gel durch eine Kostbarkeit abzuhelfen, die viel- leicht ihre Mörder in der Hitze der Verwü- stung zurückgelassen haben möchten. Unter vielen verderbten vortreflichen Sachen fanden sie ein Schächtelchen, von dem sie sich viel Gutes versprachen: auch betrog sie ihre Hof- nung nicht: sie öffneten es hurtig und fan- den einen einzigen Diamant von ungeheurer Größe darinne. Jhr Appetit wurde durch den Fund rege gemacht, und sie suchten wei- ter; sie entdeckten noch etliche kleinere und andre tragbare Sachen von Werthe, die sie sorgfältig in die abgelegensten Winkel ihres Körpers versteckten. Darauf machten sie sich gefaßt, diesen Ort des Entsetzens so schnell als möglich zu verlassen. Sie war- fen noch einen mitleidigen Blick auf ihre da- liegenden Mitbrüder, obgleich aller Vermu- thung gemäß kein einziger Christ darunter seyn mochte, als sie eine Bewegung an einem Haufen wahrnahmen. Da sie erwarteten, daß es gleichfalls ein Verwundeter seyn wer- de, der sich, wie sie, zum Leben emporarbei- ten wolle, so vereinigten sie ihre Hülfe, die todten Körper abzuwälzen. Kaum hatten sie sechs oder achte abgeworfen, als einer seine
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gel durch eine Koſtbarkeit abzuhelfen, die viel- leicht ihre Moͤrder in der Hitze der Verwuͤ- ſtung zuruͤckgelaſſen haben moͤchten. Unter vielen verderbten vortreflichen Sachen fanden ſie ein Schaͤchtelchen, von dem ſie ſich viel Gutes verſprachen: auch betrog ſie ihre Hof- nung nicht: ſie oͤffneten es hurtig und fan- den einen einzigen Diamant von ungeheurer Groͤße darinne. Jhr Appetit wurde durch den Fund rege gemacht, und ſie ſuchten wei- ter; ſie entdeckten noch etliche kleinere und andre tragbare Sachen von Werthe, die ſie ſorgfaͤltig in die abgelegenſten Winkel ihres Koͤrpers verſteckten. Darauf machten ſie ſich gefaßt, dieſen Ort des Entſetzens ſo ſchnell als moͤglich zu verlaſſen. Sie war- fen noch einen mitleidigen Blick auf ihre da- liegenden Mitbruͤder, obgleich aller Vermu- thung gemaͤß kein einziger Chriſt darunter ſeyn mochte, als ſie eine Bewegung an einem Haufen wahrnahmen. Da ſie erwarteten, daß es gleichfalls ein Verwundeter ſeyn wer- de, der ſich, wie ſie, zum Leben emporarbei- ten wolle, ſo vereinigten ſie ihre Huͤlfe, die todten Koͤrper abzuwaͤlzen. Kaum hatten ſie ſechs oder achte abgeworfen, als einer ſeine
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gel durch eine Koſtbarkeit abzuhelfen, die viel-
leicht ihre Moͤrder in der Hitze der Verwuͤ-
ſtung zuruͤckgelaſſen haben moͤchten. Unter
vielen verderbten vortreflichen Sachen fanden
ſie ein Schaͤchtelchen, von dem ſie ſich viel
Gutes verſprachen: auch betrog ſie ihre Hof-
nung nicht: ſie oͤffneten es hurtig und fan-
den einen einzigen Diamant von ungeheurer
Groͤße darinne. Jhr Appetit wurde durch
den Fund rege gemacht, und ſie ſuchten wei-
ter; ſie entdeckten noch etliche kleinere und
andre tragbare Sachen von Werthe, die ſie
ſorgfaͤltig in die abgelegenſten Winkel ihres
Koͤrpers verſteckten. Darauf machten ſie
ſich gefaßt, dieſen Ort des Entſetzens ſo
ſchnell als moͤglich zu verlaſſen. Sie war-
fen noch einen mitleidigen Blick auf ihre da-
liegenden Mitbruͤder, obgleich aller Vermu-
thung gemaͤß kein einziger Chriſt darunter
ſeyn mochte, als ſie eine Bewegung an einem
Haufen wahrnahmen. Da ſie erwarteten,
daß es gleichfalls ein Verwundeter ſeyn wer-
de, der ſich, wie ſie, zum Leben emporarbei-
ten wolle, ſo vereinigten ſie ihre Huͤlfe, die
todten Koͤrper abzuwaͤlzen. Kaum hatten ſie
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/169>, abgerufen am 25.11.2024.
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