Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Nägeln! schleiche dich durch sie hindurch
und laß dich nie gelüsten, ihnen zu sagen,
daß sie Narren find, noch vielweniger sie
gescheidter machen zu wollen! Die Maschine
kann nichts mehr oder weniger und nichts
anders thun, als wohin sie der Stoß der
auf sie wirkenden Räder treibt, und wer sie
aus ihrer Richtung herauslenken will, muß
Kräfte genug zum Wiederstande haben, oder
er bekömmt Stöße, wovon ihn vielleicht der
erste schon zu Boden wirft. -- Entdeckte
ich Dir nicht diese Erfahrung, Freund? Und
warum folgtest Du ihr nicht?

Belph. Folge einer kalten Erfahrung,
wenn dein Herz in lichten Flammen lodert,
und die Gluth Dich ersticken oder den Busen
zersprengen will! Folge ihr, wenn Du kei-
nen Schritt thun kanst, ohne daß Dich nicht
tausend Gegenstände umgeben, die Dich
durch ihre Narrheit oder Schändlichkeit zum
Unwillen reizen, wenn du bessern oder nicht
sehen, kein Mensch seyn, kein Gefühl von
Recht und Unrecht, vom Guten und Bösen
haben mußt!

From. Alles dieß besitze für Dich, zu
Deinem Gebrauche, um Dich in Deinem

eignen
T 2

Naͤgeln! ſchleiche dich durch ſie hindurch
und laß dich nie geluͤſten, ihnen zu ſagen,
daß ſie Narren find, noch vielweniger ſie
geſcheidter machen zu wollen! Die Maſchine
kann nichts mehr oder weniger und nichts
anders thun, als wohin ſie der Stoß der
auf ſie wirkenden Raͤder treibt, und wer ſie
aus ihrer Richtung herauslenken will, muß
Kraͤfte genug zum Wiederſtande haben, oder
er bekoͤmmt Stoͤße, wovon ihn vielleicht der
erſte ſchon zu Boden wirft. — Entdeckte
ich Dir nicht dieſe Erfahrung, Freund? Und
warum folgteſt Du ihr nicht?

Belph. Folge einer kalten Erfahrung,
wenn dein Herz in lichten Flammen lodert,
und die Gluth Dich erſticken oder den Buſen
zerſprengen will! Folge ihr, wenn Du kei-
nen Schritt thun kanſt, ohne daß Dich nicht
tauſend Gegenſtaͤnde umgeben, die Dich
durch ihre Narrheit oder Schaͤndlichkeit zum
Unwillen reizen, wenn du beſſern oder nicht
ſehen, kein Menſch ſeyn, kein Gefuͤhl von
Recht und Unrecht, vom Guten und Boͤſen
haben mußt!

From. Alles dieß beſitze fuͤr Dich, zu
Deinem Gebrauche, um Dich in Deinem

eignen
T 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0295" n="289"/>
Na&#x0364;geln! &#x017F;chleiche dich durch &#x017F;ie hindurch<lb/>
und laß dich nie gelu&#x0364;&#x017F;ten, ihnen zu &#x017F;agen,<lb/>
daß &#x017F;ie Narren find, noch vielweniger &#x017F;ie<lb/>
ge&#x017F;cheidter machen zu wollen! Die Ma&#x017F;chine<lb/>
kann nichts mehr oder weniger und nichts<lb/>
anders thun, als wohin &#x017F;ie der Stoß der<lb/>
auf &#x017F;ie wirkenden Ra&#x0364;der treibt, und wer &#x017F;ie<lb/>
aus ihrer Richtung herauslenken will, muß<lb/>
Kra&#x0364;fte genug zum Wieder&#x017F;tande haben, oder<lb/>
er beko&#x0364;mmt Sto&#x0364;ße, wovon ihn vielleicht der<lb/>
er&#x017F;te &#x017F;chon zu Boden wirft. &#x2014; Entdeckte<lb/>
ich Dir nicht die&#x017F;e Erfahrung, Freund? Und<lb/>
warum folgte&#x017F;t Du ihr nicht?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Belph.</hi> Folge einer kalten Erfahrung,<lb/>
wenn dein Herz in lichten Flammen lodert,<lb/>
und die Gluth Dich er&#x017F;ticken oder den Bu&#x017F;en<lb/>
zer&#x017F;prengen will! Folge ihr, wenn Du kei-<lb/>
nen Schritt thun kan&#x017F;t, ohne daß Dich nicht<lb/>
tau&#x017F;end Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde umgeben, die Dich<lb/>
durch ihre Narrheit oder Scha&#x0364;ndlichkeit zum<lb/>
Unwillen reizen, wenn du be&#x017F;&#x017F;ern oder nicht<lb/>
&#x017F;ehen, kein Men&#x017F;ch &#x017F;eyn, kein Gefu&#x0364;hl von<lb/>
Recht und Unrecht, vom Guten und Bo&#x0364;&#x017F;en<lb/>
haben mußt!</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">From.</hi> Alles dieß be&#x017F;itze fu&#x0364;r <hi rendition="#fr">Dich,</hi> zu<lb/><hi rendition="#fr">Deinem</hi> Gebrauche, um Dich in Deinem<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">T 2</fw><fw place="bottom" type="catch">eignen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[289/0295] Naͤgeln! ſchleiche dich durch ſie hindurch und laß dich nie geluͤſten, ihnen zu ſagen, daß ſie Narren find, noch vielweniger ſie geſcheidter machen zu wollen! Die Maſchine kann nichts mehr oder weniger und nichts anders thun, als wohin ſie der Stoß der auf ſie wirkenden Raͤder treibt, und wer ſie aus ihrer Richtung herauslenken will, muß Kraͤfte genug zum Wiederſtande haben, oder er bekoͤmmt Stoͤße, wovon ihn vielleicht der erſte ſchon zu Boden wirft. — Entdeckte ich Dir nicht dieſe Erfahrung, Freund? Und warum folgteſt Du ihr nicht? Belph. Folge einer kalten Erfahrung, wenn dein Herz in lichten Flammen lodert, und die Gluth Dich erſticken oder den Buſen zerſprengen will! Folge ihr, wenn Du kei- nen Schritt thun kanſt, ohne daß Dich nicht tauſend Gegenſtaͤnde umgeben, die Dich durch ihre Narrheit oder Schaͤndlichkeit zum Unwillen reizen, wenn du beſſern oder nicht ſehen, kein Menſch ſeyn, kein Gefuͤhl von Recht und Unrecht, vom Guten und Boͤſen haben mußt! From. Alles dieß beſitze fuͤr Dich, zu Deinem Gebrauche, um Dich in Deinem eignen T 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/295
Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/295>, abgerufen am 19.05.2024.