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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Einleitung in die attische Tragödie (Euripides Herakles erklärt, Bd. 1). Berlin, 1889.

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Nachlass.

Von verlornen tragödien kennen wir nur den Rhesos. denn dass
das erhaltene den Sophokles nachahmende drama unter die werke des
Euripides geraten ist, liegt lediglich daran, dass aus den didaskalien die
existenz eines jugenddramas Rhesos von Euripides fest stand 81). die den
Alexandrinern bekannten 67 kennen wir aber alle, doch eines, Epeios,
nur durch eine erwähnung in einem kataloge, nicht durch ein citat,
und von dem unächten Tennes ist nur ein unsicheres citat erhalten. die
irrtümer, welche diese zahl zu vermehren schienen, sind alle mit sicher-
heit erledigt 82). doppeltitel hat es nicht gegeben; doppelbearbeitungen

81) Das erhaltene stück fordert vier schauspieler wie der Oidipus auf Kolonos
und hebt mit einer anapästischen scene an, wie der jüngere Euripides eine vor die
aulische Iphigenie gesetzt hat. man möchte es also zeitlich diesen nahe rücken.
andererseits ist überall das bestreben deutlich in verston sprache und metrik die
weise zu vermeiden, welche in ihren letzten jahren von Euripides und Sophokles
beliebt war, und von der rhetorischen tragödie, z. b. Agathon Karkinos fortgebildet
ward. so möchte man etwas weiter herabgehen. unsere kenntnis des dramas im
4. jahrhundert ist aber zu gering, als dass man auf diese formalen kriterien viel
bauen könnte. der inhalt setzt indessen ein lebhaftes interesse für die thrakischen
gegenden voraus, in denen Athen erst im zweiten seebund wieder festen fuss fasste
auf etwa zwanzig jahre. in diese wird man den Rhesos am ehesten rücken dürfen.
Dikaiarchos hat ihn schon von den schauspielern erweitert gelesen. die nachahmung
des Sophokles ist in den motiven und der stilisirung der personen nicht minder
greifbar als in der diction und namentlich der metrik.
82) Ein auch der form nach unmöglich euripideisches fragment wird in den
in trostloser verwahrlosung erhaltenen sog. Probusscholien zu Vergil dem Kadmos
des Euripides zugeschrieben (fgm. 451). wie der irrtum entstanden ist oder ob gar
fälschung vorliegt, ist fraglich. ein aegyptischer schulknabe hat in der zeit Aristarchs
unter andern stücken auch 44 trimeter abschreiben müssen, die die überschrift Euri-
pidou tragen und die noch ungedeutete unterschrift Eiripides smodregates. die
verse imitiren die weise des Euripides, aber ganz erbärmlich. sie begehen den me-
trischen fehler egdidos nun plousio (20) als versausgang, elidiren ai (44), setzen
wider die weise des Euripides eautes (11), wider die des 5. jahrhunderts kaitoige (10).
ousia bedeutet das vermögen (30), tukhon isos heisst vielleicht, wie in spätattischer
prosa (9), idios emautes vertritt, wie in dieser, das possessiv (28), es steht, wie im peri-
patetischen traktat loipon estin isos eme legein (4), aporein bedeutet 'arm sein',
daneben wird aber auch aporeisthai gebraucht (26), armottei (man ändert armozei) in-
transitiv (2) ist nicht euripideisch, philanthropos steht in dem gemeinen sinne der späten
decrete: im 5. jahrhundert können nur götter oder tiere philanthropoi sein. das perfect
ist in der weise der koine gesetzt, wo es nicht hin gehört 6, 19; ein gebrauch des
artikels wie pros tes Estias, emautes ton idion bion, gehört nicht in die tragödie.
es kommt aber noch hübscher mekhri posou ten tes tukhes pater de lepsei peiran (31):
darin ist falsch mekhri, denn das sagt die tragödie nicht, mekhri posou, denn das ist
höchstens ganz plebejisch für 'wie lange', ganz unzulässig der artikel bei tikhen,
ganz unmöglich in jeder rede die stellung des de. da hat man denn auch wenigstens
Nachlaſs.

