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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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eignen Verhalten davon leiten zu lassen, und
danke der Natur und dem Schicksale, daß
sie sich beide vereinigten, Dich zum warmen
gefühlvollen denkenden Manne, zum Ken-
ner und Verehrer des Guten und Rechtschaf-
nen zu machen! daß sie unter Deinen übri-
gen Mitgeschöpfen nur wenigen diese Wohl-
that erzeigten, ist das Dein Werk? oder
kannst Du das ändern? Es ist im Laster
und in der Thorheit eine gewisse Fatalität
-- hier in Virginien zwischen zween Freun-
den kann ich dieß sagen -- die Erfahrung
lehrt es, man folgre daraus, so viel schäd-
liches man wolle: was kann ich dafür, daß
die Erfahrung mich eine Wahrheit lehrt, die
aus schädlichen Folgen beschwängert ist? --
Mein eignes Beispiel lehrte mich sie. Ich
habe zwo Hauptvergehen in meinem Leben
begangen: ich habe Dich, Belphegor, mei-
nen Freund, hintergangen, und bin ein
Unterdrücker geworden. Ich war es --
ich gestehe dieß, Freund -- ich war es,
der Akanten antrieb, Dich aus ihrer Liebe
und ihrem Gesichte, obgleich nicht mit der
gebrauchten Härte, zu verbannen: allein
die Liebe riß mich hin; sie überwältigte meine

Freund-

eignen Verhalten davon leiten zu laſſen, und
danke der Natur und dem Schickſale, daß
ſie ſich beide vereinigten, Dich zum warmen
gefuͤhlvollen denkenden Manne, zum Ken-
ner und Verehrer des Guten und Rechtſchaf-
nen zu machen! daß ſie unter Deinen uͤbri-
gen Mitgeſchoͤpfen nur wenigen dieſe Wohl-
that erzeigten, iſt das Dein Werk? oder
kannſt Du das aͤndern? Es iſt im Laſter
und in der Thorheit eine gewiſſe Fatalitaͤt
— hier in Virginien zwiſchen zween Freun-
den kann ich dieß ſagen — die Erfahrung
lehrt es, man folgre daraus, ſo viel ſchaͤd-
liches man wolle: was kann ich dafuͤr, daß
die Erfahrung mich eine Wahrheit lehrt, die
aus ſchaͤdlichen Folgen beſchwaͤngert iſt? —
Mein eignes Beiſpiel lehrte mich ſie. Ich
habe zwo Hauptvergehen in meinem Leben
begangen: ich habe Dich, Belphegor, mei-
nen Freund, hintergangen, und bin ein
Unterdruͤcker geworden. Ich war es —
ich geſtehe dieß, Freund — ich war es,
der Akanten antrieb, Dich aus ihrer Liebe
und ihrem Geſichte, obgleich nicht mit der
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die Liebe riß mich hin; ſie uͤberwaͤltigte meine

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[290/0296] eignen Verhalten davon leiten zu laſſen, und danke der Natur und dem Schickſale, daß ſie ſich beide vereinigten, Dich zum warmen gefuͤhlvollen denkenden Manne, zum Ken- ner und Verehrer des Guten und Rechtſchaf- nen zu machen! daß ſie unter Deinen uͤbri- gen Mitgeſchoͤpfen nur wenigen dieſe Wohl- that erzeigten, iſt das Dein Werk? oder kannſt Du das aͤndern? Es iſt im Laſter und in der Thorheit eine gewiſſe Fatalitaͤt — hier in Virginien zwiſchen zween Freun- den kann ich dieß ſagen — die Erfahrung lehrt es, man folgre daraus, ſo viel ſchaͤd- liches man wolle: was kann ich dafuͤr, daß die Erfahrung mich eine Wahrheit lehrt, die aus ſchaͤdlichen Folgen beſchwaͤngert iſt? — Mein eignes Beiſpiel lehrte mich ſie. Ich habe zwo Hauptvergehen in meinem Leben begangen: ich habe Dich, Belphegor, mei- nen Freund, hintergangen, und bin ein Unterdruͤcker geworden. Ich war es — ich geſtehe dieß, Freund — ich war es, der Akanten antrieb, Dich aus ihrer Liebe und ihrem Geſichte, obgleich nicht mit der gebrauchten Haͤrte, zu verbannen: allein die Liebe riß mich hin; ſie uͤberwaͤltigte meine Freund-

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/296>, abgerufen am 26.05.2024.