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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.

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I. 1. Die quellen der griechischen geschichte.
logie des neuen Hellas. er stammt aus der stadt, die von allen dorischen
allein die heimische mundart in poesie und prosa ausgebildet hat, und
doch schreibt er ionisch. in Westhellas sind eben die träger der geistigen
cultur die chalkidischen städte, und wer die fülle der überlieferung über-
schaut, wird nicht bezweifeln, dass chalkidische chronisten dem Antiochos
die anregung gegeben haben, mögen sie auch für uns verschollen sein.36)
die ionischen städte sind im westen gerade während des fünften jahr-
hunderts erdrückt worden, aber sie haben von ihrem geiste den Achaeern
und Dorern, ja auch den Italikern mitgeteilt. Sybaris, achaeisch der
race nach, aber mit Milet eng durch freundschaft verbunden, ist
schon im sechsten jahrhundert zerstört, und doch kennt schon das
fünfte sybaritische geschichten als litteraturgattung. im westen, wohin
das epos nicht mehr gedrungen ist, hat sich die prosaerzählung früher
und stärker ausgebildet, und welche fülle von novellenfiguren tritt
uns hier entgegen, Euthymos und Milon, Smindyrides und Amyris,
Pythagoras und Empedokles, Phalaris und Malakos. deutlicher als
irgend wo sonst sehen wir die mythischen gründungssagen, voll von
geschichtlicher erinnerung, und die urkundlichen daten neben einander
liegen. das ist direct freilich zumeist timaeisches gut, aber der gelehrte
sammler fusst auf älterer litteratur und beweist am besten, dass die zeit
der aufzeichnung für das alter der überlieferung ein unzureichendes
kriterium ist. Aristoteles hat über den westen begreiflicher weise nicht
viel gegeben37), und wir hören davon wesentlich durch die erbitterte
kritik des Timaios. dagegen muss er über die städte des ionischen
meeres Epidamnos Apollonia Korkyra Ithaka Kephallenia ganz besonders
ergiebige von niemand sonst benutzte überlieferung zur verfügung ge-
habt haben; sowol die Politik wie die Politien lehren es, und selbst
Timaios ist ihm hier in manchem gefolgt. die euboeischen historiker
dürften die vermittler gewesen sein, da Euboeer die vorläufer der Korin-
ther im ionischen meere gewesen waren, während die achaeischen und
dorischen orte selbst fast culturlos waren.38)


36) Ein solcher name ist Hippys. das buch, das um 250 unter seinem namen
gieng, war aber nicht mehr original. was gegen meine kritik (Herm. 19) eingewandt
ist, scheint mir einer ernsthaften widerlegung nicht zu bedürfen.
37) Was wir von seinen Politien der Geloer und Akragantiner hören, geht
vorwiegend die grossen tyrannen an, stammt also aus der politischen geschichte.
über Rhegion weiss er ausgezeichnetes; natürlich gab es in der ionischen stadt eine
chronik.
38) Der Chalkidier Dionysios (Plut. de malign. Herod. 22) kennt eine korky-
reische urkunde. auch bei dem Epiroten Proxenos, der zu Pyrrhos zeit schreibt,

I. 1. Die quellen der griechischen geschichte.
logie des neuen Hellas. er stammt aus der stadt, die von allen dorischen
allein die heimische mundart in poesie und prosa ausgebildet hat, und
doch schreibt er ionisch. in Westhellas sind eben die träger der geistigen
cultur die chalkidischen städte, und wer die fülle der überlieferung über-
schaut, wird nicht bezweifeln, daſs chalkidische chronisten dem Antiochos
die anregung gegeben haben, mögen sie auch für uns verschollen sein.36)
die ionischen städte sind im westen gerade während des fünften jahr-
hunderts erdrückt worden, aber sie haben von ihrem geiste den Achaeern
und Dorern, ja auch den Italikern mitgeteilt. Sybaris, achaeisch der
race nach, aber mit Milet eng durch freundschaft verbunden, ist
schon im sechsten jahrhundert zerstört, und doch kennt schon das
fünfte sybaritische geschichten als litteraturgattung. im westen, wohin
das epos nicht mehr gedrungen ist, hat sich die prosaerzählung früher
und stärker ausgebildet, und welche fülle von novellenfiguren tritt
uns hier entgegen, Euthymos und Milon, Smindyrides und Amyris,
Pythagoras und Empedokles, Phalaris und Malakos. deutlicher als
irgend wo sonst sehen wir die mythischen gründungssagen, voll von
geschichtlicher erinnerung, und die urkundlichen daten neben einander
liegen. das ist direct freilich zumeist timaeisches gut, aber der gelehrte
sammler fuſst auf älterer litteratur und beweist am besten, daſs die zeit
der aufzeichnung für das alter der überlieferung ein unzureichendes
kriterium ist. Aristoteles hat über den westen begreiflicher weise nicht
viel gegeben37), und wir hören davon wesentlich durch die erbitterte
kritik des Timaios. dagegen muſs er über die städte des ionischen
meeres Epidamnos Apollonia Korkyra Ithaka Kephallenia ganz besonders
ergiebige von niemand sonst benutzte überlieferung zur verfügung ge-
habt haben; sowol die Politik wie die Politien lehren es, und selbst
Timaios ist ihm hier in manchem gefolgt. die euboeischen historiker
dürften die vermittler gewesen sein, da Euboeer die vorläufer der Korin-
ther im ionischen meere gewesen waren, während die achaeischen und
dorischen orte selbst fast culturlos waren.38)


