Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.
ich bin zu gutwillig gewesen/ und habe zu viel getrauet/ daher kommt mein Ruin. Simpl. Und mich haben fromme Leute dar- zu gebracht/ denn wer hätte sichs kön- nen einbilden/ daß aus einer freundli- chen Jungfer/ und aus einem leibhaff- ten Engel so ein Rabenaas werden solte. Affl. Ach wie bange wird mirs thun/ wenn ich werde in den Schuld-Thurm krie- chen müssen. Simpl. Und wie wehe thuts/ daß ich ohne der Frauen Willen keinen Schritt ü- ber die Thüre thun darff. Affl. Jch lebe anderer Leute Gnade. Simpl. Und ich habe meine gnadige O- brigkeit im Hause. Affl. Jch habe das Hauptküssen verwech- selt/ darauff ich so gut schlaffen konte. Simpl. Und wenn es in meiner Kammer unruhig wird/ so muß ich wol das Bet- te gar verwechseln/ und muß auff der Banck vorlieb nehmen. Affl. Jch erschrecke/ wenn es Tag wird. Simpl. Ja gegen Morgen kan meine Frau am besten fluchen. Denn so bald sie H h
ich bin zu gutwillig geweſen/ und habe zu viel getrauet/ daher kommt mein Ruin. Simpl. Und mich haben fromme Leute dar- zu gebracht/ denn wer haͤtte ſichs koͤn- nen einbilden/ daß aus einer freundli- chen Jungfer/ und aus einem leibhaff- ten Engel ſo ein Rabenaas werden ſolte. Affl. Ach wie bange wird mirs thun/ wenn ich werde in den Schuld-Thurm krie- chen muͤſſen. Simpl. Und wie wehe thuts/ daß ich ohne der Frauen Willen keinen Schritt uͤ- ber die Thuͤre thun darff. Affl. Jch lebe anderer Leute Gnade. Simpl. Und ich habe meine gnadige O- brigkeit im Hauſe. Affl. Jch habe das Hauptkuͤſſen verwech- ſelt/ darauff ich ſo gut ſchlaffen konte. Simpl. Und wenn es in meiner Kammer unruhig wird/ ſo muß ich wol das Bet- te gar verwechſeln/ und muß auff der Banck vorlieb nehmen. Affl. Jch erſchrecke/ wenn es Tag wird. Simpl. Ja gegen Morgen kan meine Frau am beſten fluchen. Denn ſo bald ſie H h
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ich bin zu gutwillig geweſen/ und habe
zu viel getrauet/ daher kommt mein
Ruin.
Simpl. Und mich haben fromme Leute dar-
zu gebracht/ denn wer haͤtte ſichs koͤn-
nen einbilden/ daß aus einer freundli-
chen Jungfer/ und aus einem leibhaff-
ten Engel ſo ein Rabenaas werden ſolte.
Affl. Ach wie bange wird mirs thun/ wenn
ich werde in den Schuld-Thurm krie-
chen muͤſſen.
Simpl. Und wie wehe thuts/ daß ich ohne
der Frauen Willen keinen Schritt uͤ-
ber die Thuͤre thun darff.
Affl. Jch lebe anderer Leute Gnade.
Simpl. Und ich habe meine gnadige O-
brigkeit im Hauſe.
Affl. Jch habe das Hauptkuͤſſen verwech-
ſelt/ darauff ich ſo gut ſchlaffen konte.
Simpl. Und wenn es in meiner Kammer
unruhig wird/ ſo muß ich wol das Bet-
te gar verwechſeln/ und muß auff der
Banck vorlieb nehmen.
Affl. Jch erſchrecke/ wenn es Tag wird.
Simpl. Ja gegen Morgen kan meine
Frau am beſten fluchen. Denn ſo bald
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Zitationshilfe: | Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 715. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/883>, abgerufen am 23.06.2024. |