cipien der Biologie" ist und deshalb eine ins Einzelne gehende Durcharbeitung der Vererbungs-Erscheinungen nicht enthalten kann, so lässt sich doch seine Meinung darüber klar erkennen.
Einmal setzt sich der ganze Organismus aus diesen Ein- heiten zusammen, die alle untereinander gleich sind, dann aber enthalten auch die Keimzellen "kleine Gruppen" derselben. Das Erstere befähigt jeden hinreichend grossen Theil des Körpers zur Regeneration, das Letztere giebt der Keimzelle die Kraft, das Ganze aus sich hervorzubringen, Beides dadurch, dass die "Ein- heiten" mittelst ihrer "Polarität" bestrebt sind, sich so anzu- ordnen, dass dadurch der ganze Krystall -- der Organismus -- entweder blos wieder hergestellt, oder neu gebildet wird. Die blosse verschiedene Anordnung der in ihrem Wesen gleichen Einheiten also bedingt die Verschiedenheit der Körpertheile, die Verschiedenheit der Arten aber und auch die der In- dividuen wird auf eine Verschiedenheit in der Zusammen- setzung der "Einheiten" bezogen.
Die Einheiten des Individuums sind also gewissermassen in physiologischem Sinne proteusartig; sie können sich in un- endlich vielfältiger Weise zusammenordnen und bilden so die verschiedenartigsten Zellen, Gewebe, Organe und Körpertheile; sie thun dies aber immer nur unter dem dirigirenden Einfluss des Ganzen, so zwar, dass das Ganze den Einheiten eines Theiles die Nothwendigkeit aufzwingt, sich gerade so anzuordnen, wie es zum Zustandekommen des für die Harmonie des Ganzen noch erforderlichen Theiles nöthig ist. Spencer sagt darüber: "es scheint zunächst schwierig, sich vorzustellen, dass sich dies so verhalten könne; allein wir sehen, dass es so ist. Gruppen von Einheiten, die wir aus einem Organismus herausnehmen, besitzen in der That dieses Vermögen, das Ganze von Neuem aufzubauen, und wir sind somit genöthigt, anzuerkennen, dass allen Theilen des Organismus das Streben innewohne, die
cipien der Biologie“ ist und deshalb eine ins Einzelne gehende Durcharbeitung der Vererbungs-Erscheinungen nicht enthalten kann, so lässt sich doch seine Meinung darüber klar erkennen.
Einmal setzt sich der ganze Organismus aus diesen Ein- heiten zusammen, die alle untereinander gleich sind, dann aber enthalten auch die Keimzellen „kleine Gruppen“ derselben. Das Erstere befähigt jeden hinreichend grossen Theil des Körpers zur Regeneration, das Letztere giebt der Keimzelle die Kraft, das Ganze aus sich hervorzubringen, Beides dadurch, dass die „Ein- heiten“ mittelst ihrer „Polarität“ bestrebt sind, sich so anzu- ordnen, dass dadurch der ganze Krystall — der Organismus — entweder blos wieder hergestellt, oder neu gebildet wird. Die blosse verschiedene Anordnung der in ihrem Wesen gleichen Einheiten also bedingt die Verschiedenheit der Körpertheile, die Verschiedenheit der Arten aber und auch die der In- dividuen wird auf eine Verschiedenheit in der Zusammen- setzung der „Einheiten“ bezogen.
Die Einheiten des Individuums sind also gewissermassen in physiologischem Sinne proteusartig; sie können sich in un- endlich vielfältiger Weise zusammenordnen und bilden so die verschiedenartigsten Zellen, Gewebe, Organe und Körpertheile; sie thun dies aber immer nur unter dem dirigirenden Einfluss des Ganzen, so zwar, dass das Ganze den Einheiten eines Theiles die Nothwendigkeit aufzwingt, sich gerade so anzuordnen, wie es zum Zustandekommen des für die Harmonie des Ganzen noch erforderlichen Theiles nöthig ist. Spencer sagt darüber: „es scheint zunächst schwierig, sich vorzustellen, dass sich dies so verhalten könne; allein wir sehen, dass es so ist. Gruppen von Einheiten, die wir aus einem Organismus herausnehmen, besitzen in der That dieses Vermögen, das Ganze von Neuem aufzubauen, und wir sind somit genöthigt, anzuerkennen, dass allen Theilen des Organismus das Streben innewohne, die
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cipien der Biologie“ ist und deshalb eine ins Einzelne gehende
Durcharbeitung der Vererbungs-Erscheinungen nicht enthalten
kann, so lässt sich doch seine Meinung darüber klar erkennen.
Einmal setzt sich der ganze Organismus aus diesen Ein-
heiten zusammen, die alle untereinander gleich sind, dann aber
enthalten auch die Keimzellen „kleine Gruppen“ derselben. Das
Erstere befähigt jeden hinreichend grossen Theil des Körpers zur
Regeneration, das Letztere giebt der Keimzelle die Kraft, das
Ganze aus sich hervorzubringen, Beides dadurch, dass die „Ein-
heiten“ mittelst ihrer „Polarität“ bestrebt sind, sich so anzu-
ordnen, dass dadurch der ganze Krystall — der Organismus —
entweder blos wieder hergestellt, oder neu gebildet wird. Die
blosse verschiedene Anordnung der in ihrem Wesen gleichen
Einheiten also bedingt die Verschiedenheit der Körpertheile,
die Verschiedenheit der Arten aber und auch die der In-
dividuen wird auf eine Verschiedenheit in der Zusammen-
setzung der „Einheiten“ bezogen.
Die Einheiten des Individuums sind also gewissermassen
in physiologischem Sinne proteusartig; sie können sich in un-
endlich vielfältiger Weise zusammenordnen und bilden so die
verschiedenartigsten Zellen, Gewebe, Organe und Körpertheile;
sie thun dies aber immer nur unter dem dirigirenden Einfluss
des Ganzen, so zwar, dass das Ganze den Einheiten eines Theiles
die Nothwendigkeit aufzwingt, sich gerade so anzuordnen, wie
es zum Zustandekommen des für die Harmonie des Ganzen noch
erforderlichen Theiles nöthig ist. Spencer sagt darüber: „es
scheint zunächst schwierig, sich vorzustellen, dass sich dies
so verhalten könne; allein wir sehen, dass es so ist. Gruppen
von Einheiten, die wir aus einem Organismus herausnehmen,
besitzen in der That dieses Vermögen, das Ganze von Neuem
aufzubauen, und wir sind somit genöthigt, anzuerkennen, dass
allen Theilen des Organismus das Streben innewohne, die
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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/26>, abgerufen am 24.11.2024.
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