Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.Werner lichen Sporn nie die so leicht verwundbare Flanke, sondern stetsden eigenen Sporn zu zeigen. Die moderne Taktik besteht des- halb in dem Bestreben der Schiffe, stets direct auf den Feind loszudampfen, in nächster Nähe die Artillerie zur Wirkung zu bringen, einen Spornstoß zu versuchen und dabei an dem An- griffspunkte in der Uebermacht zu sein. Die Angriffsforma- tionen müssen demnach so gewählt werden, daß sie neben größter Compactheit und Beweglichkeit auch die volle Geschützwirkung zur Geltung kommen lassen. Den Schwerpunkt bildet dabei das Manövriren, und man darf die Behauptung aufstellen, daß selbst eine numerisch schwächere Partei den Sieg davon tragen wird, sobald sie mit ihren Schiffen besser zu manövriren versteht. Dies Manövriren mit Panzerschiffen erfordert aber eben so viel see- männisches Geschick wie lange Uebung. In früheren Zeiten, wo sich Kriegsschiffe im Allgemeinen Werner lichen Sporn nie die ſo leicht verwundbare Flanke, ſondern ſtetsden eigenen Sporn zu zeigen. Die moderne Taktik beſteht des- halb in dem Beſtreben der Schiffe, ſtets direct auf den Feind loszudampfen, in nächſter Nähe die Artillerie zur Wirkung zu bringen, einen Spornſtoß zu verſuchen und dabei an dem An- griffspunkte in der Uebermacht zu ſein. Die Angriffsforma- tionen müſſen demnach ſo gewählt werden, daß ſie neben größter Compactheit und Beweglichkeit auch die volle Geſchützwirkung zur Geltung kommen laſſen. Den Schwerpunkt bildet dabei das Manövriren, und man darf die Behauptung aufſtellen, daß ſelbſt eine numeriſch ſchwächere Partei den Sieg davon tragen wird, ſobald ſie mit ihren Schiffen beſſer zu manövriren verſteht. Dies Manövriren mit Panzerſchiffen erfordert aber eben ſo viel ſee- männiſches Geſchick wie lange Uebung. In früheren Zeiten, wo ſich Kriegsſchiffe im Allgemeinen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0372" n="360"/><fw place="top" type="header">Werner</fw><lb/> lichen Sporn nie die ſo leicht verwundbare Flanke, ſondern ſtets<lb/> den eigenen Sporn zu zeigen. Die moderne Taktik beſteht des-<lb/> halb in dem Beſtreben der Schiffe, ſtets direct auf den Feind<lb/> loszudampfen, in nächſter Nähe die Artillerie zur Wirkung zu<lb/> bringen, einen Spornſtoß zu verſuchen und dabei an dem An-<lb/> griffspunkte in der Uebermacht zu ſein. Die Angriffsforma-<lb/> tionen müſſen demnach ſo gewählt werden, daß ſie neben größter<lb/> Compactheit und Beweglichkeit auch die volle Geſchützwirkung<lb/> zur Geltung kommen laſſen. Den Schwerpunkt bildet dabei das<lb/> Manövriren, und man darf die Behauptung aufſtellen, daß ſelbſt<lb/> eine numeriſch ſchwächere Partei den Sieg davon tragen wird,<lb/> ſobald ſie mit ihren Schiffen beſſer zu manövriren verſteht. Dies<lb/> Manövriren mit Panzerſchiffen erfordert aber eben ſo viel ſee-<lb/> männiſches Geſchick wie lange Uebung.