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Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766.

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Agathon.
angesehen haben. Der Blik, den sie diesen Abend auf
mich geheftet hatte, schien mir etwas zu versprechen,
das für mein Herz unendlich mehr Reiz hatte, als alle
Vortheile der glänzendsten Geburt. Mein ganzes We-
sen schien von diesem Blike, wie von einem überirrdi-
schen Lichte, durchstralt und verklärt -- ich unter-
schied zwar nicht deutlich, was in mir vorgieng --
aber so oft ich sie mir wieder in dieser Stellung, mit
diesem Blike, mit diesem Ausdruk in ihrem lieblichen
Gesichte vorstellte, (und dieses geschah allemal so leb-
haft, als ob ich sie würklich mit Augen sähe) so schien
mir mein Herz vor Liebe und Vergnügen in Empfin-
dungen zu zerfliessen, für deren durchdringende Süssig-
keit keine Worte erfunden sind. -- Hier wurde
Agathon (dessen Einbildungs-Kraft, von den Erin-
nerungen seiner ersten Liebe erhizt, einen hübschen
Schwung, wie man sieht, zu nehmen anfieng,) durch
eine ziemlich merkliche Veränderung in dem Gesichte sei-
ner schönen Zuhörerin, mitten in dem Lauf seiner un-
zeitigen Schwärmerey aufgehalten, und aus seinem
achtzehnten Jahr, in welches er in dieser kleinen Ec-
stase zurükversezt worden war, auf einmal wieder nach
Smyrna, zu sich selbst und der schönen Danae gegen-
über, gebracht.

Viertes

Agathon.
angeſehen haben. Der Blik, den ſie dieſen Abend auf
mich geheftet hatte, ſchien mir etwas zu verſprechen,
das fuͤr mein Herz unendlich mehr Reiz hatte, als alle
Vortheile der glaͤnzendſten Geburt. Mein ganzes We-
ſen ſchien von dieſem Blike, wie von einem uͤberirrdi-
ſchen Lichte, durchſtralt und verklaͤrt — ich unter-
ſchied zwar nicht deutlich, was in mir vorgieng —
aber ſo oft ich ſie mir wieder in dieſer Stellung, mit
dieſem Blike, mit dieſem Ausdruk in ihrem lieblichen
Geſichte vorſtellte, (und dieſes geſchah allemal ſo leb-
haft, als ob ich ſie wuͤrklich mit Augen ſaͤhe) ſo ſchien
mir mein Herz vor Liebe und Vergnuͤgen in Empfin-
dungen zu zerflieſſen, fuͤr deren durchdringende Suͤſſig-
keit keine Worte erfunden ſind. — Hier wurde
Agathon (deſſen Einbildungs-Kraft, von den Erin-
nerungen ſeiner erſten Liebe erhizt, einen huͤbſchen
Schwung, wie man ſieht, zu nehmen anfieng,) durch
eine ziemlich merkliche Veraͤnderung in dem Geſichte ſei-
ner ſchoͤnen Zuhoͤrerin, mitten in dem Lauf ſeiner un-
zeitigen Schwaͤrmerey aufgehalten, und aus ſeinem
achtzehnten Jahr, in welches er in dieſer kleinen Ec-
ſtaſe zuruͤkverſezt worden war, auf einmal wieder nach
Smyrna, zu ſich ſelbſt und der ſchoͤnen Danae gegen-
uͤber, gebracht.

Viertes
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[292/0314] Agathon. angeſehen haben. Der Blik, den ſie dieſen Abend auf mich geheftet hatte, ſchien mir etwas zu verſprechen, das fuͤr mein Herz unendlich mehr Reiz hatte, als alle Vortheile der glaͤnzendſten Geburt. Mein ganzes We- ſen ſchien von dieſem Blike, wie von einem uͤberirrdi- ſchen Lichte, durchſtralt und verklaͤrt — ich unter- ſchied zwar nicht deutlich, was in mir vorgieng — aber ſo oft ich ſie mir wieder in dieſer Stellung, mit dieſem Blike, mit dieſem Ausdruk in ihrem lieblichen Geſichte vorſtellte, (und dieſes geſchah allemal ſo leb- haft, als ob ich ſie wuͤrklich mit Augen ſaͤhe) ſo ſchien mir mein Herz vor Liebe und Vergnuͤgen in Empfin- dungen zu zerflieſſen, fuͤr deren durchdringende Suͤſſig- keit keine Worte erfunden ſind. — Hier wurde Agathon (deſſen Einbildungs-Kraft, von den Erin- nerungen ſeiner erſten Liebe erhizt, einen huͤbſchen Schwung, wie man ſieht, zu nehmen anfieng,) durch eine ziemlich merkliche Veraͤnderung in dem Geſichte ſei- ner ſchoͤnen Zuhoͤrerin, mitten in dem Lauf ſeiner un- zeitigen Schwaͤrmerey aufgehalten, und aus ſeinem achtzehnten Jahr, in welches er in dieſer kleinen Ec- ſtaſe zuruͤkverſezt worden war, auf einmal wieder nach Smyrna, zu ſich ſelbſt und der ſchoͤnen Danae gegen- uͤber, gebracht. Viertes

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon01_1766/314>, abgerufen am 24.11.2024.