war eine Munterkeit in diesem Rest der Gesellschaft, die noch von der Aufregung des Abends zehrte; man wollte diese noch nicht enden lassen, man wollte noch nicht schlafen gehen, es war zu hübsch, noch ein wenig zusammen zu sitzen, zu plaudern, zu trinken und sich zu necken.</p><lb/> <p>Plötzlich sagte Madame G.: Robert, Sie sind ja wieder so still, ich glaube, Sie haben den ganzen Abend über kein Wort gesprochen.</p><lb/> <p>Haben Sie das so genau gehört? fragte Robert.</p><lb/> <p>Ei, ich weiß das schon. Ja, wenn Sie Einem falsche Geschichten aufbinden können, dann reißt es nicht ab. Denken Sie, wandte sie sich zu einigen Damen, was er neulich thut. Ich und Emma bitten ihn, uns<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0009]
Heute war große Gesellschaft bei Madame G. gewesen. Es waren sehr viele Leute da zusammengekommen, sehr viel gesprochen, gelacht, getanzt und sehr viel gegessen und getrunken worden. Nun aber war es schon spät, die Meisten hatten sich empfohlen, nur einige nähere Verwandte und nächste Bekannte waren noch geblieben, hatten sich um einen großen Tisch gruppirt, auf dem einige Weinflaschen standen, und scherzten und lachten. Es war eine Munterkeit in diesem Rest der Gesellschaft, die noch von der Aufregung des Abends zehrte; man wollte diese noch nicht enden lassen, man wollte noch nicht schlafen gehen, es war zu hübsch, noch ein wenig zusammen zu sitzen, zu plaudern, zu trinken und sich zu necken.
Plötzlich sagte Madame G.: Robert, Sie sind ja wieder so still, ich glaube, Sie haben den ganzen Abend über kein Wort gesprochen.
Haben Sie das so genau gehört? fragte Robert.
Ei, ich weiß das schon. Ja, wenn Sie Einem falsche Geschichten aufbinden können, dann reißt es nicht ab. Denken Sie, wandte sie sich zu einigen Damen, was er neulich thut. Ich und Emma bitten ihn, uns
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/wolf_schoenheit_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/wolf_schoenheit_1910/9 |
Zitationshilfe: | Wolf, August: Der Stern der Schönheit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 303–322. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolf_schoenheit_1910/9>, abgerufen am 16.02.2025. |