Volkes gelebt, das die Freiheit und Einheit wollte, so lebte er jetzt weiter in der ersten thatsächlichen Erscheinung und Ver- körperung dieser Einheit, in der deutschen Flotte.
In der schwarzrothgoldenen Kriegsflagge zeigte sich der erste deutsche Aar, der die Raben der Zwietracht von den Pforten des deutschen Vaterlandes mit gewaltigem Flügelschlage zurückscheuchen, der sie in alle Winde zerstreuen, seine Schwingen entfalten und mit mächtigen Fängen die Feinde zermalmen sollte.
Solchen Gefühlen patriotischer Begeisterung hatten auch die Frauen und Jungfrauen der Stadt Brake, vor dem der "Barbarossa" zuerst Anker geworfen, einen beredten Ausdruck gegeben, als sie im Mai 1849 dem damaligen Kapitän Brommy eine kostbare, von ihnen für jenes Schiff gestickte Flagge über- gaben und diese selbst unter dem Hurrah der Flottenmannschaft und dem Donner der Kanonen hinaufzogen am Maste, wo sie fortan zum Ruhme und zur Ehre Deutschlands wehen sollte.
In seinem Danke hatte Brommy versprochen, sie unentweiht hoch zu halten in Krieg und Frieden und sich nicht von ihr zu trennen. Als dann nach so kurzer Zeit jene erträumte Herrlich- keit des deutschen Reiches so tief in den Staub sank und der deutsche Aar, anstatt seinen Flug zur Sonne zu richten, aber- mals, wenn auch glücklicher Weise auf nicht lange Zeit, trauernd das stolze Haupt unter den Flügeln barg, da fragten jene deut- schen Jungfrauen nach dem Schicksal ihrer Flagge, die für immer sich von der Gaffel niedergesenkt hatte.
Die Antwort des Admirals lautete folgendermaßen:
"Meine Damen! Durchdrungen von demselben Gefühle, welches Sie in diesem verhängnißvollen Augenblicke bewegt, wagte ich es, Ihrem Wunsche zuvorzukommen, als ich sah, daß die Stunde der Entscheidung für die deutsche Marine geschla- gen hatte.
Die mir in einer Zeit des Glaubens an ein einiges Deutschland von Ihnen an Bord des "Barbarossa" überreichte
Werner
Volkes gelebt, das die Freiheit und Einheit wollte, ſo lebte er jetzt weiter in der erſten thatſächlichen Erſcheinung und Ver- körperung dieſer Einheit, in der deutſchen Flotte.
In der ſchwarzrothgoldenen Kriegsflagge zeigte ſich der erſte deutſche Aar, der die Raben der Zwietracht von den Pforten des deutſchen Vaterlandes mit gewaltigem Flügelſchlage zurückſcheuchen, der ſie in alle Winde zerſtreuen, ſeine Schwingen entfalten und mit mächtigen Fängen die Feinde zermalmen ſollte.
Solchen Gefühlen patriotiſcher Begeiſterung hatten auch die Frauen und Jungfrauen der Stadt Brake, vor dem der „Barbaroſſa“ zuerſt Anker geworfen, einen beredten Ausdruck gegeben, als ſie im Mai 1849 dem damaligen Kapitän Brommy eine koſtbare, von ihnen für jenes Schiff geſtickte Flagge über- gaben und dieſe ſelbſt unter dem Hurrah der Flottenmannſchaft und dem Donner der Kanonen hinaufzogen am Maſte, wo ſie fortan zum Ruhme und zur Ehre Deutſchlands wehen ſollte.
In ſeinem Danke hatte Brommy verſprochen, ſie unentweiht hoch zu halten in Krieg und Frieden und ſich nicht von ihr zu trennen. Als dann nach ſo kurzer Zeit jene erträumte Herrlich- keit des deutſchen Reiches ſo tief in den Staub ſank und der deutſche Aar, anſtatt ſeinen Flug zur Sonne zu richten, aber- mals, wenn auch glücklicher Weiſe auf nicht lange Zeit, trauernd das ſtolze Haupt unter den Flügeln barg, da fragten jene deut- ſchen Jungfrauen nach dem Schickſal ihrer Flagge, die für immer ſich von der Gaffel niedergeſenkt hatte.
Die Antwort des Admirals lautete folgendermaßen:
„Meine Damen! Durchdrungen von demſelben Gefühle, welches Sie in dieſem verhängnißvollen Augenblicke bewegt, wagte ich es, Ihrem Wunſche zuvorzukommen, als ich ſah, daß die Stunde der Entſcheidung für die deutſche Marine geſchla- gen hatte.
Die mir in einer Zeit des Glaubens an ein einiges Deutſchland von Ihnen an Bord des „Barbaroſſa“ überreichte
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Werner
Volkes gelebt, das die Freiheit und Einheit wollte, ſo lebte er
jetzt weiter in der erſten thatſächlichen Erſcheinung und Ver-
körperung dieſer Einheit, in der deutſchen Flotte.
In der ſchwarzrothgoldenen Kriegsflagge zeigte ſich der
erſte deutſche Aar, der die Raben der Zwietracht von den
Pforten des deutſchen Vaterlandes mit gewaltigem Flügelſchlage
zurückſcheuchen, der ſie in alle Winde zerſtreuen, ſeine Schwingen
entfalten und mit mächtigen Fängen die Feinde zermalmen ſollte.
Solchen Gefühlen patriotiſcher Begeiſterung hatten auch die
Frauen und Jungfrauen der Stadt Brake, vor dem der
„Barbaroſſa“ zuerſt Anker geworfen, einen beredten Ausdruck
gegeben, als ſie im Mai 1849 dem damaligen Kapitän Brommy
eine koſtbare, von ihnen für jenes Schiff geſtickte Flagge über-
gaben und dieſe ſelbſt unter dem Hurrah der Flottenmannſchaft
und dem Donner der Kanonen hinaufzogen am Maſte, wo ſie
fortan zum Ruhme und zur Ehre Deutſchlands wehen ſollte.
In ſeinem Danke hatte Brommy verſprochen, ſie unentweiht
hoch zu halten in Krieg und Frieden und ſich nicht von ihr zu
trennen. Als dann nach ſo kurzer Zeit jene erträumte Herrlich-
keit des deutſchen Reiches ſo tief in den Staub ſank und der
deutſche Aar, anſtatt ſeinen Flug zur Sonne zu richten, aber-
mals, wenn auch glücklicher Weiſe auf nicht lange Zeit, trauernd
das ſtolze Haupt unter den Flügeln barg, da fragten jene deut-
ſchen Jungfrauen nach dem Schickſal ihrer Flagge, die für immer
ſich von der Gaffel niedergeſenkt hatte.
Die Antwort des Admirals lautete folgendermaßen:
„Meine Damen! Durchdrungen von demſelben Gefühle,
welches Sie in dieſem verhängnißvollen Augenblicke bewegt,
wagte ich es, Ihrem Wunſche zuvorzukommen, als ich ſah, daß
die Stunde der Entſcheidung für die deutſche Marine geſchla-
gen hatte.
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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/238>, abgerufen am 27.07.2024.
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