Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Einleitung in die attische Tragödie (Euripides Herakles erklärt, Bd. 1). Berlin, 1889.Das leben des Euripides. satyrspiel Sisyphos 76) auch Kritias als verfasser angegeben wird, ist derschluss geboten, dass diese ganze tetralogie zwischen den beiden dichtern schwankte, in wahrheit dem minder berühmten gehörte. die gesammt- summe 92 oder vielmehr 88 ist nun allerdings vorschnell fixirt. erstens ist fraglich, ob nicht lenäische agone darunter waren, an welchen viel- leicht weniger stücke gegeben wurden; zweitens hat der Archelaos sicher- lich nicht in den 22 didaskalien gestanden, und von der Andromache ist dasselbe ausdrücklich überliefert. somit ist der schluss auf die gesammt- zahl der verfassten stücke unzulässig, und der verlust von dramen noch höher anzusetzen, als die Alexandriner getan haben. Praktisch kommt nun auf die sofort vergessenen stücke nichts an, 76) Ein satyrspiel Sisyphos hat Euripides nach ausweis der didaskalie der Troerinnen 415 gegeben. das war verloren, ward mit dem Sisyphos des Kritias verwechselt und gab mit veranlassung zu der irrtümlichen zuteilung der ganzen tetra- logie, in welcher auch ein Sisyphos stand. 77) Anaxandrides verkaufte das manuscript einer durchgefallenen komödie sofort als maculatur. Chamaileon bei Ath. IX 374. 78) Die angaben sind trotz aller verwirrung durchsichtig. wenn man die un- ächtheit des Sisyphos bestritt, wozu dieselbe veranlassung vorlag wie beim Rhesos, so war die gesammtsumme 75: diese gibt Varro (Gellius XVII 4 3) und Suidas. rech- nete man die ganze bestrittene tetralogie zu, so waren es 78: so das genos, und das wird in den sozomena oz bei Suidas auch stecken. 79) Theristai; ou sozontai in der didaskalie der Medeia, kai ... sozetai in der der Phoenissen, deren ergänzung in diesem teile sicher ist. endlich der Sisyphos. 80) Unsichere vermutungen Anal. Eur. 161. die beziehung auf die Marsyas-
sage lässt sich nicht mehr aufrecht erhalten. Das leben des Euripides. satyrspiel Sisyphos 76) auch Kritias als verfasser angegeben wird, ist derschluſs geboten, daſs diese ganze tetralogie zwischen den beiden dichtern schwankte, in wahrheit dem minder berühmten gehörte. die gesammt- summe 92 oder vielmehr 88 ist nun allerdings vorschnell fixirt. erstens ist fraglich, ob nicht lenäische agone darunter waren, an welchen viel- leicht weniger stücke gegeben wurden; zweitens hat der Archelaos sicher- lich nicht in den 22 didaskalien gestanden, und von der Andromache ist dasselbe ausdrücklich überliefert. somit ist der schluſs auf die gesammt- zahl der verfaſsten stücke unzulässig, und der verlust von dramen noch höher anzusetzen, als die Alexandriner getan haben. Praktisch kommt nun auf die sofort vergessenen stücke nichts an, 76) Ein satyrspiel Sisyphos hat Euripides nach ausweis der didaskalie der Troerinnen 415 gegeben. das war verloren, ward mit dem Sisyphos des Kritias verwechselt und gab mit veranlassung zu der irrtümlichen zuteilung der ganzen tetra- logie, in welcher auch ein Sisyphos stand. 77) Anaxandrides verkaufte das manuscript einer durchgefallenen komödie sofort als maculatur. Chamaileon bei Ath. IX 374. 78) Die angaben sind trotz aller verwirrung durchsichtig. wenn man die un- ächtheit des Sisyphos bestritt, wozu dieselbe veranlassung vorlag wie beim Rhesos, so war die gesammtsumme 75: diese gibt Varro (Gellius XVII 4 3) und Suidas. rech- nete man die ganze bestrittene tetralogie zu, so waren es 78: so das γένος, und das wird in den σωζόμενα οζ΄ bei Suidas auch stecken. 79) Θερισταί· οὐ σῴζονται in der didaskalie der Medeia, καὶ … σῴζεται in der der Phoenissen, deren ergänzung in diesem teile sicher ist. endlich der Sisyphos. 80) Unsichere vermutungen Anal. Eur. 161. die beziehung auf die Marsyas-
