Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Der betrübten u. getrösteten Galathee Die hand mit rosen fülltSo denckt vor allen dingen An euer ebenbild. (Sie gehn und pflücken blumen/ winden her- nachmahls kräntze/ unterdessen wird sachte musicirt biß Mopsus als eine alte frau geklei- det heraus kömmt.) Mops. Als ich vor sechzig jahren ein kleines mädgen war/ Da giengen wir zu paaren und schertzten immerdar: Da konten wir fein niedlich wie junge leute thun/ Und durfften unterschiedlich im klee beysammen ruhn; Jtzt auff die alten tage da bin ich gantz allein/ Und muß wie eine plage bey andern leuten seyn. Jch muß mich lassen schelten/ ich arme fledermauß/ Als seh ich zum sanct Velten gar wie der hencker aus. Jch bin wie eine fliege da wär kein bißgen schmaltz/ Wiewol ich arme ziege ich leckte gerne saltz. Doch wenn ich etwas suchen und mich versorgen will/ So gehn die leut und fluchen/ du alter besen-stiel. Jch
Der betruͤbten u. getroͤſteten Galathee Die hand mit roſen fuͤlltSo denckt vor allen dingen An euer ebenbild. (Sie gehn und pfluͤcken blumen/ winden her- nachmahls kraͤntze/ unterdeſſen wird ſachte muſicirt biß Mopſus als eine alte frau geklei- det heraus koͤmmt.) Mopſ. Als ich vor ſechzig jahren ein kleines maͤdgen war/ Da giengen wir zu paaren und ſchertzten immerdar: Da konten wir fein niedlich wie junge leute thun/ Und durfften unterſchiedlich im klee beyſammen ruhn; Jtzt auff die alten tage da bin ich gantz allein/ Und muß wie eine plage bey andern leuten ſeyn. Jch muß mich laſſen ſchelten/ ich arme fledermauß/ Als ſeh ich zum ſanct Velten gar wie der hencker aus. Jch bin wie eine fliege da waͤr kein bißgen ſchmaltz/ Wiewol ich arme ziege ich leckte gerne ſaltz. Doch wenn ich etwas ſuchen und mich verſorgen will/ So gehn die leut und fluchen/ du alter beſen-ſtiel. Jch
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Der betruͤbten u. getroͤſteten Galathee
Die hand mit roſen fuͤllt
So denckt vor allen dingen
An euer ebenbild.
(Sie gehn und pfluͤcken blumen/ winden her-
nachmahls kraͤntze/ unterdeſſen wird ſachte
muſicirt biß Mopſus als eine alte frau geklei-
det heraus koͤmmt.)
Mopſ. Als ich vor ſechzig jahren
ein kleines maͤdgen war/
Da giengen wir zu paaren
und ſchertzten immerdar:
Da konten wir fein niedlich
wie junge leute thun/
Und durfften unterſchiedlich
im klee beyſammen ruhn;
Jtzt auff die alten tage
da bin ich gantz allein/
Und muß wie eine plage
bey andern leuten ſeyn.
Jch muß mich laſſen ſchelten/
ich arme fledermauß/
Als ſeh ich zum ſanct Velten
gar wie der hencker aus.
Jch bin wie eine fliege
da waͤr kein bißgen ſchmaltz/
Wiewol ich arme ziege
ich leckte gerne ſaltz.
Doch wenn ich etwas ſuchen
und mich verſorgen will/
So gehn die leut und fluchen/
du alter beſen-ſtiel.
Jch
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Zitationshilfe: | Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/456>, abgerufen am 18.06.2024. |