Von verlornen tragödien kennen wir nur den Rhesos. denn daſs
das erhaltene den Sophokles nachahmende drama unter die werke des
Euripides geraten ist, liegt lediglich daran, daſs aus den didaskalien die
existenz eines jugenddramas Rhesos von Euripides fest stand 81). die den
Alexandrinern bekannten 67 kennen wir aber alle, doch eines, Epeios,
nur durch eine erwähnung in einem kataloge, nicht durch ein citat,
und von dem unächten Tennes ist nur ein unsicheres citat erhalten. die
irrtümer, welche diese zahl zu vermehren schienen, sind alle mit sicher-
heit erledigt 82). doppeltitel hat es nicht gegeben; doppelbearbeitungen

81) Das erhaltene stück fordert vier schauspieler wie der Oidipus auf Kolonos
und hebt mit einer anapästischen scene an, wie der jüngere Euripides eine vor die
aulische Iphigenie gesetzt hat. man möchte es also zeitlich diesen nahe rücken.
andererseits ist überall das bestreben deutlich in verston sprache und metrik die
weise zu vermeiden, welche in ihren letzten jahren von Euripides und Sophokles
beliebt war, und von der rhetorischen tragödie, z. b. Agathon Karkinos fortgebildet
ward. so möchte man etwas weiter herabgehen. unsere kenntnis des dramas im
4. jahrhundert ist aber zu gering, als daſs man auf diese formalen kriterien viel
bauen könnte. der inhalt setzt indessen ein lebhaftes interesse für die thrakischen
gegenden voraus, in denen Athen erst im zweiten seebund wieder festen fuſs faſste
auf etwa zwanzig jahre. in diese wird man den Rhesos am ehesten rücken dürfen.
Dikaiarchos hat ihn schon von den schauspielern erweitert gelesen. die nachahmung
des Sophokles ist in den motiven und der stilisirung der personen nicht minder
greifbar als in der diction und namentlich der metrik.
82) Ein auch der form nach unmöglich euripideisches fragment wird in den
in trostloser verwahrlosung erhaltenen sog. Probusscholien zu Vergil dem Kadmos
des Euripides zugeschrieben (fgm. 451). wie der irrtum entstanden ist oder ob gar
fälschung vorliegt, ist fraglich. ein aegyptischer schulknabe hat in der zeit Aristarchs
unter andern stücken auch 44 trimeter abschreiben müssen, die die überschrift Εὐρι-
πίδου tragen und die noch ungedeutete unterschrift Εἰριπίδης σμοδρεγατης. die
verse imitiren die weise des Euripides, aber ganz erbärmlich. sie begehen den me-
trischen fehler ἐγδίδως νῦν πλουσίῳ (20) als versausgang, elidiren αι (44), setzen
wider die weise des Euripides έαυτῆς (11), wider die des 5. jahrhunderts καίτοιγε (10).
οὐσία bedeutet das vermögen (30), τυχὸν ἴσως heiſst vielleicht, wie in spätattischer
prosa (9), ἴδιος ἐμαυτῆς vertritt, wie in dieser, das possessiv (28), es steht, wie im peri-
patetischen traktat λοιπόν ἐστιν ἴσως ἐμἐ λέγειν (4), ἀπορεῖν bedeutet ‘arm sein’,
daneben wird aber auch ἀπορεῖσϑαι gebraucht (26), ἁρμόττει (man ändert ἀρμόζει) in-
transitiv (2) ist nicht euripideisch, φιλάνϑρωπος steht in dem gemeinen sinne der späten
decrete: im 5. jahrhundert können nur götter oder tiere φιλάνϑρωποι sein. das perfect
ist in der weise der κοινή gesetzt, wo es nicht hin gehört 6, 19; ein gebrauch des
artikels wie πρὸς τῆς Ἑστίας, ἐμαυτῆς τὸν ἴδιον βίον, gehört nicht in die tragödie.
es kommt aber noch hübscher μέχρι πόσου τὴν τῆς τύχης πάτηρ δὲ λήψει πεῖραν (31):
darin ist falsch μέχρι, denn das sagt die tragödie nicht, μέχρι πόσου, denn das ist
höchstens ganz plebejisch für ‘wie lange’, ganz unzulässig der artikel bei τίχην,
ganz unmöglich in jeder rede die stellung des δέ. da hat man denn auch wenigstens
