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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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zu tausenden erwürgen, in das Joch der Eu-
ropäer stecken und nun langsam von allen
Seiten bis zur Vernichtung quälen: du
schufest sie, um sie langsam aufzureiben. --

Einen solchen Sermon hielt natürlicher
Weise sein Herr nicht länger aus, als bis er
sich das erstemal getroffen fühlte, wo er sich
meistentheils wegwandte, räusperte, eine
Beschäftigung vornahm, jemanden rief,
das Zimmer verließ, oder etwas anders
that, das ihn darauf zu hören hinderte.
Eine jede solche Unterhaltung schwächte bey
ihm den Geschmack an Belphegors Umgan-
ge, und obgleich dieser sich sehr oft durch
ein kleines Lob auf die Gutherzigkeit des
Mannes wieder in Gunst sezte, so hieß das
doch nur, einen schlimmen Eindruck beneh-
men, aber keinen guten geben. Diesen Um-
stand nüzten seine Kameraden, die schon
längst mit schielen Augen die Vorzüge an-
gesehn hatten, die er von seinem Herrn ge-
noß, ihn dieser Vorzüge zu berauben. Sie
stellten Belphegors Deklamationen von der
schlimmen Seite vor, erdichteten etliche, die
er wider seinen eignen Herrn namentlich in
seiner Abwesenheit gesagt haben sollte: sie

fanden
Q 2

zu tauſenden erwuͤrgen, in das Joch der Eu-
ropaͤer ſtecken und nun langſam von allen
Seiten bis zur Vernichtung quaͤlen: du
ſchufeſt ſie, um ſie langſam aufzureiben. —

Einen ſolchen Sermon hielt natuͤrlicher
Weiſe ſein Herr nicht laͤnger aus, als bis er
ſich das erſtemal getroffen fuͤhlte, wo er ſich
meiſtentheils wegwandte, raͤuſperte, eine
Beſchaͤftigung vornahm, jemanden rief,
das Zimmer verließ, oder etwas anders
that, das ihn darauf zu hoͤren hinderte.
Eine jede ſolche Unterhaltung ſchwaͤchte bey
ihm den Geſchmack an Belphegors Umgan-
ge, und obgleich dieſer ſich ſehr oft durch
ein kleines Lob auf die Gutherzigkeit des
Mannes wieder in Gunſt ſezte, ſo hieß das
doch nur, einen ſchlimmen Eindruck beneh-
men, aber keinen guten geben. Dieſen Um-
ſtand nuͤzten ſeine Kameraden, die ſchon
laͤngſt mit ſchielen Augen die Vorzuͤge an-
geſehn hatten, die er von ſeinem Herrn ge-
noß, ihn dieſer Vorzuͤge zu berauben. Sie
ſtellten Belphegors Deklamationen von der
ſchlimmen Seite vor, erdichteten etliche, die
er wider ſeinen eignen Herrn namentlich in
ſeiner Abweſenheit geſagt haben ſollte: ſie

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[241/0247] zu tauſenden erwuͤrgen, in das Joch der Eu- ropaͤer ſtecken und nun langſam von allen Seiten bis zur Vernichtung quaͤlen: du ſchufeſt ſie, um ſie langſam aufzureiben. — Einen ſolchen Sermon hielt natuͤrlicher Weiſe ſein Herr nicht laͤnger aus, als bis er ſich das erſtemal getroffen fuͤhlte, wo er ſich meiſtentheils wegwandte, raͤuſperte, eine Beſchaͤftigung vornahm, jemanden rief, das Zimmer verließ, oder etwas anders that, das ihn darauf zu hoͤren hinderte. Eine jede ſolche Unterhaltung ſchwaͤchte bey ihm den Geſchmack an Belphegors Umgan- ge, und obgleich dieſer ſich ſehr oft durch ein kleines Lob auf die Gutherzigkeit des Mannes wieder in Gunſt ſezte, ſo hieß das doch nur, einen ſchlimmen Eindruck beneh- men, aber keinen guten geben. Dieſen Um- ſtand nuͤzten ſeine Kameraden, die ſchon laͤngſt mit ſchielen Augen die Vorzuͤge an- geſehn hatten, die er von ſeinem Herrn ge- noß, ihn dieſer Vorzuͤge zu berauben. Sie ſtellten Belphegors Deklamationen von der ſchlimmen Seite vor, erdichteten etliche, die er wider ſeinen eignen Herrn namentlich in ſeiner Abweſenheit geſagt haben ſollte: ſie fanden Q 2

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/247>, abgerufen am 04.05.2024.