sie uns auch so erscheinen. Es kann unmöglich blos von äusseren Einwirkungen abhängen, ob sich eine derselben später zur Drüsen-, Horn- oder Sinneszelle umgestaltet, und zwar schon deshalb nicht, weil eine so regelmässige und lokalisirte Ver- schiedenheit äusserer Einwirkungen nicht angenommen werden kann. Die verschiedene Differenzirung der Bildungszellen muss also von ihrem eigenen Wesen abhängen, d. h. von den De- terminanten, welche in ihnen -- bisher in latentem Zustand -- enthalten waren und welche nun gereift sind und der Zelle einen specifischen Charakter aufprägen. Diese Bildungs- zellen müssen von vornherein verschiedene Determi- nanten enthalten.
Fraisse vergleicht die sichtbaren Vorgänge bei der Re- generation der Amphibienhaut mit denjenigen bei der Embryo- genese und findet beide im Wesentlichen gleich. So werden wir berechtigt sein, auch das, was man nicht sieht, die trans- mikroskopischen Vorgänge im Idioplasma, als homolog den embryonalen uns vorzustellen.
Wir gelangen dann zu der Annahme, dass in der sog. "Schleimschicht" der Epidermis eine Zellenmasse aufgeschichtet liegt, welche zwar dem Aussehen nach nur von einerlei Art ist, gerade wie die Embryonalzellen, welche die erste Anlage der Haut bilden, welche aber dennoch verschiedene Determi- nanten enthalten müssen. Ob die drei Determinanten-Arten, welche hier in Betracht kommen, in den Bildungszellen noch vereinigt beisammen liegen und sich erst auf besondere Zellen vertheilen, wenn die Regeneration einsetzt, oder ob sie von vorn- herein schon auf besondere Zellen verteilt sind, lässt sich kaum sagen; Beides ist denkbar. Wir können also annehmen, dass das Lager junger Zellen aus solchen mit Drüsen-Determinanten, aus anderen mit Hornzellen- und aus solchen mit Sinneszellen- Determinanten bestehen, und zwar von vornherein in einem
sie uns auch so erscheinen. Es kann unmöglich blos von äusseren Einwirkungen abhängen, ob sich eine derselben später zur Drüsen-, Horn- oder Sinneszelle umgestaltet, und zwar schon deshalb nicht, weil eine so regelmässige und lokalisirte Ver- schiedenheit äusserer Einwirkungen nicht angenommen werden kann. Die verschiedene Differenzirung der Bildungszellen muss also von ihrem eigenen Wesen abhängen, d. h. von den De- terminanten, welche in ihnen — bisher in latentem Zustand — enthalten waren und welche nun gereift sind und der Zelle einen specifischen Charakter aufprägen. Diese Bildungs- zellen müssen von vornherein verschiedene Determi- nanten enthalten.
Fraisse vergleicht die sichtbaren Vorgänge bei der Re- generation der Amphibienhaut mit denjenigen bei der Embryo- genese und findet beide im Wesentlichen gleich. So werden wir berechtigt sein, auch das, was man nicht sieht, die trans- mikroskopischen Vorgänge im Idioplasma, als homolog den embryonalen uns vorzustellen.
Wir gelangen dann zu der Annahme, dass in der sog. „Schleimschicht“ der Epidermis eine Zellenmasse aufgeschichtet liegt, welche zwar dem Aussehen nach nur von einerlei Art ist, gerade wie die Embryonalzellen, welche die erste Anlage der Haut bilden, welche aber dennoch verschiedene Determi- nanten enthalten müssen. Ob die drei Determinanten-Arten, welche hier in Betracht kommen, in den Bildungszellen noch vereinigt beisammen liegen und sich erst auf besondere Zellen vertheilen, wenn die Regeneration einsetzt, oder ob sie von vorn- herein schon auf besondere Zellen verteilt sind, lässt sich kaum sagen; Beides ist denkbar. Wir können also annehmen, dass das Lager junger Zellen aus solchen mit Drüsen-Determinanten, aus anderen mit Hornzellen- und aus solchen mit Sinneszellen- Determinanten bestehen, und zwar von vornherein in einem
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sie uns auch so erscheinen. Es kann unmöglich blos von
äusseren Einwirkungen abhängen, ob sich eine derselben später
zur Drüsen-, Horn- oder Sinneszelle umgestaltet, und zwar schon
deshalb nicht, weil eine so regelmässige und lokalisirte Ver-
schiedenheit äusserer Einwirkungen nicht angenommen werden
kann. Die verschiedene Differenzirung der Bildungszellen muss
also von ihrem eigenen Wesen abhängen, d. h. von den De-
terminanten, welche in ihnen — bisher in latentem Zustand —
enthalten waren und welche nun gereift sind und der Zelle
einen specifischen Charakter aufprägen. Diese Bildungs-
zellen müssen von vornherein verschiedene Determi-
nanten enthalten.
Fraisse vergleicht die sichtbaren Vorgänge bei der Re-
generation der Amphibienhaut mit denjenigen bei der Embryo-
genese und findet beide im Wesentlichen gleich. So werden
wir berechtigt sein, auch das, was man nicht sieht, die trans-
mikroskopischen Vorgänge im Idioplasma, als homolog den
embryonalen uns vorzustellen.
Wir gelangen dann zu der Annahme, dass in der sog.
„Schleimschicht“ der Epidermis eine Zellenmasse aufgeschichtet
liegt, welche zwar dem Aussehen nach nur von einerlei Art
ist, gerade wie die Embryonalzellen, welche die erste Anlage
der Haut bilden, welche aber dennoch verschiedene Determi-
nanten enthalten müssen. Ob die drei Determinanten-Arten,
welche hier in Betracht kommen, in den Bildungszellen noch
vereinigt beisammen liegen und sich erst auf besondere Zellen
vertheilen, wenn die Regeneration einsetzt, oder ob sie von vorn-
herein schon auf besondere Zellen verteilt sind, lässt sich kaum
sagen; Beides ist denkbar. Wir können also annehmen, dass
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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/154>, abgerufen am 24.11.2024.
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