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Wiegmann, Rudolf: Grundzüge der Lehre von der Perspektive. Düsseldorf, 1846.

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rechten Winkels ihre Neigung nach dem Augenmaass. Dadurch
ist dann indirekt die Hauptdistanz bestimmt, indem der so an-
gegebene Winkel nur für eine bestimmte Distanz ein rechter
ist. Soll dann noch ein anderer rechtwinklichter Gegenstand auf
demselben Bilde dargestellt werden, so ist es erforderlich, zu-
vor aus dem nach dem Augenmaass gezeichneten rechten Winkel
(oder dessen Hälfte) die diesem entsprechende Distanz zu
suchen und sie dem andern zum Grunde zu legen.

Im Folgenden werden wir ein sehr einfaches Verfahren
zur Auffindung der Distanz in jeder freien Zeichnung ken-
nen lernen.

Der Horizont

ist in jedem Bilde diejenige Linie, welche zuerst zu bestim-
men ist. Sie giebt allen darzustellenden Linien und Körpern
erst eine bestimmte Lage. In ihr verschwinden alle horizon-
talen Linien und Ebenen, begrenzen sich Meer und Himmel.

Da der Hauptpunkt in der Mitte des Horizonts liegt und
der Hauptstrahl vom Augenpunkt senkrecht auf die Tafel in den
Hauptpunkt geht, so folgt, dass der Augenpunkt in derselben
Höhe mit dem Horizont liegt.

Für Bilder, welche hoch gehängt werden sollen, wird also
ein niedriger Horizont zu wählen sein; ja manchmal ist es
nöthig, den Horizont ganz unterhalb des Bildes fallen zu las-
sen. Bei tief hängenden Bildern ist dagegen ein hoher Hori-
zont anzunehmen.

Linear-Abstufungen der Höhen und Breiten.

Alle Höhen und Breiten in der Frontalansicht bleiben un-
verändert, wenn sie dieselbe Tiefe, d. h. denselben Abstand vom
Auge behalten und bei unveränderter Entfernung von der Basis
der Tafel oder dem Horizont auf derselben Ebene bleiben. Ein
blosses seitwärts Weiterrücken in der Horizontalen bleibt ohne
Einwirkung auf ihre Grösse. Steigen gewisse Höhen und Breiten

rechten Winkels ihre Neigung nach dem Augenmaass. Dadurch
ist dann indirekt die Hauptdistanz bestimmt, indem der so an-
gegebene Winkel nur für eine bestimmte Distanz ein rechter
ist. Soll dann noch ein anderer rechtwinklichter Gegenstand auf
demselben Bilde dargestellt werden, so ist es erforderlich, zu-
vor aus dem nach dem Augenmaass gezeichneten rechten Winkel
(oder dessen Hälfte) die diesem entsprechende Distanz zu
suchen und sie dem andern zum Grunde zu legen.

Im Folgenden werden wir ein sehr einfaches Verfahren
zur Auffindung der Distanz in jeder freien Zeichnung ken-
nen lernen.

Der Horizont

ist in jedem Bilde diejenige Linie, welche zuerst zu bestim-
men ist. Sie giebt allen darzustellenden Linien und Körpern
erst eine bestimmte Lage. In ihr verschwinden alle horizon-
talen Linien und Ebenen, begrenzen sich Meer und Himmel.

Da der Hauptpunkt in der Mitte des Horizonts liegt und
der Hauptstrahl vom Augenpunkt senkrecht auf die Tafel in den
Hauptpunkt geht, so folgt, dass der Augenpunkt in derselben
Höhe mit dem Horizont liegt.

Für Bilder, welche hoch gehängt werden sollen, wird also
ein niedriger Horizont zu wählen sein; ja manchmal ist es
nöthig, den Horizont ganz unterhalb des Bildes fallen zu las-
sen. Bei tief hängenden Bildern ist dagegen ein hoher Hori-
zont anzunehmen.

Linear-Abstufungen der Höhen und Breiten.

Alle Höhen und Breiten in der Frontalansicht bleiben un-
verändert, wenn sie dieselbe Tiefe, d. h. denselben Abstand vom
Auge behalten und bei unveränderter Entfernung von der Basis
der Tafel oder dem Horizont auf derselben Ebene bleiben. Ein
blosses seitwärts Weiterrücken in der Horizontalen bleibt ohne
Einwirkung auf ihre Grösse. Steigen gewisse Höhen und Breiten

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[11/0015] rechten Winkels ihre Neigung nach dem Augenmaass. Dadurch ist dann indirekt die Hauptdistanz bestimmt, indem der so an- gegebene Winkel nur für eine bestimmte Distanz ein rechter ist. Soll dann noch ein anderer rechtwinklichter Gegenstand auf demselben Bilde dargestellt werden, so ist es erforderlich, zu- vor aus dem nach dem Augenmaass gezeichneten rechten Winkel (oder dessen Hälfte) die diesem entsprechende Distanz zu suchen und sie dem andern zum Grunde zu legen. Im Folgenden werden wir ein sehr einfaches Verfahren zur Auffindung der Distanz in jeder freien Zeichnung ken- nen lernen. Der Horizont ist in jedem Bilde diejenige Linie, welche zuerst zu bestim- men ist. Sie giebt allen darzustellenden Linien und Körpern erst eine bestimmte Lage. In ihr verschwinden alle horizon- talen Linien und Ebenen, begrenzen sich Meer und Himmel. Da der Hauptpunkt in der Mitte des Horizonts liegt und der Hauptstrahl vom Augenpunkt senkrecht auf die Tafel in den Hauptpunkt geht, so folgt, dass der Augenpunkt in derselben Höhe mit dem Horizont liegt. Für Bilder, welche hoch gehängt werden sollen, wird also ein niedriger Horizont zu wählen sein; ja manchmal ist es nöthig, den Horizont ganz unterhalb des Bildes fallen zu las- sen. Bei tief hängenden Bildern ist dagegen ein hoher Hori- zont anzunehmen. Linear-Abstufungen der Höhen und Breiten. Alle Höhen und Breiten in der Frontalansicht bleiben un- verändert, wenn sie dieselbe Tiefe, d. h. denselben Abstand vom Auge behalten und bei unveränderter Entfernung von der Basis der Tafel oder dem Horizont auf derselben Ebene bleiben. Ein blosses seitwärts Weiterrücken in der Horizontalen bleibt ohne Einwirkung auf ihre Grösse. Steigen gewisse Höhen und Breiten

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Zitationshilfe: Wiegmann, Rudolf: Grundzüge der Lehre von der Perspektive. Düsseldorf, 1846, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wiegmann_perspektive_1846/15>, abgerufen am 28.03.2024.