Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.Werner ben, dann und wann die Freiwilligen, welche in Stelle desverjagten regulären Militärs getreten waren, zu mustern oder mit einem Gefolge von Straßenjungen auf einem Esel durch die Stadt zu reiten und sich vom niederen Volk bewundern zu lassen. Er war ein stattlicher, ja man kann wol sagen ein schöner Mann und gar oft konnte man von Frauenlippen die Worte hören: "bendita sea la madre, que te pario!" -- "gesegnet sei die Mutter, die Dich geboren!" -- eine Huldigung, die der Tribun mit freundlichem Nicken entgegennahm. Sonst kümmerte sich eigentlich Niemand viel um ihn. Es herrschte vollkommene Ruhe und auch die Deutschen selbst glaubten nicht an eine ernstliche Störung derselben, um so weniger, als die Regie- rungstruppen begannen, etwas Energie in Unterdrückung der communistischen Bewegungen zu entwickeln. Unter Zurücklassung der "Elisabeth" und des "Delphin" ging deshalb der "Friedrich Karl" weiter ostwärts, um die übrigen Hafenstädte Spaniens zu besuchen und die deutsche Flagge zu zeigen, und zwar zu- nächst nach Barcelona. Auch dort herrschte wie in Malaga Ruhe, so daß bis auf weiteres keine Gefährdung der Deutschen zu fürchten war. Nach achttägigem Aufenthalte steuerten wir nach Tarragona. Werner ben, dann und wann die Freiwilligen, welche in Stelle desverjagten regulären Militärs getreten waren, zu muſtern oder mit einem Gefolge von Straßenjungen auf einem Eſel durch die Stadt zu reiten und ſich vom niederen Volk bewundern zu laſſen. Er war ein ſtattlicher, ja man kann wol ſagen ein ſchöner Mann und gar oft konnte man von Frauenlippen die Worte hören: „bendita sea la madre, que te parió!“ — „geſegnet ſei die Mutter, die Dich geboren!“ — eine Huldigung, die der Tribun mit freundlichem Nicken entgegennahm. Sonſt kümmerte ſich eigentlich Niemand viel um ihn. Es herrſchte vollkommene Ruhe und auch die Deutſchen ſelbſt glaubten nicht an eine ernſtliche Störung derſelben, um ſo weniger, als die Regie- rungstruppen begannen, etwas Energie in Unterdrückung der communiſtiſchen Bewegungen zu entwickeln. Unter Zurücklaſſung der „Eliſabeth“ und des „Delphin“ ging deshalb der „Friedrich Karl“ weiter oſtwärts, um die übrigen Hafenſtädte Spaniens zu beſuchen und die deutſche Flagge zu zeigen, und zwar zu- nächſt nach Barcelona. Auch dort herrſchte wie in Malaga Ruhe, ſo daß bis auf weiteres keine Gefährdung der Deutſchen zu fürchten war. Nach achttägigem Aufenthalte ſteuerten wir nach Tarragona. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0396" n="384"/><fw place="top" type="header">Werner</fw><lb/> ben, dann und wann die Freiwilligen, welche in Stelle des<lb/> verjagten regulären Militärs getreten waren, zu muſtern oder<lb/> mit einem Gefolge von Straßenjungen auf einem Eſel durch<lb/> die Stadt zu reiten und ſich vom niederen Volk bewundern zu<lb/> laſſen. Er war ein ſtattlicher, ja man kann wol ſagen ein<lb/> ſchöner Mann und gar oft konnte man von Frauenlippen die<lb/> Worte hören: <hi rendition="#aq">„bendita sea la madre, que te parió!“</hi> —<lb/> „geſegnet ſei die Mutter, die Dich geboren!