Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Anderes Gespräch. wenig durch gezogen würden/ so hätte es das ansehen/als lebten sie gar in den paradieße. Mel. Wol dem/ der sich allzeit entschuldigen kan. Fill. Hättestu aber davor ein carmen geschrieben/ wie sich einer auf der reyse recht und gebührlich ver- halten solte. Gil. Jch werde dergleichen hier haben/ wo ich es nur finden kan. Doch wird es etwas kurtz gegeben seyn: Mel. Wer fragt nach der kürtze/ wenn es nur gut ist. Gil. Hier hab ichs. DJe lufft verändert nichts/ die klugheit muß in reisen Compaß und ruder seyn/ sie muß den anfurt weisen/ Sie muß die rechnung thun/ und welcher das vergist/ Der kömmet wieder heim wie er gewesen ist. Es ist ein schlechtes werck sich etwas tieffer bücken/ Der alten sprache brauch mit neuen wörtern sticken/ Jn fremb der kleidung gehn: und wer sich in der welt Um sonsten nichs bemüht/ verspielet zeit und geld. Wem ist damit gedient/ und wenn man haar-klein wüste/ Wie scharff ein ander trinckt/ wie mancher seine lüste/ Mit bösem wasser löscht/ wie einer schertzt und spielt/ Wie jener springt und tantzt/ wie dieser raubt und stielt. Es ist nur eitelkeit/ man hört von solchen dingen/ Und lernt sie endlich selbst in die gewohnheit bringen So daß ein solcher mensch viel grösser unheil stifft Als welcher einen brunn verderbet und vergifft. Ein kluges kauffmans-schiff kömmt nimmermehr gefahren/ Und sucht Arabien um liederliche waaren: Das gold wird außgesucht/ der weirauch zugericht/ Die myrrhen eingepackt: den sand begehrt man nicht. Wolan du junges volck! weil ihr von eurem leben Dem hohen alter sollt einmahl die zinse geben. So reiset mit vernunfft/ und nehmet diß in acht/ Was von der klugheit kommt/ und euch zu menschen macht. Mel.
Anderes Geſpraͤch. wenig durch gezogen wuͤrden/ ſo haͤtte es das anſehen/als lebten ſie gar in den paradieße. Mel. Wol dem/ der ſich allzeit entſchuldigen kan. Fill. Haͤtteſtu aber davor ein carmen geſchrieben/ wie ſich einer auf der reyſe recht und gebuͤhrlich ver- halten ſolte. Gil. Jch werde dergleichen hier haben/ wo ich es nur finden kan. Doch wird es etwas kurtz gegeben ſeyn: Mel. Wer fragt nach der kuͤrtze/ weñ es nur gut iſt. Gil. Hier hab ichs. DJe lufft veraͤndert nichts/ die klugheit muß in reiſen Compaß und ruder ſeyn/ ſie muß den anfurt weiſen/ Sie muß die rechnung thun/ und welcher das vergiſt/ Der koͤmmet wieder heim wie er geweſen iſt. Es iſt ein ſchlechtes werck ſich etwas tieffer buͤcken/ Der alten ſprache brauch mit neuen woͤrtern ſticken/ Jn fremb der kleidung gehn: und wer ſich in der welt Um ſonſten nichs bemuͤht/ verſpielet zeit und geld. Wem iſt damit gedient/ und wenn man haar-klein wuͤſte/ Wie ſcharff ein ander trinckt/ wie mancher ſeine luͤſte/ Mit boͤſem waſſer loͤſcht/ wie einer ſchertzt und ſpielt/ Wie jener ſpringt und tantzt/ wie dieſer raubt und ſtielt. Es iſt nur eitelkeit/ man hoͤrt von ſolchen dingen/ Und lernt ſie endlich ſelbſt in die gewohnheit bringen So daß ein ſolcher menſch viel groͤſſer unheil ſtifft Als welcher einen brunn verderbet und vergifft. Ein kluges kauffmans-ſchiff koͤmmt nimmermehr gefahren/ Und ſucht Arabien um liederliche waaren: Das gold wird außgeſucht/ der weirauch zugericht/ Die myrrhen eingepackt: den ſand begehrt man nicht. Wolan du junges volck! weil ihr von eurem leben Dem hohen alter ſollt einmahl die zinſe geben. So reiſet mit vernunfft/ und nehmet diß in acht/ Was von der klugheit kom̃t/ uñ euch zu menſchen macht. Mel.
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Anderes Geſpraͤch.
wenig durch gezogen wuͤrden/ ſo haͤtte es das anſehen/
als lebten ſie gar in den paradieße.
Mel. Wol dem/ der ſich allzeit entſchuldigen kan.
Fill. Haͤtteſtu aber davor ein carmen geſchrieben/
wie ſich einer auf der reyſe recht und gebuͤhrlich ver-
halten ſolte.
Gil. Jch werde dergleichen hier haben/ wo ich es
nur finden kan. Doch wird es etwas kurtz gegeben
ſeyn:
Mel. Wer fragt nach der kuͤrtze/ weñ es nur gut iſt.
Gil. Hier hab ichs.
DJe lufft veraͤndert nichts/ die klugheit muß in reiſen
Compaß und ruder ſeyn/ ſie muß den anfurt weiſen/
Sie muß die rechnung thun/ und welcher das vergiſt/
Der koͤmmet wieder heim wie er geweſen iſt.
Es iſt ein ſchlechtes werck ſich etwas tieffer buͤcken/
Der alten ſprache brauch mit neuen woͤrtern ſticken/
Jn fremb der kleidung gehn: und wer ſich in der welt
Um ſonſten nichs bemuͤht/ verſpielet zeit und geld.
Wem iſt damit gedient/ und wenn man haar-klein wuͤſte/
Wie ſcharff ein ander trinckt/ wie mancher ſeine luͤſte/
Mit boͤſem waſſer loͤſcht/ wie einer ſchertzt und ſpielt/
Wie jener ſpringt und tantzt/ wie dieſer raubt und ſtielt.
Es iſt nur eitelkeit/ man hoͤrt von ſolchen dingen/
Und lernt ſie endlich ſelbſt in die gewohnheit bringen
So daß ein ſolcher menſch viel groͤſſer unheil ſtifft
Als welcher einen brunn verderbet und vergifft.
Ein kluges kauffmans-ſchiff koͤmmt nimmermehr gefahren/
Und ſucht Arabien um liederliche waaren:
Das gold wird außgeſucht/ der weirauch zugericht/
Die myrrhen eingepackt: den ſand begehrt man nicht.
Wolan du junges volck! weil ihr von eurem leben
Dem hohen alter ſollt einmahl die zinſe geben.
So reiſet mit vernunfft/ und nehmet diß in acht/
Was von der klugheit kom̃t/ uñ euch zu menſchen macht.
Mel.
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Zitationshilfe: | Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/333>, abgerufen am 16.02.2025. |