Herzen zu hassen, so wurde Belphegorn und seiner Mitgefangnen sogleich ohne Verhör Recht gegeben; Belphegor bekam seine Frei- heit und war froh, nicht mehr als Ein Auge und Einen Finger eingebüßt zu haben: die gemeldete Feindschaft brachte ihm sogar eine Mahlzeit und ein kleines Geschenk für die be- wiesne Tapferkeit ein. -- Das war ein Sporn in die Seite gesezt.
Seine warme Gutherzigkeit fand auch bald eine neue Ursache, das Blut in Feuer zu bringen. Er traf unter einem wilden Apfel- baume ein kleines Männchen an, das mit ge- senktem Kopfe und betrübter Mine dasaß. -- Lieber Mann, was fehlt dir? fragte Belphe- gor, indem er sich zu ihm sezte. -- Alles, antwortete jener mit einem Seufzer; denn ich habe gar nichts. Bettelarm bin ich.
So bist du nichts reicher als ich, erwieder- te Belphegor. -- Das könnte ein Trost für mich seyn, sprach der Andre, wenn ein Trost mir etwas helfen könnte: aber -- es ist um- sonst! --
Sage nur, was dir widerfahren ist! rief Belphegor hitzig. -- Das kann zu nichts die-
Herzen zu haſſen, ſo wurde Belphegorn und ſeiner Mitgefangnen ſogleich ohne Verhoͤr Recht gegeben; Belphegor bekam ſeine Frei- heit und war froh, nicht mehr als Ein Auge und Einen Finger eingebuͤßt zu haben: die gemeldete Feindſchaft brachte ihm ſogar eine Mahlzeit und ein kleines Geſchenk fuͤr die be- wiesne Tapferkeit ein. — Das war ein Sporn in die Seite geſezt.
Seine warme Gutherzigkeit fand auch bald eine neue Urſache, das Blut in Feuer zu bringen. Er traf unter einem wilden Apfel- baume ein kleines Maͤnnchen an, das mit ge- ſenktem Kopfe und betruͤbter Mine daſaß. — Lieber Mann, was fehlt dir? fragte Belphe- gor, indem er ſich zu ihm ſezte. — Alles, antwortete jener mit einem Seufzer; denn ich habe gar nichts. Bettelarm bin ich.
So biſt du nichts reicher als ich, erwieder- te Belphegor. — Das koͤnnte ein Troſt fuͤr mich ſeyn, ſprach der Andre, wenn ein Troſt mir etwas helfen koͤnnte: aber — es iſt um- ſonſt! —
Sage nur, was dir widerfahren iſt! rief Belphegor hitzig. — Das kann zu nichts die-
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Herzen zu haſſen, ſo wurde Belphegorn und
ſeiner Mitgefangnen ſogleich ohne Verhoͤr
Recht gegeben; Belphegor bekam ſeine Frei-
heit und war froh, nicht mehr als Ein Auge
und Einen Finger eingebuͤßt zu haben: die
gemeldete Feindſchaft brachte ihm ſogar eine
Mahlzeit und ein kleines Geſchenk fuͤr die be-
wiesne Tapferkeit ein. — Das war ein Sporn
in die Seite geſezt.
Seine warme Gutherzigkeit fand auch
bald eine neue Urſache, das Blut in Feuer zu
bringen. Er traf unter einem wilden Apfel-
baume ein kleines Maͤnnchen an, das mit ge-
ſenktem Kopfe und betruͤbter Mine daſaß. —
Lieber Mann, was fehlt dir? fragte Belphe-
gor, indem er ſich zu ihm ſezte. — Alles,
antwortete jener mit einem Seufzer; denn
ich habe gar nichts. Bettelarm bin ich.
So biſt du nichts reicher als ich, erwieder-
te Belphegor. — Das koͤnnte ein Troſt fuͤr
mich ſeyn, ſprach der Andre, wenn ein Troſt
mir etwas helfen koͤnnte: aber — es iſt um-
ſonſt! —
Sage nur, was dir widerfahren iſt! rief
Belphegor hitzig. — Das kann zu nichts die-
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/49>, abgerufen am 24.11.2024.
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