“ — eine Huldigung,<lb/> die der Tribun mit freundlichem Nicken entgegennahm. Sonſt<lb/> kümmerte ſich eigentlich Niemand viel um ihn. Es herrſchte<lb/> vollkommene Ruhe und auch die Deutſchen ſelbſt glaubten nicht an<lb/> eine ernſtliche Störung derſelben, um ſo weniger, als die Regie-<lb/> rungstruppen begannen, etwas Energie in Unterdrückung der<lb/> communiſtiſchen Bewegungen zu entwickeln. Unter Zurücklaſſung<lb/> der „Eliſabeth“ und des „Delphin“ ging deshalb der „Friedrich<lb/> Karl“ weiter oſtwärts, um die übrigen Hafenſtädte Spaniens<lb/> zu beſuchen und die deutſche Flagge zu zeigen, und zwar zu-<lb/> nächſt nach Barcelona. Auch dort herrſchte wie in Malaga<lb/> Ruhe, ſo daß bis auf weiteres keine Gefährdung der Deutſchen<lb/> zu fürchten war.</p><lb/> <p>Nach achttägigem Aufenthalte ſteuerten wir nach Tarragona.<lb/> Hier befanden ſich zwar nur zwei Deutſche, unſer Conſul und<lb/> ſein Aſſoci<hi rendition="#aq">é</hi>, aber faſt der geſammte Exporthandel der Stadt<lb/> ruhte in ihren Händen. Sie ſind die Beſitzer einer Weinfabrik,<lb/> wie ſie in ſolcher Bedeutung wol kaum wieder zu finden iſt.<lb/> Tarragona iſt ganz von Weinbergen umgeben, deren ſämmtliche<lb/> Erträge vom deutſchen Conſul gepachtet ſind, in ſeinen Kellern<lb/> und Etabliſſements verarbeitet werden und mit den verſchieden-<lb/> ſten Marken daraus hervorgehen. Um einen Begriff von der<lb/> Größe dieſes Geſchäfts zu geben, ſei erwähnt, daß daſſelbe in<lb/> den letzten drei Monaten für 1 ¼ Million ſpaniſcher Thaler<lb/> Wein ausgeführt hatte. Das Wort „Weinfabrik“ klingt bei<lb/> uns zwar etwas anrüchig, iſt es aber in Spanien nicht. Man<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [384/0396]
Werner
ben, dann und wann die Freiwilligen, welche in Stelle des
verjagten regulären Militärs getreten waren, zu muſtern oder
mit einem Gefolge von Straßenjungen auf einem Eſel durch
die Stadt zu reiten und ſich vom niederen Volk bewundern zu
laſſen. Er war ein ſtattlicher, ja man kann wol ſagen ein
ſchöner Mann und gar oft konnte man von Frauenlippen die
Worte hören: „bendita sea la madre, que te parió!“ —
„geſegnet ſei die Mutter, die Dich geboren!“ — eine Huldigung,
die der Tribun mit freundlichem Nicken entgegennahm. Sonſt
kümmerte ſich eigentlich Niemand viel um ihn. Es herrſchte
vollkommene Ruhe und auch die Deutſchen ſelbſt glaubten nicht an
eine ernſtliche Störung derſelben, um ſo weniger, als die Regie-
rungstruppen begannen, etwas Energie in Unterdrückung der
communiſtiſchen Bewegungen zu entwickeln. Unter Zurücklaſſung
der „Eliſabeth“ und des „Delphin“ ging deshalb der „Friedrich
Karl“ weiter oſtwärts, um die übrigen Hafenſtädte Spaniens
zu beſuchen und die deutſche Flagge zu zeigen, und zwar zu-
nächſt nach Barcelona. Auch dort herrſchte wie in Malaga
Ruhe, ſo daß bis auf weiteres keine Gefährdung der Deutſchen
zu fürchten war.
Nach achttägigem Aufenthalte ſteuerten wir nach Tarragona.
Hier befanden ſich zwar nur zwei Deutſche, unſer Conſul und
ſein Aſſocié, aber faſt der geſammte Exporthandel der Stadt
ruhte in ihren Händen. Sie ſind die Beſitzer einer Weinfabrik,
wie ſie in ſolcher Bedeutung wol kaum wieder zu finden iſt.
Tarragona iſt ganz von Weinbergen umgeben, deren ſämmtliche
Erträge vom deutſchen Conſul gepachtet ſind, in ſeinen Kellern
und Etabliſſements verarbeitet werden und mit den verſchieden-
ſten Marken daraus hervorgehen. Um einen Begriff von der
Größe dieſes Geſchäfts zu geben, ſei erwähnt, daß daſſelbe in
den letzten drei Monaten für 1 ¼ Million ſpaniſcher Thaler
Wein ausgeführt hatte. Das Wort „Weinfabrik“ klingt bei
uns zwar etwas anrüchig, iſt es aber in Spanien nicht. Man
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