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Wienbarg, Ludolf: Soll die plattdeutsche Sprache gepflegt oder ausgerottet werden? Gegen Ersteres und für Letzteres. Hamburg, 1834.

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gefürchteter, als je eins in der Hand eines Hohenstaufens oder Habsburgers geblitzt hat.

Sprache Luthers, kaiserliches Schwerdt, der Muth hat Dich gestählt, die Freiheit Dich geschliffen, der Kampf Dich erprobt.

Sprache Luthers, kaiserliches Schwerdt, rein bist Du von den Blutflecken der Religionskriege, rein und gesäubert vom Geifer theologischer Streithähne, vom Rost des gelehrten und amtlichen Pedantismus.

Führt es ihr Söhne des Lichts, denn ihr seid unüberwindlich mit dieser Waffe.

Berührt es nicht, ihr Kinder der Nacht, denn es ist scharf unb fährt zurück auf eure eigenen Schädel.



Man kann Werth und Würde der deutschen Schriftsprache lebhaft anerkennen und dennoch wünschen, daß die ober- und niederdeutschen Dialekte sich im Munde des Volkes lebendig erhalten. Ich theile diesen Wunsch nicht. Was namentlich die Frage betrift, welche den Gegenstand dieser kleinen Schrift ausmacht: "ist die niedersächsische Volkssprache zu pflegen oder auszurotten?" so antworte ich aus innigster Ueberzeugung und aus Gründen, welche ich darlegen werde: sie ist auszurotten, durch jedes mögliche Mittel auszurotten.

Verständigen wir uns über etwas sehr Wesentliches. Daß die plattdeutsche Sprache der Zeit verfallen und aussterben wird, ist keine Frage mehr.

Eine jede Sprache, die nicht Schriftsprache, Sprache der Bildung, des geschichtlichen Fortschrittes, der politischen, religiösen, wissenschaftlichen, artistischen Bewegung ist, muß bei dem Stand und Gang unserer Kultur einer Schrift- und Bildungssprache Platz machen, muß wie die frisische in Holland, wie die zeltische in Bretagne, die baskische in Spanien allmählig aussterben. Auszusterben ist das nothwendige und natürliche Schicksal der plattdeutschen Sprache. Nichts kann sie vom Untergang retten. Schreibt plattdeutsche Lustspiele, Idyllen, Lieder, Legenden -

gefürchteter, als je eins in der Hand eines Hohenstaufens oder Habsburgers geblitzt hat.

Sprache Luthers, kaiserliches Schwerdt, der Muth hat Dich gestählt, die Freiheit Dich geschliffen, der Kampf Dich erprobt.

Sprache Luthers, kaiserliches Schwerdt, rein bist Du von den Blutflecken der Religionskriege, rein und gesäubert vom Geifer theologischer Streithähne, vom Rost des gelehrten und amtlichen Pedantismus.

Führt es ihr Söhne des Lichts, denn ihr seid unüberwindlich mit dieser Waffe.

Berührt es nicht, ihr Kinder der Nacht, denn es ist scharf unb fährt zurück auf eure eigenen Schädel.



Man kann Werth und Würde der deutschen Schriftsprache lebhaft anerkennen und dennoch wünschen, daß die ober- und niederdeutschen Dialekte sich im Munde des Volkes lebendig erhalten. Ich theile diesen Wunsch nicht. Was namentlich die Frage betrift, welche den Gegenstand dieser kleinen Schrift ausmacht: „ist die niedersächsische Volkssprache zu pflegen oder auszurotten?“ so antworte ich aus innigster Ueberzeugung und aus Gründen, welche ich darlegen werde: sie ist auszurotten, durch jedes mögliche Mittel auszurotten.

Verständigen wir uns über etwas sehr Wesentliches. Daß die plattdeutsche Sprache der Zeit verfallen und aussterben wird, ist keine Frage mehr.

Eine jede Sprache, die nicht Schriftsprache, Sprache der Bildung, des geschichtlichen Fortschrittes, der politischen, religiösen, wissenschaftlichen, artistischen Bewegung ist, muß bei dem Stand und Gang unserer Kultur einer Schrift- und Bildungssprache Platz machen, muß wie die frisische in Holland, wie die zeltische in Bretagne, die baskische in Spanien allmählig aussterben. Auszusterben ist das nothwendige und natürliche Schicksal der plattdeutschen Sprache. Nichts kann sie vom Untergang retten. Schreibt plattdeutsche Lustspiele, Idyllen, Lieder, Legenden -

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[9/0009] gefürchteter, als je eins in der Hand eines Hohenstaufens oder Habsburgers geblitzt hat. Sprache Luthers, kaiserliches Schwerdt, der Muth hat Dich gestählt, die Freiheit Dich geschliffen, der Kampf Dich erprobt. Sprache Luthers, kaiserliches Schwerdt, rein bist Du von den Blutflecken der Religionskriege, rein und gesäubert vom Geifer theologischer Streithähne, vom Rost des gelehrten und amtlichen Pedantismus. Führt es ihr Söhne des Lichts, denn ihr seid unüberwindlich mit dieser Waffe. Berührt es nicht, ihr Kinder der Nacht, denn es ist scharf unb fährt zurück auf eure eigenen Schädel. Man kann Werth und Würde der deutschen Schriftsprache lebhaft anerkennen und dennoch wünschen, daß die ober- und niederdeutschen Dialekte sich im Munde des Volkes lebendig erhalten. Ich theile diesen Wunsch nicht. Was namentlich die Frage betrift, welche den Gegenstand dieser kleinen Schrift ausmacht: „ist die niedersächsische Volkssprache zu pflegen oder auszurotten?“ so antworte ich aus innigster Ueberzeugung und aus Gründen, welche ich darlegen werde: sie ist auszurotten, durch jedes mögliche Mittel auszurotten. Verständigen wir uns über etwas sehr Wesentliches. Daß die plattdeutsche Sprache der Zeit verfallen und aussterben wird, ist keine Frage mehr. Eine jede Sprache, die nicht Schriftsprache, Sprache der Bildung, des geschichtlichen Fortschrittes, der politischen, religiösen, wissenschaftlichen, artistischen Bewegung ist, muß bei dem Stand und Gang unserer Kultur einer Schrift- und Bildungssprache Platz machen, muß wie die frisische in Holland, wie die zeltische in Bretagne, die baskische in Spanien allmählig aussterben. Auszusterben ist das nothwendige und natürliche Schicksal der plattdeutschen Sprache. Nichts kann sie vom Untergang retten. Schreibt plattdeutsche Lustspiele, Idyllen, Lieder, Legenden -

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Zitationshilfe: Wienbarg, Ludolf: Soll die plattdeutsche Sprache gepflegt oder ausgerottet werden? Gegen Ersteres und für Letzteres. Hamburg, 1834, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_plattdeutsch_1834/9>, abgerufen am 23.11.2024.