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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Der beschützten Unschuld
Flav. Nicht belästigen sondern erfreuen/ gestalt ich
die rugendbelobteste Leonore zum schönsten bitte/ sich
der vollkommenen tugend in ihrem Camillo gewünsch-
ter massen zu versichern.
Cam. Und du mein treuer Poncinello bleib auch
fein gesund/ wenn ich briefe oder eigene botten hieher
abfertige/ so bestelle alles fein zu rechte. Bey meiner
wiederkunfft sol es an stattlicher belohnung nicht er-
mangeln: Hier hastu zwey ducaten auff rechnung.
Ponc. Ach ihr freundlicher herr/ es geschieht mir
mit eurem wegreisen kein dienst: doch weil ihr mir
zwey ducaten spendirt/ so mags so seyn/ kommt nur
bald wieder/ und nehmt keinen schaden/ stolpert auch
nicht über Pilatus-see auff dem Schweitzer gebirge:
macht euch auch nicht mit dem tyrannischen blut ver-
giessern zu gemein/ es gibt euch sonst ein kühmelcker
mit seiner breiten plempe eins über den grind/ daß euch
die caldaunen krachen. Macht es auch nicht in Franck-
reich/ wie manche geelschnäbel/ die naschen gehn/ und
darnach heimb kommen/ wie meines großvaters hund/
ihr sollet eurem Lenörigen einen schönen dienst thun.
Cam. Nun die zeit ist edel/ hastu mehr zu erinnern/
so gieb mir es schrifftlich/ oder schicke mir es auf Lyon
nach. Sie leben nochmahls wohl.
(Sie gehen an unterschiedenen orten ab)
Ponc. Sa sa wieder frisch geld/ das die mutter nicht
weiß. Nun wird Monsieur Poncinello brav zum
frauenzimmer gehn/ daß sich die gantze stadt über den
treflichen courtisan verwundern wird. Sa sa/ wie
wil ich die elenden hungerleider abstechen/ die nicht thä-
ten einen blutigen heller haben/ wenn man sie thäte zu
boden werffen. Jch halte wo ich meine ducaten zu
sehr
Der beſchuͤtzten Unſchuld
Flav. Nicht belaͤſtigen ſondern erfreuen/ geſtalt ich
die rugendbelobteſte Leonore zum ſchoͤnſten bitte/ ſich
der vollkommenen tugend in ihrem Camillo gewuͤnſch-
ter maſſen zu verſichern.
Cam. Und du mein treuer Poncinello bleib auch
fein geſund/ wenn ich briefe oder eigene botten hieher
abfertige/ ſo beſtelle alles fein zu rechte. Bey meiner
wiederkunfft ſol es an ſtattlicher belohnung nicht er-
mangeln: Hier haſtu zwey ducaten auff rechnung.
Ponc. Ach ihr freundlicher herr/ es geſchieht mir
mit eurem wegreiſen kein dienſt: doch weil ihr mir
zwey ducaten ſpendirt/ ſo mags ſo ſeyn/ kommt nur
bald wieder/ und nehmt keinen ſchaden/ ſtolpert auch
nicht uͤber Pilatus-ſee auff dem Schweitzer gebirge:
macht euch auch nicht mit dem tyranniſchen blut ver-
gieſſern zu gemein/ es gibt euch ſonſt ein kuͤhmelcker
mit ſeiner breiten plempe eins uͤber den grind/ daß euch
die caldaunen kꝛachen. Macht es auch nicht in Fꝛanck-
reich/ wie manche geelſchnaͤbel/ die naſchen gehn/ und
darnach heimb kommen/ wie meines großvaters hund/
ihr ſollet eurem Lenoͤrigen einen ſchoͤnen dienſt thun.
Cam. Nun die zeit iſt edel/ haſtu mehr zu erinnern/
ſo gieb mir es ſchrifftlich/ oder ſchicke mir es auf Lyon
nach. Sie leben nochmahls wohl.
(Sie gehen an unterſchiedenen orten ab)
Ponc. Sa ſa wieder fꝛiſch geld/ das die mutteꝛ nicht
weiß. Nun wird Monſieur Poncinello brav zum
frauenzimmer gehn/ daß ſich die gantze ſtadt uͤber den
treflichen courtiſan verwundern wird. Sa ſa/ wie
wil ich die elenden hungerleider abſtechen/ die nicht thaͤ-
ten einen blutigen heller haben/ wenn man ſie thaͤte zu
boden werffen. Jch halte wo ich meine ducaten zu
ſehr
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[480/0496] Der beſchuͤtzten Unſchuld Flav. Nicht belaͤſtigen ſondern erfreuen/ geſtalt ich die rugendbelobteſte Leonore zum ſchoͤnſten bitte/ ſich der vollkommenen tugend in ihrem Camillo gewuͤnſch- ter maſſen zu verſichern. Cam. Und du mein treuer Poncinello bleib auch fein geſund/ wenn ich briefe oder eigene botten hieher abfertige/ ſo beſtelle alles fein zu rechte. Bey meiner wiederkunfft ſol es an ſtattlicher belohnung nicht er- mangeln: Hier haſtu zwey ducaten auff rechnung. Ponc. Ach ihr freundlicher herr/ es geſchieht mir mit eurem wegreiſen kein dienſt: doch weil ihr mir zwey ducaten ſpendirt/ ſo mags ſo ſeyn/ kommt nur bald wieder/ und nehmt keinen ſchaden/ ſtolpert auch nicht uͤber Pilatus-ſee auff dem Schweitzer gebirge: macht euch auch nicht mit dem tyranniſchen blut ver- gieſſern zu gemein/ es gibt euch ſonſt ein kuͤhmelcker mit ſeiner breiten plempe eins uͤber den grind/ daß euch die caldaunen kꝛachen. Macht es auch nicht in Fꝛanck- reich/ wie manche geelſchnaͤbel/ die naſchen gehn/ und darnach heimb kommen/ wie meines großvaters hund/ ihr ſollet eurem Lenoͤrigen einen ſchoͤnen dienſt thun. Cam. Nun die zeit iſt edel/ haſtu mehr zu erinnern/ ſo gieb mir es ſchrifftlich/ oder ſchicke mir es auf Lyon nach. Sie leben nochmahls wohl. (Sie gehen an unterſchiedenen orten ab) Ponc. Sa ſa wieder fꝛiſch geld/ das die mutteꝛ nicht weiß. Nun wird Monſieur Poncinello brav zum frauenzimmer gehn/ daß ſich die gantze ſtadt uͤber den treflichen courtiſan verwundern wird. Sa ſa/ wie wil ich die elenden hungerleider abſtechen/ die nicht thaͤ- ten einen blutigen heller haben/ wenn man ſie thaͤte zu boden werffen. Jch halte wo ich meine ducaten zu ſehr

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 480. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/496>, abgerufen am 18.06.2024.