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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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33.
Ist, sprach er -- da er so, die stirn an ihrer brust,
Im schatten bey ihr saß, und an dem runden, weichen
Atlasnen arm sanft auf und abzustreichen
Nicht müde ward -- ist wohl der unschuld unsrer lust,
Der ruh, dem süßen trost, dem alle freuden weichen,
Dem glük geliebt zu seyn und sich bewußt
Man sey es würdig -- kurz, dem was du fühlen mußt,
Wenn du mich liebst, ein glük auf erden zu vergleichen?
34.
O sprich, Geliebte, -- hier begann
Der alte Herr noch zärtlicher zu streicheln --
Doch rede frey und ohne alles heucheln,
(Denn einer höret uns, den niemand täuschen kann)
Darf sich auch wohl dein armer blinder mann,
Der dich so zärtlich liebt, darf sich dein Gangolf schmeicheln
Daß du ihn wiederliebst? daß er dein Alles ist,
Dein ganzes herz erfüllt, wie du sein Alles bist?
35.
Zwar freylich, wollten wir die alten sagen schätzen,
So wäre einem mann nichts minder zu verzeyhn,
Als an ein weib sein ganzes herz zu setzen,
Zu bau'n auf ihre treu, zu trauen ihrem schein.
Längst lehrten uns, aus Tonnen und von Thronen,
Der narr Diogenes, die weisen Salomonen,
Es sey des Weibes herz kein zuverläßig gut,
Und ihrer list nichts gleich als ihre wankelmut.
36. Nichts
33.
Iſt, ſprach er — da er ſo, die ſtirn an ihrer bruſt,
Im ſchatten bey ihr ſaß, und an dem runden, weichen
Atlasnen arm ſanft auf und abzuſtreichen
Nicht muͤde ward — iſt wohl der unſchuld unſrer luſt,
Der ruh, dem ſuͤßen troſt, dem alle freuden weichen,
Dem gluͤk geliebt zu ſeyn und ſich bewußt
Man ſey es wuͤrdig — kurz, dem was du fuͤhlen mußt,
Wenn du mich liebſt, ein gluͤk auf erden zu vergleichen?
34.
O ſprich, Geliebte, — hier begann
Der alte Herr noch zaͤrtlicher zu ſtreicheln —
Doch rede frey und ohne alles heucheln,
(Denn einer hoͤret uns, den niemand taͤuſchen kann)
Darf ſich auch wohl dein armer blinder mann,
Der dich ſo zaͤrtlich liebt, darf ſich dein Gangolf ſchmeicheln
Daß du ihn wiederliebſt? daß er dein Alles iſt,
Dein ganzes herz erfuͤllt, wie du ſein Alles biſt?
35.
Zwar freylich, wollten wir die alten ſagen ſchaͤtzen,
So waͤre einem mann nichts minder zu verzeyhn,
Als an ein weib ſein ganzes herz zu ſetzen,
Zu bau'n auf ihre treu, zu trauen ihrem ſchein.
Laͤngſt lehrten uns, aus Tonnen und von Thronen,
Der narr Diogenes, die weiſen Salomonen,
Es ſey des Weibes herz kein zuverlaͤßig gut,
Und ihrer liſt nichts gleich als ihre wankelmut.
36. Nichts
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[0150] 33. Iſt, ſprach er — da er ſo, die ſtirn an ihrer bruſt, Im ſchatten bey ihr ſaß, und an dem runden, weichen Atlasnen arm ſanft auf und abzuſtreichen Nicht muͤde ward — iſt wohl der unſchuld unſrer luſt, Der ruh, dem ſuͤßen troſt, dem alle freuden weichen, Dem gluͤk geliebt zu ſeyn und ſich bewußt Man ſey es wuͤrdig — kurz, dem was du fuͤhlen mußt, Wenn du mich liebſt, ein gluͤk auf erden zu vergleichen? 34. O ſprich, Geliebte, — hier begann Der alte Herr noch zaͤrtlicher zu ſtreicheln — Doch rede frey und ohne alles heucheln, (Denn einer hoͤret uns, den niemand taͤuſchen kann) Darf ſich auch wohl dein armer blinder mann, Der dich ſo zaͤrtlich liebt, darf ſich dein Gangolf ſchmeicheln Daß du ihn wiederliebſt? daß er dein Alles iſt, Dein ganzes herz erfuͤllt, wie du ſein Alles biſt? 35. Zwar freylich, wollten wir die alten ſagen ſchaͤtzen, So waͤre einem mann nichts minder zu verzeyhn, Als an ein weib ſein ganzes herz zu ſetzen, Zu bau'n auf ihre treu, zu trauen ihrem ſchein. Laͤngſt lehrten uns, aus Tonnen und von Thronen, Der narr Diogenes, die weiſen Salomonen, Es ſey des Weibes herz kein zuverlaͤßig gut, Und ihrer liſt nichts gleich als ihre wankelmut. 36. Nichts

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/150>, abgerufen am 27.11.2024.