Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.

Bild:
<< vorherige Seite

mentier-Collegium, und weil al-
lerhand Casus darinn vorkamen/
so ward einem vornehmen Manne
condolirt/ der sich bey der Kranck-
heit seiner Ehe-Liebsten was Ge-
fährliches besorgen muste. Wenig
Zeit darauff betraff mich das Un-
glück selber/ daß ich meiner eigenen
Liebsten nach Genesung eines jun-
gen Sohnes den Doctor und den
Beicht-Vater zugleich vor das
Wochen-Bette setzen muste. Da
wolte sich nun einer von meinen
Untergebenen trefflich recommen-
di
ren/ und complimentirte auch
mit meiner eigenen formul, die ich
vor diesem zur Probe dictirt hatte.
Das kam mir so wunderlich vor/
daß ich bald mitten in meinem
Haus-Creutze gelacht hätte. Denn
ich hatte gewiesen/ wie man einem
andern bereden und gleichsam
künstlich betriegen solte/ daß er ei-

nen

mentier-Collegium, und weil al-
lerhand Caſus darinn vorkamen/
ſo ward einem vornehmen Manne
condolirt/ der ſich bey der Kranck-
heit ſeiner Ehe-Liebſten was Ge-
faͤhrliches beſorgen muſte. Wenig
Zeit darauff betraff mich das Un-
gluͤck ſelber/ daß ich meiner eigenen
Liebſten nach Geneſung eines jun-
gen Sohnes den Doctor und den
Beicht-Vater zugleich vor das
Wochen-Bette ſetzen muſte. Da
wolte ſich nun einer von meinen
Untergebenen tꝛefflich recommen-
di
ren/ und complimentirte auch
mit meiner eigenen formul, die ich
vor dieſem zur Probe dictirt hatte.
Das kam mir ſo wunderlich vor/
daß ich bald mitten in meinem
Haus-Creutze gelacht haͤtte. Denn
ich hatte gewieſen/ wie man einem
andern bereden und gleichſam
kuͤnſtlich betriegen ſolte/ daß er ei-

nen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0090"/><hi rendition="#aq">men</hi>tier-<hi rendition="#aq">Collegium,</hi> und weil al-<lb/>
lerhand <hi rendition="#aq">Ca&#x017F;us</hi> darinn vorkamen/<lb/>
&#x017F;o ward einem vornehmen Manne<lb/><hi rendition="#aq">condoli</hi>rt/ der &#x017F;ich bey der Kranck-<lb/>
heit &#x017F;einer Ehe-Lieb&#x017F;ten was Ge-<lb/>
fa&#x0364;hrliches be&#x017F;orgen mu&#x017F;te. Wenig<lb/>
Zeit darauff betraff mich das Un-<lb/>
glu&#x0364;ck &#x017F;elber/ daß ich meiner eigenen<lb/>
Lieb&#x017F;ten nach Gene&#x017F;ung eines jun-<lb/>
gen Sohnes den <hi rendition="#aq">Doctor</hi> und den<lb/>
Beicht-Vater zugleich vor das<lb/>
Wochen-Bette &#x017F;etzen mu&#x017F;te. Da<lb/>
wolte &#x017F;ich nun einer von meinen<lb/>
Untergebenen t&#xA75B;efflich <hi rendition="#aq">recommen-<lb/>
di</hi>ren/ und <hi rendition="#aq">complimentir</hi>te auch<lb/>
mit meiner eigenen <hi rendition="#aq">formul,</hi> die ich<lb/>
vor die&#x017F;em zur Probe <hi rendition="#aq">dicti</hi>rt hatte.<lb/>
Das kam mir &#x017F;o wunderlich vor/<lb/>
daß ich bald mitten in meinem<lb/>
Haus-Creutze gelacht ha&#x0364;tte. Denn<lb/>
ich hatte gewie&#x017F;en/ wie man einem<lb/>
andern bereden und gleich&#x017F;am<lb/>
ku&#x0364;n&#x017F;tlich betriegen &#x017F;olte/ daß er ei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0090] mentier-Collegium, und weil al- lerhand Caſus darinn vorkamen/ ſo ward einem vornehmen Manne condolirt/ der ſich bey der Kranck- heit ſeiner Ehe-Liebſten was Ge- faͤhrliches beſorgen muſte. Wenig Zeit darauff betraff mich das Un- gluͤck ſelber/ daß ich meiner eigenen Liebſten nach Geneſung eines jun- gen Sohnes den Doctor und den Beicht-Vater zugleich vor das Wochen-Bette ſetzen muſte. Da wolte ſich nun einer von meinen Untergebenen tꝛefflich recommen- diren/ und complimentirte auch mit meiner eigenen formul, die ich vor dieſem zur Probe dictirt hatte. Das kam mir ſo wunderlich vor/ daß ich bald mitten in meinem Haus-Creutze gelacht haͤtte. Denn ich hatte gewieſen/ wie man einem andern bereden und gleichſam kuͤnſtlich betriegen ſolte/ daß er ei- nen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/90
Zitationshilfe: Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/90>, abgerufen am 23.11.2024.