36) Ein solcher name ist Hippys. das buch, das um 250 unter seinem namen
gieng, war aber nicht mehr original. was gegen meine kritik (Herm. 19) eingewandt
ist, scheint mir einer ernsthaften widerlegung nicht zu bedürfen.
37) Was wir von seinen Politien der Geloer und Akragantiner hören, geht
vorwiegend die groſsen tyrannen an, stammt also aus der politischen geschichte.
über Rhegion weiſs er ausgezeichnetes; natürlich gab es in der ionischen stadt eine
chronik.
38) Der Chalkidier Dionysios (Plut. de malign. Herod. 22) kennt eine korky-
reische urkunde. auch bei dem Epiroten Proxenos, der zu Pyrrhos zeit schreibt,
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[28/0038] I. 1. Die quellen der griechischen geschichte. logie des neuen Hellas. er stammt aus der stadt, die von allen dorischen allein die heimische mundart in poesie und prosa ausgebildet hat, und doch schreibt er ionisch. in Westhellas sind eben die träger der geistigen cultur die chalkidischen städte, und wer die fülle der überlieferung über- schaut, wird nicht bezweifeln, daſs chalkidische chronisten dem Antiochos die anregung gegeben haben, mögen sie auch für uns verschollen sein. 36) die ionischen städte sind im westen gerade während des fünften jahr- hunderts erdrückt worden, aber sie haben von ihrem geiste den Achaeern und Dorern, ja auch den Italikern mitgeteilt. Sybaris, achaeisch der race nach, aber mit Milet eng durch freundschaft verbunden, ist schon im sechsten jahrhundert zerstört, und doch kennt schon das fünfte sybaritische geschichten als litteraturgattung. im westen, wohin das epos nicht mehr gedrungen ist, hat sich die prosaerzählung früher und stärker ausgebildet, und welche fülle von novellenfiguren tritt uns hier entgegen, Euthymos und Milon, Smindyrides und Amyris, Pythagoras und Empedokles, Phalaris und Malakos. deutlicher als irgend wo sonst sehen wir die mythischen gründungssagen, voll von geschichtlicher erinnerung, und die urkundlichen daten neben einander liegen. das ist direct freilich zumeist timaeisches gut, aber der gelehrte sammler fuſst auf älterer litteratur und beweist am besten, daſs die zeit der aufzeichnung für das alter der überlieferung ein unzureichendes kriterium ist. Aristoteles hat über den westen begreiflicher weise nicht viel gegeben 37), und wir hören davon wesentlich durch die erbitterte kritik des Timaios. dagegen muſs er über die städte des ionischen meeres Epidamnos Apollonia Korkyra Ithaka Kephallenia ganz besonders ergiebige von niemand sonst benutzte überlieferung zur verfügung ge- habt haben; sowol die Politik wie die Politien lehren es, und selbst Timaios ist ihm hier in manchem gefolgt. die euboeischen historiker dürften die vermittler gewesen sein, da Euboeer die vorläufer der Korin- ther im ionischen meere gewesen waren, während die achaeischen und dorischen orte selbst fast culturlos waren. 38) 36) Ein solcher name ist Hippys. das buch, das um 250 unter seinem namen gieng, war aber nicht mehr original. was gegen meine kritik (Herm. 19) eingewandt ist, scheint mir einer ernsthaften widerlegung nicht zu bedürfen. 37) Was wir von seinen Politien der Geloer und Akragantiner hören, geht vorwiegend die groſsen tyrannen an, stammt also aus der politischen geschichte. über Rhegion weiſs er ausgezeichnetes; natürlich gab es in der ionischen stadt eine chronik. 38) Der Chalkidier Dionysios (Plut. de malign. Herod. 22) kennt eine korky- reische urkunde. auch bei dem Epiroten Proxenos, der zu Pyrrhos zeit schreibt,

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/38>, abgerufen am 24.11.2024.