seligkeit des Prinzen zugleich befördert werde. Endlich bat er sich noch aus, daß Dionys niemals einige heim- liche Eingebungen oder Anklagen gegen ihn annehmen möchte, ohne ihm solche offenherzig zu entdeken, und seine Verantwortung anzuhören.
Dionys bedachte sich um so weniger, alle diese Be- dingungen zu unterschreiben, da er entschlossen war ihn zu haben, wenn es auch die Hälfte seines Reichs kosten sollte. Agathon bezog also die Wohnung, welche man im Palast aufs prächtigste für ihn ausgerüstet hatte; Dionys erklärte öffentlich, daß man sich in allen Sa- chen an seinen Freund Agathon, wie an ihn selbst, wen- den könne; die Höflinge stritten in die Wette, wer dem neuen Günstling seine Unterwürfigkeit auf die sclaven- mässigste Art beweisen könne; und Syracus sah mit froher Erwartung der Wiederkunft der Saturnischen Zeiten entgegen.
Wir machen hier eine kleine Pause, um dem Leser Zeit zu lassen, dasjenige zu überlegen, was er sich selbst in diesem Augenblik für oder wider unsern Helden zu sagen haben mag. Vermuthlich mag einigen der Eyfer mißfällig gewesen seyn, womit er, aus Haß gegen sein undankbares Vaterland, wider die Republiken über- haupt gesprochen; indessen daß vielleicht andere sein ganzes Betragen, seit dem wir ihn an dem Hofe des Königs Dionys sehen, einer gekünstelten Klugheit, welche nicht in seinem Character sey, und ihm eine
schielende
Agathon.
ſeligkeit des Prinzen zugleich befoͤrdert werde. Endlich bat er ſich noch aus, daß Dionys niemals einige heim- liche Eingebungen oder Anklagen gegen ihn annehmen moͤchte, ohne ihm ſolche offenherzig zu entdeken, und ſeine Verantwortung anzuhoͤren.
Dionys bedachte ſich um ſo weniger, alle dieſe Be- dingungen zu unterſchreiben, da er entſchloſſen war ihn zu haben, wenn es auch die Haͤlfte ſeines Reichs koſten ſollte. Agathon bezog alſo die Wohnung, welche man im Palaſt aufs praͤchtigſte fuͤr ihn ausgeruͤſtet hatte; Dionys erklaͤrte oͤffentlich, daß man ſich in allen Sa- chen an ſeinen Freund Agathon, wie an ihn ſelbſt, wen- den koͤnne; die Hoͤflinge ſtritten in die Wette, wer dem neuen Guͤnſtling ſeine Unterwuͤrfigkeit auf die ſclaven- maͤſſigſte Art beweiſen koͤnne; und Syracus ſah mit froher Erwartung der Wiederkunft der Saturniſchen Zeiten entgegen.