</p><lb/> <p>In früheren Zeiten, wo ſich Kriegsſchiffe im Allgemeinen<lb/> nur durch ihre Größe unterſchieden, ſonſt aber nach denſelben<lb/> Principien gebaut waren und die bewegende Kraft, der Wind,<lb/> ſo ziemlich dieſelbe Wirkung auf alle übte, konnte der Comman-<lb/> dant, welcher heute eine kleine Corvette befehligte, morgen eben-<lb/> ſo gut mit dem größten Linienſchiffe manövriren. Das hat ſich<lb/> jetzt geändert; die modernen Panzercoloſſe ſind einmal ſehr ver-<lb/> ſchieden conſtruirt, um den ſich reißend ſchnell folgenden Er-<lb/> findungen und Verbeſſerungen Rechnung zu tragen und ſodann<lb/> manövriren ſie durchaus nicht gleichmäßig. Es iſt bis jetzt der<lb/> Technik nicht gelungen, ihnen mit Sicherheit diejenigen nautiſchen<lb/> Eigenſchaften zu geben, wie ſie die früheren Segelſchiffe beſaßen.<lb/> Von zwei gleich großen Panzern ſteuert der eine gut, der andere<lb/> ſchlecht, der erſte gebraucht vier Minuten zur Beſchreibung eines<lb/> Kreiſes, der zweite die doppelte Zeit, jener macht ſchon bei ge-<lb/> ringem Seegange ſehr tiefe ſeitliche Schwankungen, dieſer nicht.<lb/> Die modernen Schlachtſchiffe ſind Individuen, von denen jedes<lb/> ſeine beſonderen Eigenſchaften beſitzt; dieſe wollen gekannt ſein und<lb/> eine ſolche Kenntniß läßt ſich nur durch ſehr lange Uebung erreichen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [360/0372]
Werner
lichen Sporn nie die ſo leicht verwundbare Flanke, ſondern ſtets
den eigenen Sporn zu zeigen. Die moderne Taktik beſteht des-
halb in dem Beſtreben der Schiffe, ſtets direct auf den Feind
loszudampfen, in nächſter Nähe die Artillerie zur Wirkung zu
bringen, einen Spornſtoß zu verſuchen und dabei an dem An-
griffspunkte in der Uebermacht zu ſein. Die Angriffsforma-
tionen müſſen demnach ſo gewählt werden, daß ſie neben größter
Compactheit und Beweglichkeit auch die volle Geſchützwirkung
zur Geltung kommen laſſen. Den Schwerpunkt bildet dabei das
Manövriren, und man darf die Behauptung aufſtellen, daß ſelbſt
eine numeriſch ſchwächere Partei den Sieg davon tragen wird,
ſobald ſie mit ihren Schiffen beſſer zu manövriren verſteht. Dies
Manövriren mit Panzerſchiffen erfordert aber eben ſo viel ſee-
männiſches Geſchick wie lange Uebung.
In früheren Zeiten, wo ſich Kriegsſchiffe im Allgemeinen
nur durch ihre Größe unterſchieden, ſonſt aber nach denſelben
Principien gebaut waren und die bewegende Kraft, der Wind,
ſo ziemlich dieſelbe Wirkung auf alle übte, konnte der Comman-
dant, welcher heute eine kleine Corvette befehligte, morgen eben-
ſo gut mit dem größten Linienſchiffe manövriren. Das hat ſich
jetzt geändert; die modernen Panzercoloſſe ſind einmal ſehr ver-
ſchieden conſtruirt, um den ſich reißend ſchnell folgenden Er-
findungen und Verbeſſerungen Rechnung zu tragen und ſodann
manövriren ſie durchaus nicht gleichmäßig. Es iſt bis jetzt der
Technik nicht gelungen, ihnen mit Sicherheit diejenigen nautiſchen
Eigenſchaften zu geben, wie ſie die früheren Segelſchiffe beſaßen.
Von zwei gleich großen Panzern ſteuert der eine gut, der andere
ſchlecht, der erſte gebraucht vier Minuten zur Beſchreibung eines
Kreiſes, der zweite die doppelte Zeit, jener macht ſchon bei ge-
ringem Seegange ſehr tiefe ſeitliche Schwankungen, dieſer nicht.
Die modernen Schlachtſchiffe ſind Individuen, von denen jedes
ſeine beſonderen Eigenſchaften beſitzt; dieſe wollen gekannt ſein und
eine ſolche Kenntniß läßt ſich nur durch ſehr lange Uebung erreichen.
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