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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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thiere, die Eigennutz, Herrschsucht, Neid
ewig zusammenhetzet, die sich in Truppe
versammelten, um einander desto wirksamer
befeinden zu können, durch ihre natürlichen
Anlagen, durch die Oekonomie ihres Wesens
zum immerwährenden Kriege bestimmt, den
sie beständig in roher grausamer, oder min-
der grausamer, oder verkleideter Gestalt fort-
setzen, blutig oder unblutig, so wie Gesetze,
Sitten und Verhältnisse es ihnen erlauben;
eine Heerde Raubthiere, wo eins über das
andre will, eins das andre zu unterdrücken
sucht, und wo die meisten auch in einer be-
ständigen verjährten Unterdrückung gehalten
werden: -- denn übersiehe die ganze Flä-
der Erde, ob nicht blos kleine Flecken von
der Sonne der Freiheit mit schwächerm oder
stärkerm Schimmer erhellt werden, indessen
daß große weite Ebnen von der tiefsten Fin-
sterniß der Sklaverey überdeckt sind, wo je-
des muthige Wort auf der Zunge stirbt, wo
der Geist der Freundschaft nie athmet, und
jeder mit rückhaltender. Kälte den andern in
langer Entfernung von sich hält, wo der
Elende nicht einmal das Eigenthum seines
Lebens besitzt: übersieh alle Zeiten, und sie

werden
T

thiere, die Eigennutz, Herrſchſucht, Neid
ewig zuſammenhetzet, die ſich in Truppe
verſammelten, um einander deſto wirkſamer
befeinden zu koͤnnen, durch ihre natuͤrlichen
Anlagen, durch die Oekonomie ihres Weſens
zum immerwaͤhrenden Kriege beſtimmt, den
ſie beſtaͤndig in roher grauſamer, oder min-
der grauſamer, oder verkleideter Geſtalt fort-
ſetzen, blutig oder unblutig, ſo wie Geſetze,
Sitten und Verhaͤltniſſe es ihnen erlauben;
eine Heerde Raubthiere, wo eins uͤber das
andre will, eins das andre zu unterdruͤcken
ſucht, und wo die meiſten auch in einer be-
ſtaͤndigen verjaͤhrten Unterdruͤckung gehalten
werden: — denn uͤberſiehe die ganze Flaͤ-
der Erde, ob nicht blos kleine Flecken von
der Sonne der Freiheit mit ſchwaͤcherm oder
ſtaͤrkerm Schimmer erhellt werden, indeſſen
daß große weite Ebnen von der tiefſten Fin-
ſterniß der Sklaverey uͤberdeckt ſind, wo je-
des muthige Wort auf der Zunge ſtirbt, wo
der Geiſt der Freundſchaft nie athmet, und
jeder mit ruͤckhaltender. Kaͤlte den andern in
langer Entfernung von ſich haͤlt, wo der
Elende nicht einmal das Eigenthum ſeines
Lebens beſitzt: uͤberſieh alle Zeiten, und ſie

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[287/0293] thiere, die Eigennutz, Herrſchſucht, Neid ewig zuſammenhetzet, die ſich in Truppe verſammelten, um einander deſto wirkſamer befeinden zu koͤnnen, durch ihre natuͤrlichen Anlagen, durch die Oekonomie ihres Weſens zum immerwaͤhrenden Kriege beſtimmt, den ſie beſtaͤndig in roher grauſamer, oder min- der grauſamer, oder verkleideter Geſtalt fort- ſetzen, blutig oder unblutig, ſo wie Geſetze, Sitten und Verhaͤltniſſe es ihnen erlauben; eine Heerde Raubthiere, wo eins uͤber das andre will, eins das andre zu unterdruͤcken ſucht, und wo die meiſten auch in einer be- ſtaͤndigen verjaͤhrten Unterdruͤckung gehalten werden: — denn uͤberſiehe die ganze Flaͤ- der Erde, ob nicht blos kleine Flecken von der Sonne der Freiheit mit ſchwaͤcherm oder ſtaͤrkerm Schimmer erhellt werden, indeſſen daß große weite Ebnen von der tiefſten Fin- ſterniß der Sklaverey uͤberdeckt ſind, wo je- des muthige Wort auf der Zunge ſtirbt, wo der Geiſt der Freundſchaft nie athmet, und jeder mit ruͤckhaltender. Kaͤlte den andern in langer Entfernung von ſich haͤlt, wo der Elende nicht einmal das Eigenthum ſeines Lebens beſitzt: uͤberſieh alle Zeiten, und ſie werden T

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/293>, abgerufen am 19.05.2024.