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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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So wenig als du meinst mit später reu betrachten.
(Die Scena fällt geschwind zu.)
Nach der andern handlung wenn Poncinello
abgeht so tretten zwey alte Philosophi in
langen röcken und grauen bärten auff/ einer
lacht/ der andre weint.
Democr. Jhr narren die ihr euch verliebt/
Was meint ihr wohl vor lust zu finden?
Jhr lasset euch mit sehnden augen binden/
Und lernet dienstbar seyn.
Jhr kennt die liebe nicht/ und ihre letzte frucht/
Die sie zu kosten giebt.
Sie bringet keine lust sie bringt die eifersucht.
Heracl. Wo nehm ich wasser gnung den jammer zu
(beweinen?
Die freude selbst wird uns zu lauter traurigkeit/
Es darff kein neuer schmertz erscheinen/
Wir fühlen ach und weh in der zufriedenheit.
Was scheint so niedlich als das leben?
Und gleichwohl geht ein sinn
Jn seiner einfalt hin/
Und wenn er lachen wil so muß er sich betrüben.
Democr. Jst niemand da? wer hilfft mir lachen?
Das heist die höchste seeligkeit
Darüber sich die welt erfreut/
Wenn sie nur was geneust von eitlen liebes-sachen.
Die lieb und ihre schmeicheley
Besteht nur in der fantasey.
Wie mancher ist wie pech und schweffel angebrannt/
Und gleichwohl wenn er diß besieht/
Warum er ist bemüht/
So hat er wol was anders in der hand.
Heracl.
So wenig als du meinſt mit ſpaͤter reu betrachten.
(Die Scena faͤllt geſchwind zu.)
Nach der andern handlung wenn Poncinello
abgeht ſo tretten zwey alte Philoſophi in
langen roͤcken und grauen baͤrten auff/ einer
lacht/ der andre weint.
Democr. Jhr narren die ihr euch verliebt/
Was meint ihr wohl vor luſt zu finden?
Jhr laſſet euch mit ſehnden augen binden/
Und lernet dienſtbar ſeyn.
Jhr kennt die liebe nicht/ und ihre letzte frucht/
Die ſie zu koſten giebt.
Sie bringet keine luſt ſie bringt die eiferſucht.
Heracl. Wo nehm ich waſſer gnung den jammer zu
(beweinen?
Die freude ſelbſt wird uns zu lauter traurigkeit/
Es darff kein neuer ſchmertz erſcheinen/
Wir fuͤhlen ach und weh in der zufriedenheit.
Was ſcheint ſo niedlich als das leben?
Und gleichwohl geht ein ſinn
Jn ſeiner einfalt hin/
Und wenn er lachen wil ſo muß er ſich betruͤben.
Democr. Jſt niemand da? wer hilfft mir lachen?
Das heiſt die hoͤchſte ſeeligkeit
Daruͤber ſich die welt erfreut/
Wenn ſie nur was geneuſt von eitlen liebes-ſachen.
Die lieb und ihre ſchmeicheley
Beſteht nur in der fantaſey.
Wie mancher iſt wie pech und ſchweffel angebrannt/
Und gleichwohl wenn er diß beſieht/
Warum er iſt bemuͤht/
So hat er wol was anders in der hand.
Heracl.
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[464/0480] So wenig als du meinſt mit ſpaͤter reu betrachten. (Die Scena faͤllt geſchwind zu.) Nach der andern handlung wenn Poncinello abgeht ſo tretten zwey alte Philoſophi in langen roͤcken und grauen baͤrten auff/ einer lacht/ der andre weint. Democr. Jhr narren die ihr euch verliebt/ Was meint ihr wohl vor luſt zu finden? Jhr laſſet euch mit ſehnden augen binden/ Und lernet dienſtbar ſeyn. Jhr kennt die liebe nicht/ und ihre letzte frucht/ Die ſie zu koſten giebt. Sie bringet keine luſt ſie bringt die eiferſucht. Heracl. Wo nehm ich waſſer gnung den jammer zu (beweinen? Die freude ſelbſt wird uns zu lauter traurigkeit/ Es darff kein neuer ſchmertz erſcheinen/ Wir fuͤhlen ach und weh in der zufriedenheit. Was ſcheint ſo niedlich als das leben? Und gleichwohl geht ein ſinn Jn ſeiner einfalt hin/ Und wenn er lachen wil ſo muß er ſich betruͤben. Democr. Jſt niemand da? wer hilfft mir lachen? Das heiſt die hoͤchſte ſeeligkeit Daruͤber ſich die welt erfreut/ Wenn ſie nur was geneuſt von eitlen liebes-ſachen. Die lieb und ihre ſchmeicheley Beſteht nur in der fantaſey. Wie mancher iſt wie pech und ſchweffel angebrannt/ Und gleichwohl wenn er diß beſieht/ Warum er iſt bemuͤht/ So hat er wol was anders in der hand. Heracl.

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/480>, abgerufen am 18.06.2024.