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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Heracl. Wie seyd ihr doch der einfalt gauckelspiel/
Habt ihr ein quintgen freude/
So ist es trefflich viel/
Hingegen habt ihr mehr
Als einen centner von dem leide.
Jhr rennt in einen schmertz hinein.
Wie seelig könnt ihr heissen/
Ach wolt ihr euch der freyheit nur befleissen.
So müsset ihr wit willen traurig seyn.
Democr. Jch sehe manchen narren gehen/
Der liebt und weiß doch nicht warum:
Er kan sich müde stehen/
Er wird vom wachen matt und thumm:
Doch wenn er soll bekennen/
Was er im willens hat/
So weiß ers selbsten nicht zunennen:
Gesetzt er nennt es auch: so ist es e ne that/
Die niemahls recht besteht/
Und eher als sie kömmt verschwindet und vergeht.
Heracl. Das wasser spielet mit den blasen:
Du bist des wassers ebenbild/
Du wirst mit lauter lufft erfüllt/
Und kanst nach eitlen dingen rasen/
Ach jammer! ach du armes thier/
Dein leben kömmt mir fast nicht anders für
Als wie ein traum der uns betreugt/
Und lauter falsche schatten zeigt.
Es wäre deinen thaten
Vermuthlich wohl zu rathen/
Und alles wäre gut bestellt/
Ach liebe nur die liebe von der welt!

Mercu-
G g
Heracl. Wie ſeyd ihr doch der einfalt gauckelſpiel/
Habt ihr ein quintgen freude/
So iſt es trefflich viel/
Hingegen habt ihr mehr
Als einen centner von dem leide.
Jhr rennt in einen ſchmertz hinein.
Wie ſeelig koͤnnt ihr heiſſen/
Ach wolt ihr euch der freyheit nur befleiſſen.
So muͤſſet ihr wit willen traurig ſeyn.
Democr. Jch ſehe manchen narren gehen/
Der liebt und weiß doch nicht warum:
Er kan ſich muͤde ſtehen/
Er wird vom wachen matt und thumm:
Doch wenn er ſoll bekennen/
Was er im willens hat/
So weiß ers ſelbſten nicht zunennen:
Geſetzt er nennt es auch: ſo iſt es e ne that/
Die niemahls recht beſteht/
Und eher als ſie koͤmmt verſchwindet und vergeht.
Heracl. Das waſſer ſpielet mit den blaſen:
Du biſt des waſſers ebenbild/
Du wirſt mit lauter lufft erfuͤllt/
Und kanſt nach eitlen dingen raſen/
Ach jammer! ach du armes thier/
Dein leben koͤmmt mir faſt nicht anders fuͤr
Als wie ein traum der uns betreugt/
Und lauter falſche ſchatten zeigt.
Es waͤre deinen thaten
Vermuthlich wohl zu rathen/
Und alles waͤre gut beſtellt/
Ach liebe nur die liebe von der welt!

Mercu-
G g
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[465/0481] Heracl. Wie ſeyd ihr doch der einfalt gauckelſpiel/ Habt ihr ein quintgen freude/ So iſt es trefflich viel/ Hingegen habt ihr mehr Als einen centner von dem leide. Jhr rennt in einen ſchmertz hinein. Wie ſeelig koͤnnt ihr heiſſen/ Ach wolt ihr euch der freyheit nur befleiſſen. So muͤſſet ihr wit willen traurig ſeyn. Democr. Jch ſehe manchen narren gehen/ Der liebt und weiß doch nicht warum: Er kan ſich muͤde ſtehen/ Er wird vom wachen matt und thumm: Doch wenn er ſoll bekennen/ Was er im willens hat/ So weiß ers ſelbſten nicht zunennen: Geſetzt er nennt es auch: ſo iſt es e ne that/ Die niemahls recht beſteht/ Und eher als ſie koͤmmt verſchwindet und vergeht. Heracl. Das waſſer ſpielet mit den blaſen: Du biſt des waſſers ebenbild/ Du wirſt mit lauter lufft erfuͤllt/ Und kanſt nach eitlen dingen raſen/ Ach jammer! ach du armes thier/ Dein leben koͤmmt mir faſt nicht anders fuͤr Als wie ein traum der uns betreugt/ Und lauter falſche ſchatten zeigt. Es waͤre deinen thaten Vermuthlich wohl zu rathen/ Und alles waͤre gut beſtellt/ Ach liebe nur die liebe von der welt! Mercu- G g

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/481>, abgerufen am 18.06.2024.