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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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60.
Im gleichen augenblik, da dies
Geschah, zeigt sich von fern mit lautem Schreyen
Almansor hier, und dort Almansaris.
Sie eilen hastig an, in zwo verschiednen reyhen,
Er Zoradinen, Sie den Hassan zu befreyen;
Und beyden folgt ein Trupp, bewehrt mit Dolch und Spies.
Auch stürzt mit bloßem Schwert durch die erschrokne menge
Ein schwarzer Rittersmann sich mitten ins gedränge.
61.
Doch Hüon hat das pfand, daß nun sein Oberon
Versöhnt ist, kaum mit wonnevollem schaudern
An seinem hals erblikt, so sezt er ohne zaudern
Es an den mund, und lokt den lieblichsten ton
Daraus hervor, der je geblasen worden.
Sein edles herz verschmäht ein feiges volk zu morden;
Tanzt, ruft er, tanzt, bis euch der tanz den athem raubt!
Dies soll die Rache seyn, die Hüon sich erlaubt.
62.
Und wie das Horn ertönt, ergreift der Zauberschwindel
Zuerst das volk, das um den holzstoß steht,
Schwarzgelbes, lumpichtes, halbnackendes gesindel,
Das plözlich sich, wie toll, im schnellsten wirbel dreht;
Bald mischet sich mit allen seinen Negern
Der Aga drein; ihm folgt was füße hat,
Bey Hof, im Harem, in der Stadt,
Vom Sultan an bis zu den wasserträgern.
63. Un-
60.
Im gleichen augenblik, da dies
Geſchah, zeigt ſich von fern mit lautem Schreyen
Almanſor hier, und dort Almanſaris.
Sie eilen haſtig an, in zwo verſchiednen reyhen,
Er Zoradinen, Sie den Haſſan zu befreyen;
Und beyden folgt ein Trupp, bewehrt mit Dolch und Spies.
Auch ſtuͤrzt mit bloßem Schwert durch die erſchrokne menge
Ein ſchwarzer Rittersmann ſich mitten ins gedraͤnge.
61.
Doch Huͤon hat das pfand, daß nun ſein Oberon
Verſoͤhnt iſt, kaum mit wonnevollem ſchaudern
An ſeinem hals erblikt, ſo ſezt er ohne zaudern
Es an den mund, und lokt den lieblichſten ton
Daraus hervor, der je geblaſen worden.
Sein edles herz verſchmaͤht ein feiges volk zu morden;
Tanzt, ruft er, tanzt, bis euch der tanz den athem raubt!
Dies ſoll die Rache ſeyn, die Huͤon ſich erlaubt.
62.
Und wie das Horn ertoͤnt, ergreift der Zauberſchwindel
Zuerſt das volk, das um den holzſtoß ſteht,
Schwarzgelbes, lumpichtes, halbnackendes geſindel,
Das ploͤzlich ſich, wie toll, im ſchnellſten wirbel dreht;
Bald miſchet ſich mit allen ſeinen Negern
Der Aga drein; ihm folgt was fuͤße hat,
Bey Hof, im Harem, in der Stadt,
Vom Sultan an bis zu den waſſertraͤgern.
63. Un-
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[0308] 60. Im gleichen augenblik, da dies Geſchah, zeigt ſich von fern mit lautem Schreyen Almanſor hier, und dort Almanſaris. Sie eilen haſtig an, in zwo verſchiednen reyhen, Er Zoradinen, Sie den Haſſan zu befreyen; Und beyden folgt ein Trupp, bewehrt mit Dolch und Spies. Auch ſtuͤrzt mit bloßem Schwert durch die erſchrokne menge Ein ſchwarzer Rittersmann ſich mitten ins gedraͤnge. 61. Doch Huͤon hat das pfand, daß nun ſein Oberon Verſoͤhnt iſt, kaum mit wonnevollem ſchaudern An ſeinem hals erblikt, ſo ſezt er ohne zaudern Es an den mund, und lokt den lieblichſten ton Daraus hervor, der je geblaſen worden. Sein edles herz verſchmaͤht ein feiges volk zu morden; Tanzt, ruft er, tanzt, bis euch der tanz den athem raubt! Dies ſoll die Rache ſeyn, die Huͤon ſich erlaubt. 62. Und wie das Horn ertoͤnt, ergreift der Zauberſchwindel Zuerſt das volk, das um den holzſtoß ſteht, Schwarzgelbes, lumpichtes, halbnackendes geſindel, Das ploͤzlich ſich, wie toll, im ſchnellſten wirbel dreht; Bald miſchet ſich mit allen ſeinen Negern Der Aga drein; ihm folgt was fuͤße hat, Bey Hof, im Harem, in der Stadt, Vom Sultan an bis zu den waſſertraͤgern. 63. Un-

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/308>, abgerufen am 24.11.2024.