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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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wurde es mit der größten Höflichkeit beklagt,
daß unaussezbare Geschäfte die Annehmung
seines Zuspruchs nicht verstatteten, und
wenn der gute Mann von der Vortreflich-
keit seines Unternehmens nicht zu sehr ge-
blendet gewesen wäre, so hätte er leicht
darauf verfallen können, daß man jeman-
den oft abweist, um ihn nicht wieder zu
sehn: allein eine so ruhige Bemerkung ver-
stattete ihm die Hitze, womit er seinen Zweck
verfolgte, nicht zu machen: er ließ sich ge-
trost abweisen und setzte getrost seine Anfra-
gen fort. Endlich merkte er wohl, daß er
mehr Schwierigkeiten bey Formals Bekeh-
rung fand, als bey dem ehrlichen treuher-
zigen Medardus, und begriff den Bewe-
gungsgrund, der den Befehlshaber gegen
eine Unterredung mit ihm abgeneigt machte:
seinen Plan aufzugeben, war für ihn der
Tod; er entschloß sich kurz und nahm seine
Zuflucht zur Feder. Er schrieb ihm die leb-
hafteste angreifendste Vorhaltung seiner Un-
gerechtigkeiten, bat, beschwor, drohte in
schauernden Ausdrücken, und verlangte
nichts als eine Wiedererstattung aller be-
gangnen Bedrückungen. -- Gieb, schloß er,

gieb

wurde es mit der groͤßten Hoͤflichkeit beklagt,
daß unausſezbare Geſchaͤfte die Annehmung
ſeines Zuſpruchs nicht verſtatteten, und
wenn der gute Mann von der Vortreflich-
keit ſeines Unternehmens nicht zu ſehr ge-
blendet geweſen waͤre, ſo haͤtte er leicht
darauf verfallen koͤnnen, daß man jeman-
den oft abweiſt, um ihn nicht wieder zu
ſehn: allein eine ſo ruhige Bemerkung ver-
ſtattete ihm die Hitze, womit er ſeinen Zweck
verfolgte, nicht zu machen: er ließ ſich ge-
troſt abweiſen und ſetzte getroſt ſeine Anfra-
gen fort. Endlich merkte er wohl, daß er
mehr Schwierigkeiten bey Formals Bekeh-
rung fand, als bey dem ehrlichen treuher-
zigen Medardus, und begriff den Bewe-
gungsgrund, der den Befehlshaber gegen
eine Unterredung mit ihm abgeneigt machte:
ſeinen Plan aufzugeben, war fuͤr ihn der
Tod; er entſchloß ſich kurz und nahm ſeine
Zuflucht zur Feder. Er ſchrieb ihm die leb-
hafteſte angreifendſte Vorhaltung ſeiner Un-
gerechtigkeiten, bat, beſchwor, drohte in
ſchauernden Ausdruͤcken, und verlangte
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[266/0272] wurde es mit der groͤßten Hoͤflichkeit beklagt, daß unausſezbare Geſchaͤfte die Annehmung ſeines Zuſpruchs nicht verſtatteten, und wenn der gute Mann von der Vortreflich- keit ſeines Unternehmens nicht zu ſehr ge- blendet geweſen waͤre, ſo haͤtte er leicht darauf verfallen koͤnnen, daß man jeman- den oft abweiſt, um ihn nicht wieder zu ſehn: allein eine ſo ruhige Bemerkung ver- ſtattete ihm die Hitze, womit er ſeinen Zweck verfolgte, nicht zu machen: er ließ ſich ge- troſt abweiſen und ſetzte getroſt ſeine Anfra- gen fort. Endlich merkte er wohl, daß er mehr Schwierigkeiten bey Formals Bekeh- rung fand, als bey dem ehrlichen treuher- zigen Medardus, und begriff den Bewe- gungsgrund, der den Befehlshaber gegen eine Unterredung mit ihm abgeneigt machte: ſeinen Plan aufzugeben, war fuͤr ihn der Tod; er entſchloß ſich kurz und nahm ſeine Zuflucht zur Feder. Er ſchrieb ihm die leb- hafteſte angreifendſte Vorhaltung ſeiner Un- gerechtigkeiten, bat, beſchwor, drohte in ſchauernden Ausdruͤcken, und verlangte nichts als eine Wiedererſtattung aller be- gangnen Bedruͤckungen. — Gieb, ſchloß er, gieb

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/272>, abgerufen am 19.05.2024.