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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Drittes Gespräch.
Drum weil die liebe zeit durch honig-süsse räncke
Jn unsrer jungferschafft die blume brechen wil/
So fuß er neben mir ein corpo und bedencke/
Die liebe sey ein strick und nicht ein kinderspiel.
Jch wil an meinem ort der mutter zu gefallen
Noch gantzer 15 jahr ein alter tantzknecht seyn:
Das glücke werffe mich als einen leichten ballen/
Jedennoch laß ich mich bey keinem mädgen ein.
Kan ich mir so viel zeit von meiner arbeit brechen/
So wil ich diese woch in seinem losament/
Von seiner jungferschafft mir noch was mehr versprechen/
Jtz hat der fremde marck mich andrer pflicht verpfändt:
Jnzwischen nehm er itz so viel beliebte freuden/
So viel als buhler itz auff ihrem wege sind:
Wir wollen unverwandt das stille schauspiel meiden/
Da offt die königin das gantze spiel gewinnt.
Doch weil mein muntres haar nach einer andern krone
Ein kurtz verlangen trägt/ so hab ich längst vermeint/
Es bleibt zu jener zeit nicht nur bey einem lohne/
Die Themis ist ja sonst der helden Venus-freund.
Komt zeit so kömt auch rath/ itz sind wir arme büfgen
Und graben angst und pein in unser bettestroh/
Doch wirckt der schwache gruß in diesem liebes-briefgen/
So macht der blancke wein uns schon in vorraht froh.

Fill. Das itzige stimmt nicht mit dem vorigen. Jtzt
gibstu dich vor den einfältigsten menschen von der
welt aus/ und vor warstu so expedit/ daß du auch scho-
laren annehmen woltest.
Gil. Zehn weise leute können mehr fragen/ als einer
kan antworten.
Fill. Damit wird meiner frage nicht gerathen.
Gil. Du lieber bruder/ die stunden sind ungleich/
drum ist auch die courage ungleich/ man meynt es all-
zeit nicht so böse/ als man es im zorn hinschreibt.
Fill. Es mag so seyn. Aber was ist mir mit den
lum-
Z 2

Drittes Geſpraͤch.
Drum weil die liebe zeit durch honig-ſuͤſſe raͤncke
Jn unſrer jungferſchafft die blume brechen wil/
So fuß er neben mir ein corpo und bedencke/
Die liebe ſey ein ſtrick und nicht ein kinderſpiel.
Jch wil an meinem ort der mutter zu gefallen
Noch gantzer 15 jahr ein alter tantzknecht ſeyn:
Das gluͤcke werffe mich als einen leichten ballen/
Jedennoch laß ich mich bey keinem maͤdgen ein.
Kan ich mir ſo viel zeit von meiner arbeit brechen/
So wil ich dieſe woch in ſeinem loſament/
Von ſeiner jungferſchafft mir noch was mehr verſprechen/
Jtz hat der fremde marck mich andrer pflicht verpfaͤndt:
Jnzwiſchen nehm er itz ſo viel beliebte freuden/
So viel als buhler itz auff ihrem wege ſind:
Wir wollen unverwandt das ſtille ſchauſpiel meiden/
Da offt die koͤnigin das gantze ſpiel gewinnt.
Doch weil mein muntres haar nach einer andern krone
Ein kurtz verlangen traͤgt/ ſo hab ich laͤngſt vermeint/
Es bleibt zu jener zeit nicht nur bey einem lohne/
Die Themis iſt ja ſonſt der helden Venus-freund.
Komt zeit ſo koͤmt auch rath/ itz ſind wir arme buͤfgen
Und graben angſt und pein in unſer betteſtroh/
Doch wirckt der ſchwache gruß in dieſem liebes-briefgen/
So macht der blancke wein uns ſchon in vorraht froh.

Fill. Das itzige ſtimmt nicht mit dem vorigen. Jtzt
gibſtu dich vor den einfaͤltigſten menſchen von der
welt aus/ und vor warſtu ſo expedit/ daß du auch ſcho-
laren annehmen wolteſt.
Gil. Zehn weiſe leute koͤnnen mehr fragen/ als eineꝛ
kan antworten.
Fill. Damit wird meiner frage nicht gerathen.
Gil. Du lieber bruder/ die ſtunden ſind ungleich/
drum iſt auch die courage ungleich/ man meynt es all-
zeit nicht ſo boͤſe/ als man es im zorn hinſchreibt.
Fill. Es mag ſo ſeyn. Aber was iſt mir mit den
lum-
Z 2
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[355/0371] Drittes Geſpraͤch. Drum weil die liebe zeit durch honig-ſuͤſſe raͤncke Jn unſrer jungferſchafft die blume brechen wil/ So fuß er neben mir ein corpo und bedencke/ Die liebe ſey ein ſtrick und nicht ein kinderſpiel. Jch wil an meinem ort der mutter zu gefallen Noch gantzer 15 jahr ein alter tantzknecht ſeyn: Das gluͤcke werffe mich als einen leichten ballen/ Jedennoch laß ich mich bey keinem maͤdgen ein. Kan ich mir ſo viel zeit von meiner arbeit brechen/ So wil ich dieſe woch in ſeinem loſament/ Von ſeiner jungferſchafft mir noch was mehr verſprechen/ Jtz hat der fremde marck mich andrer pflicht verpfaͤndt: Jnzwiſchen nehm er itz ſo viel beliebte freuden/ So viel als buhler itz auff ihrem wege ſind: Wir wollen unverwandt das ſtille ſchauſpiel meiden/ Da offt die koͤnigin das gantze ſpiel gewinnt. Doch weil mein muntres haar nach einer andern krone Ein kurtz verlangen traͤgt/ ſo hab ich laͤngſt vermeint/ Es bleibt zu jener zeit nicht nur bey einem lohne/ Die Themis iſt ja ſonſt der helden Venus-freund. Komt zeit ſo koͤmt auch rath/ itz ſind wir arme buͤfgen Und graben angſt und pein in unſer betteſtroh/ Doch wirckt der ſchwache gruß in dieſem liebes-briefgen/ So macht der blancke wein uns ſchon in vorraht froh. Fill. Das itzige ſtimmt nicht mit dem vorigen. Jtzt gibſtu dich vor den einfaͤltigſten menſchen von der welt aus/ und vor warſtu ſo expedit/ daß du auch ſcho- laren annehmen wolteſt. Gil. Zehn weiſe leute koͤnnen mehr fragen/ als eineꝛ kan antworten. Fill. Damit wird meiner frage nicht gerathen. Gil. Du lieber bruder/ die ſtunden ſind ungleich/ drum iſt auch die courage ungleich/ man meynt es all- zeit nicht ſo boͤſe/ als man es im zorn hinſchreibt. Fill. Es mag ſo ſeyn. Aber was iſt mir mit den lum- Z 2

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/371>, abgerufen am 11.06.2024.