Wir machen hier eine kleine Pauſe, um dem Leſer Zeit zu laſſen, dasjenige zu uͤberlegen, was er ſich ſelbſt in dieſem Augenblik fuͤr oder wider unſern Helden zu ſagen haben mag. Vermuthlich mag einigen der Eyfer mißfaͤllig geweſen ſeyn, womit er, aus Haß gegen ſein undankbares Vaterland, wider die Republiken uͤber- haupt geſprochen; indeſſen daß vielleicht andere ſein ganzes Betragen, ſeit dem wir ihn an dem Hofe des Koͤnigs Dionys ſehen, einer gekuͤnſtelten Klugheit, welche nicht in ſeinem Character ſey, und ihm eine
ſchielende
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0188"n="186"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#g">Agathon.</hi></hi></fw><lb/>ſeligkeit des Prinzen zugleich befoͤrdert werde. Endlich<lb/>
bat er ſich noch aus, daß Dionys niemals einige heim-<lb/>
liche Eingebungen oder Anklagen gegen ihn annehmen<lb/>
moͤchte, ohne ihm ſolche offenherzig zu entdeken, und<lb/>ſeine Verantwortung anzuhoͤren.</p><lb/><p>Dionys bedachte ſich um ſo weniger, alle dieſe Be-<lb/>
dingungen zu unterſchreiben, da er entſchloſſen war ihn<lb/>
zu haben, wenn es auch die Haͤlfte ſeines Reichs koſten<lb/>ſollte. Agathon bezog alſo die Wohnung, welche man<lb/>
im Palaſt aufs praͤchtigſte fuͤr ihn ausgeruͤſtet hatte;<lb/>
Dionys erklaͤrte oͤffentlich, daß man ſich in allen Sa-<lb/>
chen an ſeinen Freund Agathon, wie an ihn ſelbſt, wen-<lb/>
den koͤnne; die Hoͤflinge ſtritten in die Wette, wer<lb/>
dem neuen Guͤnſtling ſeine Unterwuͤrfigkeit auf die ſclaven-<lb/>
maͤſſigſte Art beweiſen koͤnne; und Syracus ſah mit<lb/>
froher Erwartung der Wiederkunft der Saturniſchen<lb/>
Zeiten entgegen.</p><lb/><p>Wir machen hier eine kleine Pauſe, um dem Leſer<lb/>
Zeit zu laſſen, dasjenige zu uͤberlegen, was er ſich ſelbſt<lb/>
in dieſem Augenblik fuͤr oder wider unſern Helden zu<lb/>ſagen haben mag. Vermuthlich mag einigen der Eyfer<lb/>
mißfaͤllig geweſen ſeyn, womit er, aus Haß gegen ſein<lb/>
undankbares Vaterland, wider die Republiken uͤber-<lb/>
haupt geſprochen; indeſſen daß vielleicht andere ſein<lb/>
ganzes Betragen, ſeit dem wir ihn an dem Hofe des<lb/>
Koͤnigs Dionys ſehen, einer gekuͤnſtelten Klugheit,<lb/>
welche nicht in ſeinem Character ſey, und ihm eine<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſchielende</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[186/0188]
Agathon.
ſeligkeit des Prinzen zugleich befoͤrdert werde. Endlich
bat er ſich noch aus, daß Dionys niemals einige heim-
liche Eingebungen oder Anklagen gegen ihn annehmen
moͤchte, ohne ihm ſolche offenherzig zu entdeken, und
ſeine Verantwortung anzuhoͤren.
Dionys bedachte ſich um ſo weniger, alle dieſe Be-
dingungen zu unterſchreiben, da er entſchloſſen war ihn
zu haben, wenn es auch die Haͤlfte ſeines Reichs koſten
ſollte. Agathon bezog alſo die Wohnung, welche man
im Palaſt aufs praͤchtigſte fuͤr ihn ausgeruͤſtet hatte;
Dionys erklaͤrte oͤffentlich, daß man ſich in allen Sa-
chen an ſeinen Freund Agathon, wie an ihn ſelbſt, wen-
den koͤnne; die Hoͤflinge ſtritten in die Wette, wer
dem neuen Guͤnſtling ſeine Unterwuͤrfigkeit auf die ſclaven-
maͤſſigſte Art beweiſen koͤnne; und Syracus ſah mit
froher Erwartung der Wiederkunft der Saturniſchen
Zeiten entgegen.
Wir machen hier eine kleine Pauſe, um dem Leſer
Zeit zu laſſen, dasjenige zu uͤberlegen, was er ſich ſelbſt
in dieſem Augenblik fuͤr oder wider unſern Helden zu
ſagen haben mag. Vermuthlich mag einigen der Eyfer
mißfaͤllig geweſen ſeyn, womit er, aus Haß gegen ſein
undankbares Vaterland, wider die Republiken uͤber-
haupt geſprochen; indeſſen daß vielleicht andere ſein
ganzes Betragen, ſeit dem wir ihn an dem Hofe des
Koͤnigs Dionys ſehen, einer gekuͤnſtelten Klugheit,
welche nicht in ſeinem Character ſey, und ihm eine
ſchielende
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon02_1767/188>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.