Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Des Lust-Spiels An. O du loser vogel/ ich halte der mägde-kobolt hat dich auch besessen/ ich wil dir besser auff den dache seyn: Geh fort/ trage die fackel. (Sie gehn ab.) Vulg. Das war ein stückgen vor dreissig thaler/ so müssen die ungeschlieffenen kerlen zu rechte gebracht werden/ wenn sie vor der zeit wollen mit einer nacht- music pralen. Nun bin ich allein hahn im korbe/ nun wil ich ein künstlich stücke versuchen/ das der alte Or- landus nicht besser sol gehöret haben. Doch potz tau- send wo habe ich meine Violin? (Er sucht sie in al- len schieb-säcken/ endlich bringet er sie herauß und macht allerhand possen damit.) Nun geht die hertzbrechende Arie an. Zwar erstlich ein Ritter- nello/ hernach den text drauff. DU freundliches liebgen vor zwantzig ducaten/ Jch weiß/ wo dir die liebe sitzt/ Jch habe dich warlich am schönsten berathen/ Mein gutes geld hat dich erhitzt/ Das hat mir am besten die bahne gebrochen/ Und alle stümper abgestochen. 2. Du qvatschlichtes täubgen/ ich komme mit gelde/ Wer wolte mir nicht günstig seyn? Jch bin zwar ein bauer und komme vom felde/ Doch schieß ich güldene kugeln drein/ Und suche mit meinem erwünschten behagen Die stadt Galäne fort zujagen. 3. Jch habe die güldenen kugeln verschossen/ Ach scheuß doch wieder her zu mir/ Sonst sterb ich gewißlich mir selber zum possen/ Und bin ich todt/ wo dien' ich dir? Ach sage/ mein Vulgus komm hinter die thüre/ Damit ich allen schmertz verliehre. (Commodus kömmt herauß gelauffen.) Com. Wer ist der unnütze geel-schnabel der uns nicht
Des Luſt-Spiels An. O du loſer vogel/ ich halte der maͤgde-kobolt hat dich auch beſeſſen/ ich wil dir beſſer auff den dache ſeyn: Geh fort/ trage die fackel. (Sie gehn ab.) Vulg. Das war ein ſtuͤckgen vor dreiſſig thaler/ ſo muͤſſen die ungeſchlieffenen kerlen zu rechte gebracht werden/ wenn ſie vor der zeit wollen mit einer nacht- muſic pralen. Nun bin ich allein hahn im korbe/ nun wil ich ein kuͤnſtlich ſtuͤcke verſuchen/ das der alte Or- landus nicht beſſer ſol gehoͤꝛet haben. Doch potz tau- ſend wo habe ich meine Violin? (Er ſucht ſie in al- len ſchieb-ſaͤcken/ endlich bringet er ſie herauß und macht allerhand poſſen damit.) Nun geht die hertzbrechende Arie an. Zwar erſtlich ein Ritter- nello/ hernach den text drauff. DU freundliches liebgen vor zwantzig ducaten/ Jch weiß/ wo dir die liebe ſitzt/ Jch habe dich warlich am ſchoͤnſten berathen/ Mein gutes geld hat dich erhitzt/ Das hat mir am beſten die bahne gebrochen/ Und alle ſtuͤmper abgeſtochen. 2. Du qvatſchlichtes taͤubgen/ ich komme mit gelde/ Wer wolte mir nicht guͤnſtig ſeyn? Jch bin zwar ein bauer und komme vom felde/ Doch ſchieß ich guͤldene kugeln drein/ Und ſuche mit meinem erwuͤnſchten behagen Die ſtadt Galaͤne fort zujagen. 3. Jch habe die guͤldenen kugeln verſchoſſen/ Ach ſcheuß doch wieder her zu mir/ Sonſt ſterb ich gewißlich mir ſelber zum poſſen/ Und bin ich todt/ wo dien’ ich dir? Ach ſage/ mein Vulgus komm hinter die thuͤre/ Damit ich allen ſchmertz verliehre. (Commodus koͤmmt herauß gelauffen.) Com. Wer iſt der unnuͤtze geel-ſchnabel der uns nicht
