Sankt Peter zu rühren, dazu hatte das Gebäude der alten Kirche viel zu viel Konsequenz, als daß ein Einzelner hätte mit Einzelnem willkührlich schalten und walten dürfen. Luther, der schwach anfing, ward durch innere Nothwendigkeit auf sei¬ nem Wege immer weiter fortgetrieben und sah sich am Ziel seiner Laufbahn durch eine unüber¬ steigliche Kluft von der Kirche des Mittelalters getrennt, nicht etwa, als hätte er ein positiv Le¬ bendiges dem positiv Todten gegenüber gestellt -- denn was Luther aus der Bibel und der frühsten christlichen Zeit dogmatisch Positives zum Behuf seiner Kirche aufzustellen sich veranlaßt fand, war in ihm selbst allerdings mit gewaltsamen und gro߬ artigen Zügen ausgeprägt, zeigte sich aber bald in versteinertem Zustande der Orthodoxie und ohne jugendliche Zeugungskraft -- sondern weil er ge¬ gen die Unvernunft und gegen die Historie prote¬ stirte und Papst, Religion und Kirche seinen lu¬ therischen Kopf entgegensetzte, der denn auch so fest, eisern war, daß er unbeschadet an ihrem Fels anrennen konnte.
Dies Protestiren gegen die Historie, meine Herren, das ist die große Erbschaft, die Luther uns übermacht hat und wollte Gott, seine Kraft und sein Geist senkte sich auf uns nieder und wir wären im Stande, das begonnene Werk der Re¬
Sankt Peter zu ruͤhren, dazu hatte das Gebaͤude der alten Kirche viel zu viel Konſequenz, als daß ein Einzelner haͤtte mit Einzelnem willkuͤhrlich ſchalten und walten duͤrfen. Luther, der ſchwach anfing, ward durch innere Nothwendigkeit auf ſei¬ nem Wege immer weiter fortgetrieben und ſah ſich am Ziel ſeiner Laufbahn durch eine unuͤber¬ ſteigliche Kluft von der Kirche des Mittelalters getrennt, nicht etwa, als haͤtte er ein poſitiv Le¬ bendiges dem poſitiv Todten gegenuͤber geſtellt — denn was Luther aus der Bibel und der fruͤhſten chriſtlichen Zeit dogmatiſch Poſitives zum Behuf ſeiner Kirche aufzuſtellen ſich veranlaßt fand, war in ihm ſelbſt allerdings mit gewaltſamen und gro߬ artigen Zuͤgen ausgepraͤgt, zeigte ſich aber bald in verſteinertem Zuſtande der Orthodoxie und ohne jugendliche Zeugungskraft — ſondern weil er ge¬ gen die Unvernunft und gegen die Hiſtorie prote¬ ſtirte und Papſt, Religion und Kirche ſeinen lu¬ theriſchen Kopf entgegenſetzte, der denn auch ſo feſt, eiſern war, daß er unbeſchadet an ihrem Fels anrennen konnte.
Dies Proteſtiren gegen die Hiſtorie, meine Herren, das iſt die große Erbſchaft, die Luther uns uͤbermacht hat und wollte Gott, ſeine Kraft und ſein Geiſt ſenkte ſich auf uns nieder und wir waͤren im Stande, das begonnene Werk der Re¬
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Sankt Peter zu ruͤhren, dazu hatte das Gebaͤude
der alten Kirche viel zu viel Konſequenz, als daß
ein Einzelner haͤtte mit Einzelnem willkuͤhrlich
ſchalten und walten duͤrfen. Luther, der ſchwach
anfing, ward durch innere Nothwendigkeit auf ſei¬
nem Wege immer weiter fortgetrieben und ſah
ſich am Ziel ſeiner Laufbahn durch eine unuͤber¬
ſteigliche Kluft von der Kirche des Mittelalters
getrennt, nicht etwa, als haͤtte er ein poſitiv Le¬
bendiges dem poſitiv Todten gegenuͤber geſtellt —
denn was Luther aus der Bibel und der fruͤhſten
chriſtlichen Zeit dogmatiſch Poſitives zum Behuf
ſeiner Kirche aufzuſtellen ſich veranlaßt fand, war
in ihm ſelbſt allerdings mit gewaltſamen und gro߬
artigen Zuͤgen ausgepraͤgt, zeigte ſich aber bald
in verſteinertem Zuſtande der Orthodoxie und ohne
jugendliche Zeugungskraft — ſondern weil er ge¬
gen die Unvernunft und gegen die Hiſtorie prote¬
ſtirte und Papſt, Religion und Kirche ſeinen lu¬
theriſchen Kopf entgegenſetzte, der denn auch ſo
feſt, eiſern war, daß er unbeſchadet an ihrem
Fels anrennen konnte.
Dies Proteſtiren gegen die Hiſtorie, meine
Herren, das iſt die große Erbſchaft, die Luther
uns uͤbermacht hat und wollte Gott, ſeine Kraft
und ſein Geiſt ſenkte ſich auf uns nieder und wir
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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/46>, abgerufen am 22.11.2024.
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