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Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.

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zum Wegweiser oder im Fall der Noth
gar zum Hoffmeister wolle brauchen
lassen?
Rodom. Jch habe mich des Dinges in
der Welt sehr müde gesehen/ und da ich
weiß/ daß immer ein Land an dem an-
dern hängt/ so dürffte ich meiner Plaisir
halben keinen Fuß vor die Thüre setzen;
Doch wo ehrlichen und rechtschaffenen
Leuten ein Dienst geschiehet/ so will ich
mich leichte bereden lassen.
Bag. Sie haben die freye Wahl/ doch
wenn ich rathen solte/ so möchten sie mich
erwehlen. Jch bin viermal durch die
Länder gereiset. Einmal bin ich ge-
fahren/ das andre mal geritten/ das
dritte mal bin ich einem guten Freunde
zu gefallen zu Fusse gelauffen.
Josq. Wie denn das vierdte mal?
Bag. Da ist nicht viel davon zu reden. Jch
ward unschuldig gefangen/ und ich weiß
selber nicht/ ob ich von einer Stadt zur
andern bin getragen oder geschleppet
worden. Doch dessen kan ich mich
rühmen/ ich wolte die Wege und die
Stege
G g 6
zum Wegweiſer oder im Fall der Noth
gar zum Hoffmeiſter wolle brauchen
laſſen?
Rodom. Jch habe mich des Dinges in
der Welt ſehr muͤde geſehen/ und da ich
weiß/ daß immer ein Land an dem an-
dern haͤngt/ ſo duͤrffte ich meiner Plaiſir
halben keinen Fuß vor die Thuͤre ſetzen;
Doch wo ehrlichen und rechtſchaffenen
Leuten ein Dienſt geſchiehet/ ſo will ich
mich leichte bereden laſſen.
Bag. Sie haben die freye Wahl/ doch
wenn ich rathen ſolte/ ſo moͤchten ſie mich
erwehlen. Jch bin viermal durch die
Laͤnder gereiſet. Einmal bin ich ge-
fahren/ das andre mal geritten/ das
dritte mal bin ich einem guten Freunde
zu gefallen zu Fuſſe gelauffen.
Joſq. Wie denn das vierdte mal?
Bag. Da iſt nicht viel davon zu reden. Jch
ward unſchuldig gefangen/ und ich weiß
ſelber nicht/ ob ich von einer Stadt zur
andern bin getragen oder geſchleppet
worden. Doch deſſen kan ich mich
ruͤhmen/ ich wolte die Wege und die
Stege
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[701/0869] zum Wegweiſer oder im Fall der Noth gar zum Hoffmeiſter wolle brauchen laſſen? Rodom. Jch habe mich des Dinges in der Welt ſehr muͤde geſehen/ und da ich weiß/ daß immer ein Land an dem an- dern haͤngt/ ſo duͤrffte ich meiner Plaiſir halben keinen Fuß vor die Thuͤre ſetzen; Doch wo ehrlichen und rechtſchaffenen Leuten ein Dienſt geſchiehet/ ſo will ich mich leichte bereden laſſen. Bag. Sie haben die freye Wahl/ doch wenn ich rathen ſolte/ ſo moͤchten ſie mich erwehlen. Jch bin viermal durch die Laͤnder gereiſet. Einmal bin ich ge- fahren/ das andre mal geritten/ das dritte mal bin ich einem guten Freunde zu gefallen zu Fuſſe gelauffen. Joſq. Wie denn das vierdte mal? Bag. Da iſt nicht viel davon zu reden. Jch ward unſchuldig gefangen/ und ich weiß ſelber nicht/ ob ich von einer Stadt zur andern bin getragen oder geſchleppet worden. Doch deſſen kan ich mich ruͤhmen/ ich wolte die Wege und die Stege G g 6

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 701. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/869>, abgerufen am 16.06.2024.