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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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nen. Willst du mich bedauren? -- Bedauert
hat mich jedermann, aber niemand geholfen. --

So will ich der einzige seyn, sprach Bel-
phegor glühend. -- Armer Elender! wie könn-
test du das? Hilf dir! dann glaubte ich,
daß du Wunder thun und auch mir helfen
könntest.

Belphegor knirschte mit den Zähnen und
verstummte vor Aerger und Begierde. --
Mann, so sage mir nur deine Geschichte!
sprach er endlich mit halb erstickter Stimme. --

Meine Geschichte? -- ist kurz. Der
menschliche Neid hat mich zu Grunde gerich-
tet. Jch hatte ein Vermögen, ein schönes
Vermögen -- nicht groß aber hinreichend;
es war ein Theil von meinem väterlichen Erb-
gute. Jch war unermüdet, auf die Wirth-
schaft aufmerksam, und mein Vermögen ver-
mehrte sich zuschends; ich kaufte beinahe
mehr an, als ich geerbt hatte. Jndessen
nahmen die Umstände meines Bruders immer
mehr ab; er wurde auf mein Glück neidisch;
er gab mir schuld, ich habe ihn bey der Thei-
lung bevortheilt: er verklagte mich. Wir
prozessirten, mästeten Richter und Advokaten,
er spielte alle mögliche Kabalen, und ich ver-

nen. Willſt du mich bedauren? — Bedauert
hat mich jedermann, aber niemand geholfen. —

So will ich der einzige ſeyn, ſprach Bel-
phegor gluͤhend. — Armer Elender! wie koͤnn-
teſt du das? Hilf dir! dann glaubte ich,
daß du Wunder thun und auch mir helfen
koͤnnteſt.

Belphegor knirſchte mit den Zaͤhnen und
verſtummte vor Aerger und Begierde. —
Mann, ſo ſage mir nur deine Geſchichte!
ſprach er endlich mit halb erſtickter Stimme. —

Meine Geſchichte? — iſt kurz. Der
menſchliche Neid hat mich zu Grunde gerich-
tet. Jch hatte ein Vermoͤgen, ein ſchoͤnes
Vermoͤgen — nicht groß aber hinreichend;
es war ein Theil von meinem vaͤterlichen Erb-
gute. Jch war unermuͤdet, auf die Wirth-
ſchaft aufmerkſam, und mein Vermoͤgen ver-
mehrte ſich zuſchends; ich kaufte beinahe
mehr an, als ich geerbt hatte. Jndeſſen
nahmen die Umſtaͤnde meines Bruders immer
mehr ab; er wurde auf mein Gluͤck neidiſch;
er gab mir ſchuld, ich habe ihn bey der Thei-
lung bevortheilt: er verklagte mich. Wir
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[30/0050] nen. Willſt du mich bedauren? — Bedauert hat mich jedermann, aber niemand geholfen. — So will ich der einzige ſeyn, ſprach Bel- phegor gluͤhend. — Armer Elender! wie koͤnn- teſt du das? Hilf dir! dann glaubte ich, daß du Wunder thun und auch mir helfen koͤnnteſt. Belphegor knirſchte mit den Zaͤhnen und verſtummte vor Aerger und Begierde. — Mann, ſo ſage mir nur deine Geſchichte! ſprach er endlich mit halb erſtickter Stimme. — Meine Geſchichte? — iſt kurz. Der menſchliche Neid hat mich zu Grunde gerich- tet. Jch hatte ein Vermoͤgen, ein ſchoͤnes Vermoͤgen — nicht groß aber hinreichend; es war ein Theil von meinem vaͤterlichen Erb- gute. Jch war unermuͤdet, auf die Wirth- ſchaft aufmerkſam, und mein Vermoͤgen ver- mehrte ſich zuſchends; ich kaufte beinahe mehr an, als ich geerbt hatte. Jndeſſen nahmen die Umſtaͤnde meines Bruders immer mehr ab; er wurde auf mein Gluͤck neidiſch; er gab mir ſchuld, ich habe ihn bey der Thei- lung bevortheilt: er verklagte mich. Wir prozeſſirten, maͤſteten Richter und Advokaten, er ſpielte alle moͤgliche Kabalen, und ich ver-

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/50>, abgerufen am 26.04.2024.