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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892.

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von Fraisse von den dem Defekte benachbarten Zellen der Epi-
dermis aus. Auch hier sind es die tieferen, noch unverhornten
Schichten der Epidermis, welche das Material für den Wieder-
aufbau liefern. Nicht alle neu entstandenen Zellen aber liefern
dasselbe Gewebe; die Hauptmasse derselben zwar bildet die
geschichtete Epidermis selbst, andere aber "schliessen sich zu
perlförmigen Zellgruppen in der Tiefe der Epidermis aneinander
und gruppiren sich um einen idealen Mittelpunkt". "Dann
wandern von der Cutis her Bindegewebszellen ein und schnüren"
diese zehn bis zwanzig Zellen von der Epidermis ab. "Zu-
gleich wandern auch Pigmentzellen dazwischen und endlich ent-
stehen die glatten Muskeln".1) Ganz ähnlich bilden sich auch
neue Hautsinnesorgane; auch hier ballen sich im tieferen Theil
der neugebildeten Epidermis eine Anzahl von jungen Zellen
zu einem rundlichen soliden Haufen zusammen, die Zellen
strecken sich dann in die Länge, senkrecht auf die Oberfläche
der Haut und nun differenziren sich die in der Mitte liegenden
unter ihnen zu den Sinneszellen, die peripheren dagegen zu den
"Mantelzellen".

Man sieht, der Vorgang ist hier dadurch complicirt, dass
aus den jungen Epidermiszellen, welche durch Wucherung der
schon vorhandenen neu entstanden sind, verschiedene Zellarten
hervorgehen: gewöhnliche Epidermiszellen, Drüsenzellen, Sinnes-
zellen und Schutzzellen für die Sinneszellen (Mantelzellen), und
dass diese sich in ganz bestimmter, gewissermassen vorgeschrie-
bener Weise anordnen und lokalisiren. Offenbar kann man nicht
annehmen, dass die Bildungszellen, aus welchen diese verschie-
denen Zellenarten hervorgehen, wirklich identisch wären, wenn

1) Vergleiche: Fraisse, "Die Regeneration von Geweben und Or-
ganen bei den Wirbelthieren, besonders bei Amphibien und Reptilien".
Cassel und Berlin 1885.
Weismann, Das Keimplasma. 9

von Fraisse von den dem Defekte benachbarten Zellen der Epi-
dermis aus. Auch hier sind es die tieferen, noch unverhornten
Schichten der Epidermis, welche das Material für den Wieder-
aufbau liefern. Nicht alle neu entstandenen Zellen aber liefern
dasselbe Gewebe; die Hauptmasse derselben zwar bildet die
geschichtete Epidermis selbst, andere aber „schliessen sich zu
perlförmigen Zellgruppen in der Tiefe der Epidermis aneinander
und gruppiren sich um einen idealen Mittelpunkt“. „Dann
wandern von der Cutis her Bindegewebszellen ein und schnüren“
diese zehn bis zwanzig Zellen von der Epidermis ab. „Zu-
gleich wandern auch Pigmentzellen dazwischen und endlich ent-
stehen die glatten Muskeln“.1) Ganz ähnlich bilden sich auch
neue Hautsinnesorgane; auch hier ballen sich im tieferen Theil
der neugebildeten Epidermis eine Anzahl von jungen Zellen
zu einem rundlichen soliden Haufen zusammen, die Zellen
strecken sich dann in die Länge, senkrecht auf die Oberfläche
der Haut und nun differenziren sich die in der Mitte liegenden
unter ihnen zu den Sinneszellen, die peripheren dagegen zu den
„Mantelzellen“.

Man sieht, der Vorgang ist hier dadurch complicirt, dass
aus den jungen Epidermiszellen, welche durch Wucherung der
schon vorhandenen neu entstanden sind, verschiedene Zellarten
hervorgehen: gewöhnliche Epidermiszellen, Drüsenzellen, Sinnes-
zellen und Schutzzellen für die Sinneszellen (Mantelzellen), und
dass diese sich in ganz bestimmter, gewissermassen vorgeschrie-
bener Weise anordnen und lokalisiren. Offenbar kann man nicht
annehmen, dass die Bildungszellen, aus welchen diese verschie-
denen Zellenarten hervorgehen, wirklich identisch wären, wenn

1) Vergleiche: Fraisse, „Die Regeneration von Geweben und Or-
ganen bei den Wirbelthieren, besonders bei Amphibien und Reptilien“.
Cassel und Berlin 1885.
Weismann, Das Keimplasma. 9
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[129/0153] von Fraisse von den dem Defekte benachbarten Zellen der Epi- dermis aus. Auch hier sind es die tieferen, noch unverhornten Schichten der Epidermis, welche das Material für den Wieder- aufbau liefern. Nicht alle neu entstandenen Zellen aber liefern dasselbe Gewebe; die Hauptmasse derselben zwar bildet die geschichtete Epidermis selbst, andere aber „schliessen sich zu perlförmigen Zellgruppen in der Tiefe der Epidermis aneinander und gruppiren sich um einen idealen Mittelpunkt“. „Dann wandern von der Cutis her Bindegewebszellen ein und schnüren“ diese zehn bis zwanzig Zellen von der Epidermis ab. „Zu- gleich wandern auch Pigmentzellen dazwischen und endlich ent- stehen die glatten Muskeln“. 1) Ganz ähnlich bilden sich auch neue Hautsinnesorgane; auch hier ballen sich im tieferen Theil der neugebildeten Epidermis eine Anzahl von jungen Zellen zu einem rundlichen soliden Haufen zusammen, die Zellen strecken sich dann in die Länge, senkrecht auf die Oberfläche der Haut und nun differenziren sich die in der Mitte liegenden unter ihnen zu den Sinneszellen, die peripheren dagegen zu den „Mantelzellen“. Man sieht, der Vorgang ist hier dadurch complicirt, dass aus den jungen Epidermiszellen, welche durch Wucherung der schon vorhandenen neu entstanden sind, verschiedene Zellarten hervorgehen: gewöhnliche Epidermiszellen, Drüsenzellen, Sinnes- zellen und Schutzzellen für die Sinneszellen (Mantelzellen), und dass diese sich in ganz bestimmter, gewissermassen vorgeschrie- bener Weise anordnen und lokalisiren. Offenbar kann man nicht annehmen, dass die Bildungszellen, aus welchen diese verschie- denen Zellenarten hervorgehen, wirklich identisch wären, wenn 1) Vergleiche: Fraisse, „Die Regeneration von Geweben und Or- ganen bei den Wirbelthieren, besonders bei Amphibien und Reptilien“. Cassel und Berlin 1885. Weismann, Das Keimplasma. 9

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Zitationshilfe: Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/153>, abgerufen am 27.04.2024.