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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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wieder gehn. Gegen Mittag fand sich eine
Menge Gäste bey Akanten ein; Musik, Ge-
räusch, alles verkündigte die Freude eines
Bankets, das ihr neuer Liebhaber gab. Wel-
che Menschenseele, der Tages vorher die Be-
sitzerinn eines so frohen Hauses Hüftenschmerz
gemacht hatte, konnte einen solchen Anblick
ertragen! Augenblicklich fand er die lange ge-
suchte Entschließung: der Aerger half ihm
auf die Beine, er gieng und übergab allen
zwey und dreißig Winden des Himmels ein
dreymaliges lautes -- Akante! in eben so
viele vernehmliche Seufzer eingepackt.

Er gieng. Kaum hatte er eine kleine
Strecke zurückgelegt, als vor seinem Gesichte
ein Habicht auf eine Taube herniederschoß
und die flatternde Hülflose würgte. Die
Scene versezte ihn in eine so tiefe Wehmuth,
daß er sich auf einen Rasenrand niedersezte
und über die lezten Reden seines Freundes
Fromal ernsthaft nachdachte.

Jndem er in seinen Gedankentraum ver-
senkt dasaß, näherte sich ihm ein Getöse, das
nichts geringers als einen Zank ankündigte.
Auf einmal erschienen ein Trupp Knaben und
Mädchen, an dessen Spitze ein dickstämmiger

B

wieder gehn. Gegen Mittag fand ſich eine
Menge Gaͤſte bey Akanten ein; Muſik, Ge-
raͤuſch, alles verkuͤndigte die Freude eines
Bankets, das ihr neuer Liebhaber gab. Wel-
che Menſchenſeele, der Tages vorher die Be-
ſitzerinn eines ſo frohen Hauſes Huͤftenſchmerz
gemacht hatte, konnte einen ſolchen Anblick
ertragen! Augenblicklich fand er die lange ge-
ſuchte Entſchließung: der Aerger half ihm
auf die Beine, er gieng und uͤbergab allen
zwey und dreißig Winden des Himmels ein
dreymaliges lautes — Akante! in eben ſo
viele vernehmliche Seufzer eingepackt.

Er gieng. Kaum hatte er eine kleine
Strecke zuruͤckgelegt, als vor ſeinem Geſichte
ein Habicht auf eine Taube herniederſchoß
und die flatternde Huͤlfloſe wuͤrgte. Die
Scene verſezte ihn in eine ſo tiefe Wehmuth,
daß er ſich auf einen Raſenrand niederſezte
und uͤber die lezten Reden ſeines Freundes
Fromal ernſthaft nachdachte.

Jndem er in ſeinen Gedankentraum ver-
ſenkt daſaß, naͤherte ſich ihm ein Getoͤſe, das
nichts geringers als einen Zank ankuͤndigte.
Auf einmal erſchienen ein Trupp Knaben und
Maͤdchen, an deſſen Spitze ein dickſtaͤmmiger

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[17/0037] wieder gehn. Gegen Mittag fand ſich eine Menge Gaͤſte bey Akanten ein; Muſik, Ge- raͤuſch, alles verkuͤndigte die Freude eines Bankets, das ihr neuer Liebhaber gab. Wel- che Menſchenſeele, der Tages vorher die Be- ſitzerinn eines ſo frohen Hauſes Huͤftenſchmerz gemacht hatte, konnte einen ſolchen Anblick ertragen! Augenblicklich fand er die lange ge- ſuchte Entſchließung: der Aerger half ihm auf die Beine, er gieng und uͤbergab allen zwey und dreißig Winden des Himmels ein dreymaliges lautes — Akante! in eben ſo viele vernehmliche Seufzer eingepackt. Er gieng. Kaum hatte er eine kleine Strecke zuruͤckgelegt, als vor ſeinem Geſichte ein Habicht auf eine Taube herniederſchoß und die flatternde Huͤlfloſe wuͤrgte. Die Scene verſezte ihn in eine ſo tiefe Wehmuth, daß er ſich auf einen Raſenrand niederſezte und uͤber die lezten Reden ſeines Freundes Fromal ernſthaft nachdachte. Jndem er in ſeinen Gedankentraum ver- ſenkt daſaß, naͤherte ſich ihm ein Getoͤſe, das nichts geringers als einen Zank ankuͤndigte. Auf einmal erſchienen ein Trupp Knaben und Maͤdchen, an deſſen Spitze ein dickſtaͤmmiger B

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/37>, abgerufen am 24.11.2024.