Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 1. Neustadt, 1832.sein jener sittlichen Kraft, jenes heldenmüthigen Entschlusses, auf dessen Herrliche Werke der sinnigen Andacht unserer bessern Väter prangten Wir bauen mit dem Schweiße zinspflichtiger Armen dem Ueber- Tausend Dörfer und Städte sehn wir schimmernd sich ausbreiten, Dort Carlsruhe -- Carlsruhe; was kannst du weiter von der ſein jener ſittlichen Kraft, jenes heldenmüthigen Entſchluſſes, auf deſſen Herrliche Werke der ſinnigen Andacht unſerer beſſern Väter prangten Wir bauen mit dem Schweiße zinspflichtiger Armen dem Ueber- Tauſend Dörfer und Städte ſehn wir ſchimmernd ſich ausbreiten, Dort Carlsruhe — Carlsruhe; was kannſt du weiter von der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0043" n="35"/> ſein jener ſittlichen Kraft, jenes heldenmüthigen Entſchluſſes, auf deſſen<lb/> Wink ein freies, ein glückliches, ein ruhmvolles Vaterland ſich erhöbe? —</p><lb/> <p>Herrliche Werke der ſinnigen Andacht unſerer beſſern Väter prangten<lb/> dereinſt in dieſen reichen Gauen, noch ſtreken ihre Wipfel oder Trümmer<lb/> empor die Dome von Freiburg und Straßburg und Speier und Oppen-<lb/> heim und Mainz und Frankfurt. Andere Tempel erbauten wir daneben,<lb/> klein und armſelig wie unſer Sinn und unſre Kraft. Noch ſteht die<lb/> Kirche dort, wo ein Luther gepredigt, noch zeigt ſie das Bild des Reichs-<lb/> tags, vor welchem er, der muthige Glaubensheld, den Herrſcherſtab des<lb/> Pfaffenthums, der Unwiſſenheit und geiſtigen Bedrückung zerbrach und<lb/> die Freiheit des Gewiſſens und der Forſchung für immer errang: aber<lb/> noch ſteht der römiſche Despot mit deutſchen Fürſten in Vertrag und<lb/> Bund, und noch iſt kein politiſcher Luther auferſtanden, der das Scepter<lb/> zerbreche der abſoluten Könige, der die Völker erlöſe von der Schmach<lb/> der politiſchen Knechtſchaft.</p><lb/> <p>Wir bauen mit dem Schweiße zinspflichtiger Armen dem Ueber-<lb/> muthe Palläſte, der Ueppigkeit Schauſpielhäuſer und Tanzſäle, der Un-<lb/> terdrückung Kaſernen und Zwingburgen, der Luſt Landhäuſer und Bäder,<lb/> dem Stolz errichten wir Prunkſchlöſſer, der Eitelkeit Muſeen und Kunſt-<lb/> gallerieen, den Völkerſchlächtern Säulen des Ruhms: aber für irgend<lb/> ein deutſches Nationaldenkmal hat die weite deutſche Erde keinen Raum,<lb/> haben ſeine 34 ſouveräne Fürſten keinen Sinn; eine Nationalhalle ſuchſt<lb/> du umſonſt, wo die Majeſtät des deutſchen Volks wiederſtrahle, das freie<lb/> Geſetz im Innern gründend, die Würde nach Auſſen bewahrend.</p><lb/> <p>Tauſend Dörfer und Städte ſehn wir ſchimmernd ſich ausbreiten,<lb/> von Bewohnern wimmelnd, wie rührige Ameiſen und erdumwühlende<lb/> Maulwürfe; aber ein höheres Band, ſie zu ſittlicher Einheit verknüpfend,<lb/> einen Gedanken, ſie emporrichtend zum himmliſchen Vater, der ſie erſchaf-<lb/> fen zur Freiheit, zur Menſchenwürde: jenes heilige Feuer, das in unſerm<lb/> Haupte den Lichtſtrahl entzündet, und unſere Bruſt zum rettenden Ent<lb/> ſchluſſe der Aufopferung für die Geſammtheit erwärmt, die Kraft<lb/> des ſchwankenden Willens ſtählt und den flüchtigen Muth des Augen-<lb/> blicks in Flammen ſetzt — das ſuchſt du vergebens.