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0662" n="646"/> <fw place="top" type="header">Des Luſt-Spiels</fw><lb/> <sp> <speaker>An.</speaker> <p>O du loſer vogel/ ich halte der maͤgde-kobolt<lb/> hat dich auch beſeſſen/ ich wil dir beſſer auff den dache<lb/> ſeyn: Geh fort/ trage die fackel.</p> </sp> <stage>(Sie gehn ab.)</stage><lb/> <sp> <speaker>Vulg.</speaker> <p>Das war ein ſtuͤckgen vor dreiſſig thaler/ ſo<lb/> muͤſſen die ungeſchlieffenen kerlen zu rechte gebracht<lb/> werden/ wenn ſie vor der zeit wollen mit einer nacht-<lb/> muſic pralen. Nun bin ich allein hahn im korbe/ nun<lb/> wil ich ein kuͤnſtlich ſtuͤcke verſuchen/ das der alte Or-<lb/> landus nicht beſſer ſol gehoͤꝛet haben. Doch potz tau-<lb/> ſend wo habe ich meine Violin?</p> <stage>(Er ſucht ſie in al-<lb/> len ſchieb-ſaͤcken/ endlich bringet er ſie herauß<lb/> und macht allerhand poſſen damit.)</stage> <p>Nun geht<lb/> die hertzbrechende Arie an. Zwar erſtlich ein Ritter-<lb/> nello/ hernach den text drauff.</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">D</hi>U freundliches liebgen vor zwantzig ducaten/</l><lb/> <l>Jch weiß/ wo dir die liebe ſitzt/</l><lb/> <l>Jch habe dich warlich am ſchoͤnſten berathen/</l><lb/> <l>Mein gutes geld hat dich erhitzt/</l><lb/> <l>Das hat mir am beſten die bahne gebrochen/</l><lb/> <l>Und alle ſtuͤmper abgeſtochen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>2. Du qvatſchlichtes taͤubgen/ ich komme mit gelde/</l><lb/> <l>Wer wolte mir nicht guͤnſtig ſeyn?</l><lb/> <l>Jch bin zwar ein bauer und komme vom felde/</l><lb/> <l>Doch ſchieß ich guͤldene kugeln drein/</l><lb/> <l>Und ſuche mit meinem erwuͤnſchten behagen</l><lb/> <l>Die ſtadt Galaͤne fort zujagen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>3. Jch habe die guͤldenen kugeln verſchoſſen/</l><lb/> <l>Ach ſcheuß doch wieder her zu mir/</l><lb/> <l>Sonſt ſterb ich gewißlich mir ſelber zum poſſen/</l><lb/> <l>Und bin ich todt/ wo dien’ ich dir?</l><lb/> <l>Ach ſage/ mein Vulgus komm hinter die thuͤre/</l><lb/> <l>Damit ich allen ſchmertz verliehre.</l> </lg> </lg> </sp><lb/> <stage> <hi rendition="#c">(Commodus koͤmmt herauß gelauffen.)</hi> </stage><lb/> <sp> <speaker>Com.</speaker> <p>Wer iſt der unnuͤtze geel-ſchnabel der uns<lb/> <fw place="bottom" type="catch">nicht</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [646/0662]
Des Luſt-Spiels
An. O du loſer vogel/ ich halte der maͤgde-kobolt
hat dich auch beſeſſen/ ich wil dir beſſer auff den dache
ſeyn: Geh fort/ trage die fackel.
(Sie gehn ab.)
Vulg. Das war ein ſtuͤckgen vor dreiſſig thaler/ ſo
muͤſſen die ungeſchlieffenen kerlen zu rechte gebracht
werden/ wenn ſie vor der zeit wollen mit einer nacht-
muſic pralen. Nun bin ich allein hahn im korbe/ nun
wil ich ein kuͤnſtlich ſtuͤcke verſuchen/ das der alte Or-
landus nicht beſſer ſol gehoͤꝛet haben. Doch potz tau-
ſend wo habe ich meine Violin? (Er ſucht ſie in al-
len ſchieb-ſaͤcken/ endlich bringet er ſie herauß
und macht allerhand poſſen damit.) Nun geht
die hertzbrechende Arie an. Zwar erſtlich ein Ritter-
nello/ hernach den text drauff.
DU freundliches liebgen vor zwantzig ducaten/
Jch weiß/ wo dir die liebe ſitzt/
Jch habe dich warlich am ſchoͤnſten berathen/
Mein gutes geld hat dich erhitzt/
Das hat mir am beſten die bahne gebrochen/
Und alle ſtuͤmper abgeſtochen.
2. Du qvatſchlichtes taͤubgen/ ich komme mit gelde/
Wer wolte mir nicht guͤnſtig ſeyn?
Jch bin zwar ein bauer und komme vom felde/
Doch ſchieß ich guͤldene kugeln drein/
Und ſuche mit meinem erwuͤnſchten behagen
Die ſtadt Galaͤne fort zujagen.
3. Jch habe die guͤldenen kugeln verſchoſſen/
Ach ſcheuß doch wieder her zu mir/
Sonſt ſterb ich gewißlich mir ſelber zum poſſen/
Und bin ich todt/ wo dien’ ich dir?
Ach ſage/ mein Vulgus komm hinter die thuͤre/
Damit ich allen ſchmertz verliehre.
(Commodus koͤmmt herauß gelauffen.)
Com. Wer iſt der unnuͤtze geel-ſchnabel der uns
nicht
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/662 |
Zitationshilfe: | Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 646. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/662>, abgerufen am 16.07.2024. |