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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Fünfftes Gespräch.
meinem besten bruder nicht vertrauet hätte. Es mein-
te mancher ich wäre aller liebhaber handlanger/ weil
ich so offt mit verse machen beschweret würde. Doch
niemand merckte meine kunststücken. Kam jemand
und bestellte etwas/ so war dis meine antwort: Mon-
sieur ich wil es gerne machen/ allein ich befürchte es
möchte nicht klappen/ er erzehle mir etliche umstände/
darauf ich zielen sol. Denn wo ich es ins gemein hin-
mache/ so scheint es/ als wäre es aus einer alten schäf-
ferey außgeschrieben. Damit liessen sie sich behandeln/
und vertrauten mir alles. Ja wenn sie zu freygebig
waren und sich zu viel berühmten/ so bat ich/ sie möch-
ten mir als einem vertrauten freunde gleich zu beken-
nen. Es wäre einerley versehn/ ob das lied zu viel oder
zu wenig von der liebe hätte. Und hiedurch bin ich
hinter so viel liebes-histörigen kommen/ die mich mehr
erfreut haben/ als wenn ich alle cromenen/ arianen/ cle-
lien/ sosonisben/ cleopatren und andere dergleichen fa-
beln hätte mit löffeln gefressen.
Lis. Ach was sollen sich die jungfern zu ihm versehn/
wenn er seine gute freunde hinter das liecht geführt
hat.
Gil. Das geht wol hin/ ich hielt reinen mund dabey.
Lis. Jch meyne er wird reinen mund gehalten ha-
ben/ als wie brose beym schwartz-fleische.
Fill. Da bin ich selber zeuge/ daß kein Gleichviel ei-
nen bessern geheimen rath gefunden hätte.
Lis. Nun es mag seyn. Wir haben was trauriges
gehört/ wer nun was lustiges drauff hätte.
Gil. Hier find ich eines/ das ist auff einen kerlen ge-
macht/ der sich wider seiner eltern willen mit einem ge-
mei-
Fuͤnfftes Geſpraͤch.
meinem beſten bruder nicht vertrauet haͤtte. Es mein-
te mancher ich waͤre aller liebhaber handlanger/ weil
ich ſo offt mit verſe machen beſchweret wuͤrde. Doch
niemand merckte meine kunſtſtuͤcken. Kam jemand
und beſtellte etwas/ ſo war dis meine antwort: Mon-
ſieur ich wil es gerne machen/ allein ich befuͤrchte es
moͤchte nicht klappen/ er erzehle mir etliche umſtaͤnde/
darauf ich zielen ſol. Denn wo ich es ins gemein hin-
mache/ ſo ſcheint es/ als waͤre es aus einer alten ſchaͤf-
ferey außgeſchrieben. Damit lieſſen ſie ſich behandeln/
und vertrauten mir alles. Ja wenn ſie zu freygebig
waren und ſich zu viel beruͤhmten/ ſo bat ich/ ſie moͤch-
ten mir als einem vertrauten freunde gleich zu beken-
nen. Es waͤre einerley verſehn/ ob das lied zu viel oder
zu wenig von der liebe haͤtte. Und hiedurch bin ich
hinter ſo viel liebes-hiſtoͤrigen kommen/ die mich mehr
erfreut haben/ als wenn ich alle cromenen/ arianen/ cle-
lien/ ſoſonisben/ cleopatren und andere dergleichen fa-
beln haͤtte mit loͤffeln gefreſſen.
Liſ. Ach was ſollen ſich die jungfeꝛn zu ihm verſehn/
wenn er ſeine gute freunde hinter das liecht gefuͤhrt
hat.
Gil. Das geht wol hin/ ich hielt reinen mund dabey.
Liſ. Jch meyne er wird reinen mund gehalten ha-
ben/ als wie broſe beym ſchwartz-fleiſche.
Fill. Da bin ich ſelber zeuge/ daß kein Gleichviel ei-
nen beſſern geheimen rath gefunden haͤtte.
Liſ. Nun es mag ſeyn. Wir haben was trauriges
gehoͤrt/ wer nun was luſtiges drauff haͤtte.
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macht/ der ſich wider ſeiner eltern willen mit einem ge-
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[399/0415] Fuͤnfftes Geſpraͤch. meinem beſten bruder nicht vertrauet haͤtte. Es mein- te mancher ich waͤre aller liebhaber handlanger/ weil ich ſo offt mit verſe machen beſchweret wuͤrde. Doch niemand merckte meine kunſtſtuͤcken. Kam jemand und beſtellte etwas/ ſo war dis meine antwort: Mon- ſieur ich wil es gerne machen/ allein ich befuͤrchte es moͤchte nicht klappen/ er erzehle mir etliche umſtaͤnde/ darauf ich zielen ſol. Denn wo ich es ins gemein hin- mache/ ſo ſcheint es/ als waͤre es aus einer alten ſchaͤf- ferey außgeſchrieben. Damit lieſſen ſie ſich behandeln/ und vertrauten mir alles. Ja wenn ſie zu freygebig waren und ſich zu viel beruͤhmten/ ſo bat ich/ ſie moͤch- ten mir als einem vertrauten freunde gleich zu beken- nen. Es waͤre einerley verſehn/ ob das lied zu viel oder zu wenig von der liebe haͤtte. Und hiedurch bin ich hinter ſo viel liebes-hiſtoͤrigen kommen/ die mich mehr erfreut haben/ als wenn ich alle cromenen/ arianen/ cle- lien/ ſoſonisben/ cleopatren und andere dergleichen fa- beln haͤtte mit loͤffeln gefreſſen. Liſ. Ach was ſollen ſich die jungfeꝛn zu ihm verſehn/ wenn er ſeine gute freunde hinter das liecht gefuͤhrt hat. Gil. Das geht wol hin/ ich hielt reinen mund dabey. Liſ. Jch meyne er wird reinen mund gehalten ha- ben/ als wie broſe beym ſchwartz-fleiſche. Fill. Da bin ich ſelber zeuge/ daß kein Gleichviel ei- nen beſſern geheimen rath gefunden haͤtte. Liſ. Nun es mag ſeyn. Wir haben was trauriges gehoͤrt/ wer nun was luſtiges drauff haͤtte. Gil. Hier find ich eines/ das iſt auff einen keꝛlen ge- macht/ der ſich wider ſeiner eltern willen mit einem ge- mei-

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/415>, abgerufen am 22.11.2024.