gen oder unglücklich machen zu wollen! -- seufzte Belphegor.
Auf das Glück der Menschen ist es nie- manden noch angekommen. Die Menschen, lehrte mich Fra Paolo, wollen über einan- der, das ist der Endzweck ihres Daseyns: da aber nur wenige über die andern seyn kön- nen, so müssen die meisten unter andern seyn: folglich muß sich jeder bestreben, so sehr als möglich sich der Klasse "über" zu nähern, wenn er nicht ganz darein rücken kann: das gilt nun gleich, wie er dahin kömmt und andre unter sich bringt; kann er sie nicht bereden, daß sie ihm weichen, so drängt er sich mit Gewalt durch: wer im Ge- dränge erdrückt wird, wird erdrückt; warum geht er nicht freywillig aus dem Wege? So haben die Menschen von Ewigkeit her gehan- delt, und es ist nichts löblicher, als daß man eben so handelt. -- So belehrte er mich, als ich noch zu furchtsam war, die Leute mit gif- tigen Federn zu füttern. Als ich in der Fol- ge die Kirchengeschichte etwas mehr studirte, so fand ich, daß Fra Paolo die reine Wahr- heit gesagt hatte. Wenn man nicht weiter kann, fand ich, so muß man die Leute tumm
G 3
gen oder ungluͤcklich machen zu wollen! — ſeufzte Belphegor.
Auf das Gluͤck der Menſchen iſt es nie- manden noch angekommen. Die Menſchen, lehrte mich Fra Paolo, wollen uͤber einan- der, das iſt der Endzweck ihres Daſeyns: da aber nur wenige uͤber die andern ſeyn koͤn- nen, ſo muͤſſen die meiſten unter andern ſeyn: folglich muß ſich jeder beſtreben, ſo ſehr als moͤglich ſich der Klaſſe „uͤber‟ zu naͤhern, wenn er nicht ganz darein ruͤcken kann: das gilt nun gleich, wie er dahin koͤmmt und andre unter ſich bringt; kann er ſie nicht bereden, daß ſie ihm weichen, ſo draͤngt er ſich mit Gewalt durch: wer im Ge- draͤnge erdruͤckt wird, wird erdruͤckt; warum geht er nicht freywillig aus dem Wege? So haben die Menſchen von Ewigkeit her gehan- delt, und es iſt nichts loͤblicher, als daß man eben ſo handelt. — So belehrte er mich, als ich noch zu furchtſam war, die Leute mit gif- tigen Federn zu fuͤttern. Als ich in der Fol- ge die Kirchengeſchichte etwas mehr ſtudirte, ſo fand ich, daß Fra Paolo die reine Wahr- heit geſagt hatte. Wenn man nicht weiter kann, fand ich, ſo muß man die Leute tumm
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gen oder ungluͤcklich machen zu wollen! —
ſeufzte Belphegor.
Auf das Gluͤck der Menſchen iſt es nie-
manden noch angekommen. Die Menſchen,
lehrte mich Fra Paolo, wollen uͤber einan-
der, das iſt der Endzweck ihres Daſeyns: da
aber nur wenige uͤber die andern ſeyn koͤn-
nen, ſo muͤſſen die meiſten unter andern
ſeyn: folglich muß ſich jeder beſtreben, ſo
ſehr als moͤglich ſich der Klaſſe „uͤber‟ zu
naͤhern, wenn er nicht ganz darein ruͤcken
kann: das gilt nun gleich, wie er dahin
koͤmmt und andre unter ſich bringt; kann er
ſie nicht bereden, daß ſie ihm weichen, ſo
draͤngt er ſich mit Gewalt durch: wer im Ge-
draͤnge erdruͤckt wird, wird erdruͤckt; warum
geht er nicht freywillig aus dem Wege? So
haben die Menſchen von Ewigkeit her gehan-
delt, und es iſt nichts loͤblicher, als daß man
eben ſo handelt. — So belehrte er mich, als
ich noch zu furchtſam war, die Leute mit gif-
tigen Federn zu fuͤttern. Als ich in der Fol-
ge die Kirchengeſchichte etwas mehr ſtudirte,
ſo fand ich, daß Fra Paolo die reine Wahr-
heit geſagt hatte. Wenn man nicht weiter
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/121>, abgerufen am 24.11.2024.
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