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Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.

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Louys. Und laßt ihr niemanden holen/ der
euch zu guter letzt ein Sterbe-Lied sin-
gen kan.
Charl. Das muß Hertzens-Angst seyn/
wenn iemand sterben will und kan
nicht.
Louys. Sonderlich wenn die Nachbarn
so übel gerathen/ daß niemand kläglich
thut.
Charl. Biß ans Knie mag ihm der Tod
wol kommen seyn: Denn es fehlet ihm
schon was in den Beinen.
Louys. Ach nein/ der Tod sitzt ihm im
Kopffe: Denn er thut uns einen Fuß-
fall.
Ren. (steht auff) Jch bin der Königin
zu Fusse gefallen.
Charl. Aber wir haben die Ehre genossen.
Louys. Und ich werde mir was vor 18.
Pfennige darauff einbilden.
Ren. Jch werde geschimpfft/ keinen Men-
schen darff ichs klagen. Doch so viel
kan ich thun/ ich wills nicht vergessen.
Charl. Wo ich das Wort noch einmal
höre/ so wirds mir leid.
Louys. Ja des lieben Vergessens wegen ist
mirs
Louyſ. Und laßt ihr niemanden holen/ der
euch zu guter letzt ein Sterbe-Lied ſin-
gen kan.
Charl. Das muß Hertzens-Angſt ſeyn/
wenn iemand ſterben will und kan
nicht.
Louyſ. Sonderlich wenn die Nachbarn
ſo uͤbel gerathen/ daß niemand klaͤglich
thut.
Charl. Biß ans Knie mag ihm der Tod
wol kommen ſeyn: Denn es fehlet ihm
ſchon was in den Beinen.
Louyſ. Ach nein/ der Tod ſitzt ihm im
Kopffe: Denn er thut uns einen Fuß-
fall.
Ren. (ſteht auff) Jch bin der Koͤnigin
zu Fuſſe gefallen.
Charl. Aber wir haben die Ehre genoſſen.
Louyſ. Und ich werde mir was vor 18.
Pfennige darauff einbilden.
Ren. Jch werde geſchimpfft/ keinen Men-
ſchen darff ichs klagen. Doch ſo viel
kan ich thun/ ich wills nicht vergeſſen.
Charl. Wo ich das Wort noch einmal
hoͤre/ ſo wirds mir leid.
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mirs
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[497/0663] Louyſ. Und laßt ihr niemanden holen/ der euch zu guter letzt ein Sterbe-Lied ſin- gen kan. Charl. Das muß Hertzens-Angſt ſeyn/ wenn iemand ſterben will und kan nicht. Louyſ. Sonderlich wenn die Nachbarn ſo uͤbel gerathen/ daß niemand klaͤglich thut. Charl. Biß ans Knie mag ihm der Tod wol kommen ſeyn: Denn es fehlet ihm ſchon was in den Beinen. Louyſ. Ach nein/ der Tod ſitzt ihm im Kopffe: Denn er thut uns einen Fuß- fall. Ren. (ſteht auff) Jch bin der Koͤnigin zu Fuſſe gefallen. Charl. Aber wir haben die Ehre genoſſen. Louyſ. Und ich werde mir was vor 18. Pfennige darauff einbilden. Ren. Jch werde geſchimpfft/ keinen Men- ſchen darff ichs klagen. Doch ſo viel kan ich thun/ ich wills nicht vergeſſen. Charl. Wo ich das Wort noch einmal hoͤre/ ſo wirds mir leid. Louyſ. Ja des lieben Vergeſſens wegen iſt mirs

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/663>, abgerufen am 23.06.2024.