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[41/0061] Nachlaſs. Von verlornen tragödien kennen wir nur den Rhesos. denn daſs das erhaltene den Sophokles nachahmende drama unter die werke des Euripides geraten ist, liegt lediglich daran, daſs aus den didaskalien die existenz eines jugenddramas Rhesos von Euripides fest stand 81). die den Alexandrinern bekannten 67 kennen wir aber alle, doch eines, Epeios, nur durch eine erwähnung in einem kataloge, nicht durch ein citat, und von dem unächten Tennes ist nur ein unsicheres citat erhalten. die irrtümer, welche diese zahl zu vermehren schienen, sind alle mit sicher- heit erledigt 82). doppeltitel hat es nicht gegeben; doppelbearbeitungen 81) Das erhaltene stück fordert vier schauspieler wie der Oidipus auf Kolonos und hebt mit einer anapästischen scene an, wie der jüngere Euripides eine vor die aulische Iphigenie gesetzt hat. man möchte es also zeitlich diesen nahe rücken. andererseits ist überall das bestreben deutlich in verston sprache und metrik die weise zu vermeiden, welche in ihren letzten jahren von Euripides und Sophokles beliebt war, und von der rhetorischen tragödie, z. b. Agathon Karkinos fortgebildet ward. so möchte man etwas weiter herabgehen. unsere kenntnis des dramas im 4. jahrhundert ist aber zu gering, als daſs man auf diese formalen kriterien viel bauen könnte. der inhalt setzt indessen ein lebhaftes interesse für die thrakischen gegenden voraus, in denen Athen erst im zweiten seebund wieder festen fuſs faſste auf etwa zwanzig jahre. in diese wird man den Rhesos am ehesten rücken dürfen. Dikaiarchos hat ihn schon von den schauspielern erweitert gelesen. die nachahmung des Sophokles ist in den motiven und der stilisirung der personen nicht minder greifbar als in der diction und namentlich der metrik. 82) Ein auch der form nach unmöglich euripideisches fragment wird in den in trostloser verwahrlosung erhaltenen sog. Probusscholien zu Vergil dem Kadmos des Euripides zugeschrieben (fgm. 451). wie der irrtum entstanden ist oder ob gar fälschung vorliegt, ist fraglich. ein aegyptischer schulknabe hat in der zeit Aristarchs unter andern stücken auch 44 trimeter abschreiben müssen, die die überschrift Εὐρι- πίδου tragen und die noch ungedeutete unterschrift Εἰριπίδης σμοδρεγατης. die verse imitiren die weise des Euripides, aber ganz erbärmlich. sie begehen den me- trischen fehler ἐγδίδως νῦν πλουσίῳ (20) als versausgang, elidiren αι (44), setzen wider die weise des Euripides έαυτῆς (11), wider die des 5. jahrhunderts καίτοιγε (10). οὐσία bedeutet das vermögen (30), τυχὸν ἴσως heiſst vielleicht, wie in spätattischer prosa (9), ἴδιος ἐμαυτῆς vertritt, wie in dieser, das possessiv (28), es steht, wie im peri- patetischen traktat λοιπόν ἐστιν ἴσως ἐμἐ λέγειν (4), ἀπορεῖν bedeutet ‘arm sein’, daneben wird aber auch ἀπορεῖσϑαι gebraucht (26), ἁρμόττει (man ändert ἀρμόζει) in- transitiv (2) ist nicht euripideisch, φιλάνϑρωπος steht in dem gemeinen sinne der späten decrete: im 5. jahrhundert können nur götter oder tiere φιλάνϑρωποι sein. das perfect ist in der weise der κοινή gesetzt, wo es nicht hin gehört 6, 19; ein gebrauch des artikels wie πρὸς τῆς Ἑστίας, ἐμαυτῆς τὸν ἴδιον βίον, gehört nicht in die tragödie. es kommt aber noch hübscher μέχρι πόσου τὴν τῆς τύχης πάτηρ δὲ λήψει πεῖραν (31): darin ist falsch μέχρι, denn das sagt die tragödie nicht, μέχρι πόσου, denn das ist höchstens ganz plebejisch für ‘wie lange’, ganz unzulässig der artikel bei τίχην, ganz unmöglich in jeder rede die stellung des δέ. da hat man denn auch wenigstens

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Einleitung in die attische Tragödie (Euripides Herakles erklärt, Bd. 1). Berlin, 1889, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_tragoedie_1889/61>, abgerufen am 28.04.2024.