sage läſst sich nicht mehr aufrecht erhalten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0060" n="40"/><fw place="top" type="header">Das leben des Euripides.</fw><lb/> satyrspiel Sisyphos <note place="foot" n="76)">Ein satyrspiel Sisyphos hat Euripides nach ausweis der didaskalie der<lb/> Troerinnen 415 gegeben. das war verloren, ward mit dem Sisyphos des Kritias<lb/> verwechselt und gab mit veranlassung zu der irrtümlichen zuteilung der ganzen tetra-<lb/> logie, in welcher auch ein Sisyphos stand.</note> auch Kritias als verfasser angegeben wird, ist der<lb/> schluſs geboten, daſs diese ganze tetralogie zwischen den beiden dichtern<lb/> schwankte, in wahrheit dem minder berühmten gehörte. die gesammt-<lb/> summe 92 oder vielmehr 88 ist nun allerdings vorschnell fixirt. erstens<lb/> ist fraglich, ob nicht lenäische agone darunter waren, an welchen viel-<lb/> leicht weniger stücke gegeben wurden; zweitens hat der Archelaos sicher-<lb/> lich nicht in den 22 didaskalien gestanden, und von der Andromache ist<lb/> dasselbe ausdrücklich überliefert. somit ist der schluſs auf die gesammt-<lb/> zahl der verfaſsten stücke unzulässig, und der verlust von dramen noch<lb/> höher anzusetzen, als die Alexandriner getan haben.</p><lb/> <p>Praktisch kommt nun auf die sofort vergessenen stücke nichts an,<lb/> die zum teil wol gar nicht veröffentlicht waren <note place="foot" n="77)">Anaxandrides verkaufte das manuscript einer durchgefallenen komödie<lb/> sofort als maculatur. Chamaileon bei Ath. IX 374.</note>. um so erfreulicher ist,<lb/> daſs wir über das was nach Alexandreia kam sicherheit erzielen können.<lb/> es waren 67 tragödien, 7 satyrspiele <note place="foot" n="78)">Die angaben sind trotz aller verwirrung durchsichtig. wenn man die un-<lb/> ächtheit des Sisyphos bestritt, wozu dieselbe veranlassung vorlag wie beim Rhesos,<lb/> so war die gesammtsumme 75: diese gibt Varro (Gellius XVII 4 3) und Suidas. rech-<lb/> nete man die ganze bestrittene tetralogie zu, so waren es 78: so das γένος, und<lb/> das wird in den σωζόμενα οζ΄ bei Suidas auch stecken.</note>. die letzte zahl ist auffallend<lb/> gering. daſs Euripides einzeln statt eines satyrspiels eine tragödie gab,<lb/> wie die Alkestis, erklärt das misverhältnis nicht genügend. wir kennen<lb/> auch noch 3 satyrspiele, die verloren waren <note place="foot" n="79)">Θερισταί· οὐ σῴζονται in der didaskalie der Medeia, καὶ … σῴζεται in<lb/> der der Phoenissen, deren ergänzung in diesem teile sicher ist. endlich der Sisyphos.</note>. offenbar hatte Euripides<lb/> für das komische weder neigung noch begabung. selbst von den 7 ist<lb/> eines so wenig gelesen worden, daſs wir nicht einmal den namen ken-<lb/> nen <note place="foot" n="80)">Unsichere vermutungen Anal. Eur. 161. die beziehung auf die Marsyas-<lb/> sage läſst sich nicht mehr aufrecht erhalten.</note>. und in den 6 kenntlichen war dasselbe motiv, die überwindung<lb/> der barbarischen <hi rendition="#i">vis consili expers</hi> durch die hellenische <hi rendition="#i">rite nutrita<lb/> indoles</hi>, viermal angewandt (Buseiris, Kyklops, Skiron, Syleus); zweimal<lb/> war der held ein listiger betrüger, Autolykos Sisyphos, denen Odysseus<lb/> nahe steht; dreimal trat Herakles auf (Eurystheus Syleus Buseiris), einmal<lb/> sein pendant Theseus (Skiron). die erfindsamkeit war also sehr gering.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [40/0060]
Das leben des Euripides.
