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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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werden mit der Harpune gefangen, sind aber so schnell, daß
man selten einen bekommt. Obwohl wir im Laufe der Reise
vielen Tausenden dieser Thiere begegneten, fingen wir nur zwei,
die beide vom Bootsmann harpunirt wurden. Merkwürdig ist
es, daß die Herde, mag sie noch so groß sein, sofort spurlos
verschwindet, sobald ein Thier harpunirt oder auch nur ver-
wundet wird. Nach altem seemännischen Glauben sollen die
Tümmler stets nach der Richtung ziehen, aus welcher man
den Wind erwarten darf. Es verhält sich jedoch damit, wie
mit den meisten Wetterregeln, sie treffen eben so oft zu, wie
nicht. Delphine und Bonniten sind leichter zu erlegen als
Tümmler. Sie ziehen gewöhnlich in grader Linie und mit
derselben Geschwindigkeit wie das Schiff selbst, vor dem Bug
desselben und nahe unter der Oberfläche hin, um sich die
Jagd auf fliegende Fische bequem zu machen, die ihr Nahrungs-
mittel bilden. Diese werden nämlich durch das Geräusch des
Schiffes, das letzteres beim durchschneiden des Wassers macht,
aufgescheucht und fliegen dann Strecken von hundert und mehr
Fuß, um in dem Augenblicke, wo sie wieder das Wasser be-
rühren von ihren mit gleicher Schnelligkeit folgenden Feinden
erschnappt zu werden.

Die etwa einen Meter langen Delphine, deren wunderbares
Farbenspiel beim Sterben auch in das Reich der Fabel gehört,
oder wenigstens sehr übertrieben ist, werden mit dem neun-
zackigen Elger harpunirt, die Bonniten dagegen mit Angeln
gefangen, deren Köder, einen blanken Zinnfisch, man auf der
Wasseroberfläche hüpfen läßt. Bei beiden Arten ist das Jagd-
vergnügen die Hauptsache. Das Fleisch des Tümmlers schmeckt
ziemlich gut, Delphin und Bonnit sind jedoch äußerst trocken
und ersterer wird immer mit einem silbernen Löffel gekocht und
nur mit Mißtrauen gegessen. Er soll sehr häufig giftig sein,
namentlich in der Nähe der africanischen Küste, wo der Meeres-
boden kupferhaltig ist. Ein äußerst schmackhaftes und stets

Werner
werden mit der Harpune gefangen, ſind aber ſo ſchnell, daß
man ſelten einen bekommt. Obwohl wir im Laufe der Reiſe
vielen Tauſenden dieſer Thiere begegneten, fingen wir nur zwei,
die beide vom Bootsmann harpunirt wurden. Merkwürdig iſt
es, daß die Herde, mag ſie noch ſo groß ſein, ſofort ſpurlos
verſchwindet, ſobald ein Thier harpunirt oder auch nur ver-
wundet wird. Nach altem ſeemänniſchen Glauben ſollen die
Tümmler ſtets nach der Richtung ziehen, aus welcher man
den Wind erwarten darf. Es verhält ſich jedoch damit, wie
mit den meiſten Wetterregeln, ſie treffen eben ſo oft zu, wie
nicht. Delphine und Bonniten ſind leichter zu erlegen als
Tümmler. Sie ziehen gewöhnlich in grader Linie und mit
derſelben Geſchwindigkeit wie das Schiff ſelbſt, vor dem Bug
deſſelben und nahe unter der Oberfläche hin, um ſich die
Jagd auf fliegende Fiſche bequem zu machen, die ihr Nahrungs-
mittel bilden. Dieſe werden nämlich durch das Geräuſch des
Schiffes, das letzteres beim durchſchneiden des Waſſers macht,
aufgeſcheucht und fliegen dann Strecken von hundert und mehr
Fuß, um in dem Augenblicke, wo ſie wieder das Waſſer be-
rühren von ihren mit gleicher Schnelligkeit folgenden Feinden
erſchnappt zu werden.

Die etwa einen Meter langen Delphine, deren wunderbares
Farbenſpiel beim Sterben auch in das Reich der Fabel gehört,
oder wenigſtens ſehr übertrieben iſt, werden mit dem neun-
zackigen Elger harpunirt, die Bonniten dagegen mit Angeln
gefangen, deren Köder, einen blanken Zinnfiſch, man auf der
Waſſeroberfläche hüpfen läßt. Bei beiden Arten iſt das Jagd-
vergnügen die Hauptſache. Das Fleiſch des Tümmlers ſchmeckt
ziemlich gut, Delphin und Bonnit ſind jedoch äußerſt trocken
und erſterer wird immer mit einem ſilbernen Löffel gekocht und
nur mit Mißtrauen gegeſſen. Er ſoll ſehr häufig giftig ſein,
namentlich in der Nähe der africaniſchen Küſte, wo der Meeres-
boden kupferhaltig iſt. Ein äußerſt ſchmackhaftes und ſtets

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[54/0066] Werner werden mit der Harpune gefangen, ſind aber ſo ſchnell, daß man ſelten einen bekommt. Obwohl wir im Laufe der Reiſe vielen Tauſenden dieſer Thiere begegneten, fingen wir nur zwei, die beide vom Bootsmann harpunirt wurden. Merkwürdig iſt es, daß die Herde, mag ſie noch ſo groß ſein, ſofort ſpurlos verſchwindet, ſobald ein Thier harpunirt oder auch nur ver- wundet wird. Nach altem ſeemänniſchen Glauben ſollen die Tümmler ſtets nach der Richtung ziehen, aus welcher man den Wind erwarten darf. Es verhält ſich jedoch damit, wie mit den meiſten Wetterregeln, ſie treffen eben ſo oft zu, wie nicht. Delphine und Bonniten ſind leichter zu erlegen als Tümmler. Sie ziehen gewöhnlich in grader Linie und mit derſelben Geſchwindigkeit wie das Schiff ſelbſt, vor dem Bug deſſelben und nahe unter der Oberfläche hin, um ſich die Jagd auf fliegende Fiſche bequem zu machen, die ihr Nahrungs- mittel bilden. Dieſe werden nämlich durch das Geräuſch des Schiffes, das letzteres beim durchſchneiden des Waſſers macht, aufgeſcheucht und fliegen dann Strecken von hundert und mehr Fuß, um in dem Augenblicke, wo ſie wieder das Waſſer be- rühren von ihren mit gleicher Schnelligkeit folgenden Feinden erſchnappt zu werden. Die etwa einen Meter langen Delphine, deren wunderbares Farbenſpiel beim Sterben auch in das Reich der Fabel gehört, oder wenigſtens ſehr übertrieben iſt, werden mit dem neun- zackigen Elger harpunirt, die Bonniten dagegen mit Angeln gefangen, deren Köder, einen blanken Zinnfiſch, man auf der Waſſeroberfläche hüpfen läßt. Bei beiden Arten iſt das Jagd- vergnügen die Hauptſache. Das Fleiſch des Tümmlers ſchmeckt ziemlich gut, Delphin und Bonnit ſind jedoch äußerſt trocken und erſterer wird immer mit einem ſilbernen Löffel gekocht und nur mit Mißtrauen gegeſſen. Er ſoll ſehr häufig giftig ſein, namentlich in der Nähe der africaniſchen Küſte, wo der Meeres- boden kupferhaltig iſt. Ein äußerſt ſchmackhaftes und ſtets

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/66>, abgerufen am 03.05.2024.