</p><lb/> <p>Dort <hi rendition="#g">Carlsruhe</hi> — Carlsruhe; was kannſt du weiter von der<lb/> volkreichen, glänzenden Stadt rühmen, die ſich glücklich ſchätzt, der<lb/> Schemel üppiger Höflinge zu ſeyn, und von den Brocken ihrer Tafel<lb/> ſich zu nähren? Hier <hi rendition="#g">Speier</hi>, einſt von tapfern Nemetern bewohnt,<lb/> einſt der prangende Sitz deutſcher Reichsverſammlungen und des Reichs-<lb/> gerichts, jetzt von etlichen Jeſuiten und Ariſtokraten beherrſcht. Dort<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [35/0043]
ſein jener ſittlichen Kraft, jenes heldenmüthigen Entſchluſſes, auf deſſen
Wink ein freies, ein glückliches, ein ruhmvolles Vaterland ſich erhöbe? —
Herrliche Werke der ſinnigen Andacht unſerer beſſern Väter prangten
dereinſt in dieſen reichen Gauen, noch ſtreken ihre Wipfel oder Trümmer
empor die Dome von Freiburg und Straßburg und Speier und Oppen-
heim und Mainz und Frankfurt. Andere Tempel erbauten wir daneben,
klein und armſelig wie unſer Sinn und unſre Kraft. Noch ſteht die
Kirche dort, wo ein Luther gepredigt, noch zeigt ſie das Bild des Reichs-
tags, vor welchem er, der muthige Glaubensheld, den Herrſcherſtab des
Pfaffenthums, der Unwiſſenheit und geiſtigen Bedrückung zerbrach und
die Freiheit des Gewiſſens und der Forſchung für immer errang: aber
noch ſteht der römiſche Despot mit deutſchen Fürſten in Vertrag und
Bund, und noch iſt kein politiſcher Luther auferſtanden, der das Scepter
zerbreche der abſoluten Könige, der die Völker erlöſe von der Schmach
der politiſchen Knechtſchaft.
Wir bauen mit dem Schweiße zinspflichtiger Armen dem Ueber-
muthe Palläſte, der Ueppigkeit Schauſpielhäuſer und Tanzſäle, der Un-
terdrückung Kaſernen und Zwingburgen, der Luſt Landhäuſer und Bäder,
dem Stolz errichten wir Prunkſchlöſſer, der Eitelkeit Muſeen und Kunſt-
gallerieen, den Völkerſchlächtern Säulen des Ruhms: aber für irgend
ein deutſches Nationaldenkmal hat die weite deutſche Erde keinen Raum,
haben ſeine 34 ſouveräne Fürſten keinen Sinn; eine Nationalhalle ſuchſt
du umſonſt, wo die Majeſtät des deutſchen Volks wiederſtrahle, das freie
Geſetz im Innern gründend, die Würde nach Auſſen bewahrend.
Tauſend Dörfer und Städte ſehn wir ſchimmernd ſich ausbreiten,
von Bewohnern wimmelnd, wie rührige Ameiſen und erdumwühlende
Maulwürfe; aber ein höheres Band, ſie zu ſittlicher Einheit verknüpfend,
einen Gedanken, ſie emporrichtend zum himmliſchen Vater, der ſie erſchaf-
fen zur Freiheit, zur Menſchenwürde: jenes heilige Feuer, das in unſerm
Haupte den Lichtſtrahl entzündet, und unſere Bruſt zum rettenden Ent
ſchluſſe der Aufopferung für die Geſammtheit erwärmt, die Kraft
des ſchwankenden Willens ſtählt und den flüchtigen Muth des Augen-
blicks in Flammen ſetzt — das ſuchſt du vergebens.
Dort Carlsruhe — Carlsruhe; was kannſt du weiter von der
volkreichen, glänzenden Stadt rühmen, die ſich glücklich ſchätzt, der
Schemel üppiger Höflinge zu ſeyn, und von den Brocken ihrer Tafel
ſich zu nähren? Hier Speier, einſt von tapfern Nemetern bewohnt,
einſt der prangende Sitz deutſcher Reichsverſammlungen und des Reichs-
gerichts, jetzt von etlichen Jeſuiten und Ariſtokraten beherrſcht. Dort
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