satyrspiel Sisyphos 76) auch Kritias als verfasser angegeben wird, ist der
schluſs geboten, daſs diese ganze tetralogie zwischen den beiden dichtern
schwankte, in wahrheit dem minder berühmten gehörte. die gesammt-
summe 92 oder vielmehr 88 ist nun allerdings vorschnell fixirt. erstens
ist fraglich, ob nicht lenäische agone darunter waren, an welchen viel-
leicht weniger stücke gegeben wurden; zweitens hat der Archelaos sicher-
lich nicht in den 22 didaskalien gestanden, und von der Andromache ist
dasselbe ausdrücklich überliefert. somit ist der schluſs auf die gesammt-
zahl der verfaſsten stücke unzulässig, und der verlust von dramen noch
höher anzusetzen, als die Alexandriner getan haben.
Praktisch kommt nun auf die sofort vergessenen stücke nichts an,
die zum teil wol gar nicht veröffentlicht waren 77). um so erfreulicher ist,
daſs wir über das was nach Alexandreia kam sicherheit erzielen können.
es waren 67 tragödien, 7 satyrspiele 78). die letzte zahl ist auffallend
gering. daſs Euripides einzeln statt eines satyrspiels eine tragödie gab,
wie die Alkestis, erklärt das misverhältnis nicht genügend. wir kennen
auch noch 3 satyrspiele, die verloren waren 79). offenbar hatte Euripides
für das komische weder neigung noch begabung. selbst von den 7 ist
eines so wenig gelesen worden, daſs wir nicht einmal den namen ken-
nen 80). und in den 6 kenntlichen war dasselbe motiv, die überwindung
der barbarischen vis consili expers durch die hellenische rite nutrita
indoles, viermal angewandt (Buseiris, Kyklops, Skiron, Syleus); zweimal
war der held ein listiger betrüger, Autolykos Sisyphos, denen Odysseus
nahe steht; dreimal trat Herakles auf (Eurystheus Syleus Buseiris), einmal
sein pendant Theseus (Skiron). die erfindsamkeit war also sehr gering.
76) Ein satyrspiel Sisyphos hat Euripides nach ausweis der didaskalie der
Troerinnen 415 gegeben. das war verloren, ward mit dem Sisyphos des Kritias
verwechselt und gab mit veranlassung zu der irrtümlichen zuteilung der ganzen tetra-
logie, in welcher auch ein Sisyphos stand.
77) Anaxandrides verkaufte das manuscript einer durchgefallenen komödie
sofort als maculatur. Chamaileon bei Ath. IX 374.
78) Die angaben sind trotz aller verwirrung durchsichtig. wenn man die un-
ächtheit des Sisyphos bestritt, wozu dieselbe veranlassung vorlag wie beim Rhesos,
so war die gesammtsumme 75: diese gibt Varro (Gellius XVII 4 3) und Suidas. rech-
nete man die ganze bestrittene tetralogie zu, so waren es 78: so das γένος, und
das wird in den σωζόμενα οζ΄ bei Suidas auch stecken.
79) Θερισταί· οὐ σῴζονται in der didaskalie der Medeia, καὶ … σῴζεται in
der der Phoenissen, deren ergänzung in diesem teile sicher ist. endlich der Sisyphos.
80) Unsichere vermutungen Anal. Eur. 161. die beziehung auf die Marsyas-
sage läſst sich nicht mehr aufrecht erhalten.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |