Dem Monarchen wurde bange; er räusperte sich, er rückte sich auf seinem Sitze hin und wieder, er wußte nicht, ob und was er reden sollte, bald schien er sich entschuldigen, bald anklagen zu wollen, während dessen sein Moralist unaufhörlich fortfuhr, mit aller Stärke seiner Beredsamkeit sein eingeschlä- fertes gutes Herz aufzuwecken. -- Brüder- chen, sprach er endlich, ich bitte Dich, schweig! Du machst mir so bänglich ums Herze, daß ich heute noch lieber zu einem Glase frischen Apfelwein mit Dir zurückgehn, als hier eine Minute länger befehlen möchte. Du übertreibst! --
Nicht Einen Strich in dem Gemälde übertreibe ich, antwortete Belphegor, und ließ den Strom seiner Gesezpredigt von neuem hervorbrechen.
Was bist Du denn besser? schloß Belphe- gor; worinne besser als der wilde Despot, an dessen Hofe du deinen Geiz lerntest? Weniger grausam, aber der nämliche Un- terdrücker.
Sein Freund fiel ihm um den Hals, erbot sich alles gesammelte Gold unter seine Nachbarn auszutheilen, allen seinen Skla-
ven
Dem Monarchen wurde bange; er raͤuſperte ſich, er ruͤckte ſich auf ſeinem Sitze hin und wieder, er wußte nicht, ob und was er reden ſollte, bald ſchien er ſich entſchuldigen, bald anklagen zu wollen, waͤhrend deſſen ſein Moraliſt unaufhoͤrlich fortfuhr, mit aller Staͤrke ſeiner Beredſamkeit ſein eingeſchlaͤ- fertes gutes Herz aufzuwecken. — Bruͤder- chen, ſprach er endlich, ich bitte Dich, ſchweig! Du machſt mir ſo baͤnglich ums Herze, daß ich heute noch lieber zu einem Glaſe friſchen Apfelwein mit Dir zuruͤckgehn, als hier eine Minute laͤnger befehlen moͤchte. Du uͤbertreibſt! —
Nicht Einen Strich in dem Gemaͤlde uͤbertreibe ich, antwortete Belphegor, und ließ den Strom ſeiner Geſezpredigt von neuem hervorbrechen.
Was biſt Du denn beſſer? ſchloß Belphe- gor; worinne beſſer als der wilde Deſpot, an deſſen Hofe du deinen Geiz lernteſt? Weniger grauſam, aber der naͤmliche Un- terdruͤcker.
Sein Freund fiel ihm um den Hals, erbot ſich alles geſammelte Gold unter ſeine Nachbarn auszutheilen, allen ſeinen Skla-
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Dem Monarchen wurde bange; er raͤuſperte
ſich, er ruͤckte ſich auf ſeinem Sitze hin und
wieder, er wußte nicht, ob und was er reden
ſollte, bald ſchien er ſich entſchuldigen, bald
anklagen zu wollen, waͤhrend deſſen ſein
Moraliſt unaufhoͤrlich fortfuhr, mit aller
Staͤrke ſeiner Beredſamkeit ſein eingeſchlaͤ-
fertes gutes Herz aufzuwecken. — Bruͤder-
chen, ſprach er endlich, ich bitte Dich,
ſchweig! Du machſt mir ſo baͤnglich ums
Herze, daß ich heute noch lieber zu einem
Glaſe friſchen Apfelwein mit Dir zuruͤckgehn,
als hier eine Minute laͤnger befehlen moͤchte.
Du uͤbertreibſt! —
Nicht Einen Strich in dem Gemaͤlde
uͤbertreibe ich, antwortete Belphegor, und
ließ den Strom ſeiner Geſezpredigt von
neuem hervorbrechen.
Was biſt Du denn beſſer? ſchloß Belphe-
gor; worinne beſſer als der wilde Deſpot,
an deſſen Hofe du deinen Geiz lernteſt?
Weniger grauſam, aber der naͤmliche Un-
terdruͤcker.
Sein Freund fiel ihm um den Hals,
erbot ſich alles geſammelte Gold unter ſeine
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/44>, abgerufen am 26.11.2024.
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