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Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767.

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Agathon.
die zwischen ihnen obwaltet, zu tugendhaft ist, um an
heimlichen Anschlägen gegen einen Prinzen, der ihn mit
Ehren und Wolthaten überhäuft, Theil zu nehmen --
Wenn ich dir sagen soll was ich denke, Philistus, so
glaub' ich, daß diese Philosophen, von denen man so
viel Wesens macht, eine ganz unschuldige Art von Leu-
ten sind; in der That, ich sehe nicht, daß an ihrer
Philosophie so gefährliches seyn sollte, als die Leute sich
einbilden; ich liebe, zum Exempel, diesen Platon weil
er angenehm im Umgang ist; er hat sich seltsame Dinge
in den Kopf gesezt, man könnte sichs nicht schnakischer
träumen lassen, aber eben das belustiget mich; und
bey alle dem muß man ihm den Vorzug lassen, daß er
gut spricht; es hört sich ihm recht angenehm zu, wenn
er euch von der Jnsel Atlantis, und von den Sachen
in der andern Welt eben so umständlich und zuversicht-
lich spricht, als ob er mit dem nächsten Marktschiffe
aus dem Mond angekommen wäre (hier lachten die
beyden Vertrauten, als ob sie nicht aufhören könnten,
über einen so sinnreichen Einfall, und Dionys lachte
mit) ihr möcht lachen so lang ihr wollt, fuhr er fort;
aber meinen Plato sollt ihr mir gelten lassen; er ist der
gutherzigste Mensch von der Welt, und wenn man seine
Philosophie, seinen Bart und seine hieroglyphische Phy-
sionomie zusammennihmt, so muß man gestehen, daß
alles zusammen eine Art von Leuten macht, womit man
sich, in Ermanglung eines bessern, die Zeit vertreiben
kan -- (o göttlicher Platon! du, der du dir einbildetest,
das Herz dieses Prinzen in deiner Hand zu haben, du

der

Agathon.
die zwiſchen ihnen obwaltet, zu tugendhaft iſt, um an
heimlichen Anſchlaͤgen gegen einen Prinzen, der ihn mit
Ehren und Wolthaten uͤberhaͤuft, Theil zu nehmen ‒‒
Wenn ich dir ſagen ſoll was ich denke, Philiſtus, ſo
glaub’ ich, daß dieſe Philoſophen, von denen man ſo
viel Weſens macht, eine ganz unſchuldige Art von Leu-
ten ſind; in der That, ich ſehe nicht, daß an ihrer
Philoſophie ſo gefaͤhrliches ſeyn ſollte, als die Leute ſich
einbilden; ich liebe, zum Exempel, dieſen Platon weil
er angenehm im Umgang iſt; er hat ſich ſeltſame Dinge
in den Kopf geſezt, man koͤnnte ſichs nicht ſchnakiſcher
traͤumen laſſen, aber eben das beluſtiget mich; und
bey alle dem muß man ihm den Vorzug laſſen, daß er
gut ſpricht; es hoͤrt ſich ihm recht angenehm zu, wenn
er euch von der Jnſel Atlantis, und von den Sachen
in der andern Welt eben ſo umſtaͤndlich und zuverſicht-
lich ſpricht, als ob er mit dem naͤchſten Marktſchiffe
aus dem Mond angekommen waͤre (hier lachten die
beyden Vertrauten, als ob ſie nicht aufhoͤren koͤnnten,
uͤber einen ſo ſinnreichen Einfall, und Dionys lachte
mit) ihr moͤcht lachen ſo lang ihr wollt, fuhr er fort;
aber meinen Plato ſollt ihr mir gelten laſſen; er iſt der
gutherzigſte Menſch von der Welt, und wenn man ſeine
Philoſophie, ſeinen Bart und ſeine hieroglyphiſche Phy-
ſionomie zuſammennihmt, ſo muß man geſtehen, daß
alles zuſammen eine Art von Leuten macht, womit man
ſich, in Ermanglung eines beſſern, die Zeit vertreiben
kan ‒‒ (o goͤttlicher Platon! du, der du dir einbildeteſt,
das Herz dieſes Prinzen in deiner Hand zu haben, du

der
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[126/0128] Agathon. die zwiſchen ihnen obwaltet, zu tugendhaft iſt, um an heimlichen Anſchlaͤgen gegen einen Prinzen, der ihn mit Ehren und Wolthaten uͤberhaͤuft, Theil zu nehmen ‒‒ Wenn ich dir ſagen ſoll was ich denke, Philiſtus, ſo glaub’ ich, daß dieſe Philoſophen, von denen man ſo viel Weſens macht, eine ganz unſchuldige Art von Leu- ten ſind; in der That, ich ſehe nicht, daß an ihrer Philoſophie ſo gefaͤhrliches ſeyn ſollte, als die Leute ſich einbilden; ich liebe, zum Exempel, dieſen Platon weil er angenehm im Umgang iſt; er hat ſich ſeltſame Dinge in den Kopf geſezt, man koͤnnte ſichs nicht ſchnakiſcher traͤumen laſſen, aber eben das beluſtiget mich; und bey alle dem muß man ihm den Vorzug laſſen, daß er gut ſpricht; es hoͤrt ſich ihm recht angenehm zu, wenn er euch von der Jnſel Atlantis, und von den Sachen in der andern Welt eben ſo umſtaͤndlich und zuverſicht- lich ſpricht, als ob er mit dem naͤchſten Marktſchiffe aus dem Mond angekommen waͤre (hier lachten die beyden Vertrauten, als ob ſie nicht aufhoͤren koͤnnten, uͤber einen ſo ſinnreichen Einfall, und Dionys lachte mit) ihr moͤcht lachen ſo lang ihr wollt, fuhr er fort; aber meinen Plato ſollt ihr mir gelten laſſen; er iſt der gutherzigſte Menſch von der Welt, und wenn man ſeine Philoſophie, ſeinen Bart und ſeine hieroglyphiſche Phy- ſionomie zuſammennihmt, ſo muß man geſtehen, daß alles zuſammen eine Art von Leuten macht, womit man ſich, in Ermanglung eines beſſern, die Zeit vertreiben kan ‒‒ (o goͤttlicher Platon! du, der du dir einbildeteſt, das Herz dieſes Prinzen in deiner Hand zu haben, du der

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon02_1767/128>, abgerufen am 22.11.2024.