Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

Bild:
<< vorherige Seite

Uberfl. gedancken andere gattung
Die welt die wäre nicht viel weiter
Als wie sie in der mappe scheint/
Nun blieben sie so weit dahinden/
Und könten nicht das ende finden.

7. Die mutter hört mit angst und schmertzen
Der grossen welt-beschreibung zu/
Und saget/ ach ihr lieben hertzen/
Verstöret ja nicht eure ruh/
Denn/ wollt ihr nicht zu hause speisen/
Könnt ihr zu pate Micheln reisen.
8. Der wohnet draussen auff dem lande/
Darzu bedürfft ihr einen tag/
Und hab ich allzeit was zu pfande/
Auff daß ich mit dem seigerschlag
Euch voller freude/ trost und ehre/
Vor meinem fenster kommen höre.
9. Derhalben die ihr auff den reisen
Euch müsset tag und nacht bemühn/
Durch hitz und frost/ durch eyß und eisen
Dem tode fast entgegen ziehn;
Ach kommt und macht es auch so schöne/
Gleichwie die zarten mutter-söhne.
Fill. Du hast sie gut bedacht. Aber wenn einmahl
so ein mutter-sohn käme/ und gäbe dir den lohn dafür.
Gil. Habe ich sonst keine noth/ vor dieser will ich
wol sicher seyn. Denn die leute suchen selten ihre be-
liebung in einem buche/ und also ist es nicht wol mög-
lich/ daß sie es erfahren.
Mel. Wem zu gefallen hastu es aber geschrieben?
Gil. Denen andern die sich noch nicht auff die bä-
renhaut geleget haben. Und über diß haben die stu-
ben-brütlinge sonst keine noth/ wenn sie nun nicht ein
wenig

Uberfl. gedancken andere gattung
Die welt die waͤre nicht viel weiter
Als wie ſie in der mappe ſcheint/
Nun blieben ſie ſo weit dahinden/
Und koͤnten nicht das ende finden.

7. Die mutter hoͤrt mit angſt und ſchmertzen
Der groſſen welt-beſchreibung zu/
Und ſaget/ ach ihr lieben hertzen/
Verſtoͤret ja nicht eure ruh/
Denn/ wollt ihr nicht zu hauſe ſpeiſen/
Koͤnnt ihr zu pate Micheln reiſen.
8. Der wohnet drauſſen auff dem lande/
Darzu beduͤrfft ihr einen tag/
Und hab ich allzeit was zu pfande/
Auff daß ich mit dem ſeigerſchlag
Euch voller freude/ troſt und ehre/
Vor meinem fenſter kommen hoͤre.
9. Derhalben die ihr auff den reiſen
Euch muͤſſet tag und nacht bemuͤhn/
Durch hitz und froſt/ durch eyß und eiſen
Dem tode faſt entgegen ziehn;
Ach kommt und macht es auch ſo ſchoͤne/
Gleichwie die zarten mutter-ſoͤhne.
Fill. Du haſt ſie gut bedacht. Aber wenn einmahl
ſo ein mutter-ſohn kaͤme/ und gaͤbe dir den lohn dafuͤr.
Gil. Habe ich ſonſt keine noth/ vor dieſer will ich
wol ſicher ſeyn. Denn die leute ſuchen ſelten ihre be-
liebung in einem buche/ und alſo iſt es nicht wol moͤg-
lich/ daß ſie es erfahren.
Mel. Wem zu gefallen haſtu es aber geſchrieben?
Gil. Denen andern die ſich noch nicht auff die baͤ-
renhaut geleget haben. Und uͤber diß haben die ſtu-
ben-bruͤtlinge ſonſt keine noth/ wenn ſie nun nicht ein
wenig
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp>
            <lg type="poem">
              <lg n="6">
                <pb facs="#f0332" n="316"/>
                <fw place="top" type="header">Uberfl. gedancken andere gattung</fw><lb/>
                <l>Die welt die wa&#x0364;re nicht viel weiter</l><lb/>
                <l>Als wie &#x017F;ie in der mappe &#x017F;cheint/</l><lb/>
                <l>Nun blieben &#x017F;ie &#x017F;o weit dahinden/</l><lb/>
                <l>Und ko&#x0364;nten nicht das ende finden.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="7">
                <l>7. Die mutter ho&#x0364;rt mit ang&#x017F;t und &#x017F;chmertzen</l><lb/>
                <l>Der gro&#x017F;&#x017F;en welt-be&#x017F;chreibung zu/</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;aget/ ach ihr lieben hertzen/</l><lb/>
                <l>Ver&#x017F;to&#x0364;ret ja nicht eure ruh/</l><lb/>
                <l>Denn/ wollt ihr nicht zu hau&#x017F;e &#x017F;pei&#x017F;en/</l><lb/>
                <l>Ko&#x0364;nnt ihr zu pate Micheln rei&#x017F;en.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="8">
                <l>8. Der wohnet drau&#x017F;&#x017F;en auff dem lande/</l><lb/>
                <l>Darzu bedu&#x0364;rfft ihr einen tag/</l><lb/>
                <l>Und hab ich allzeit was zu pfande/</l><lb/>
                <l>Auff daß ich mit dem &#x017F;eiger&#x017F;chlag</l><lb/>
                <l>Euch voller freude/ tro&#x017F;t und ehre/</l><lb/>
                <l>Vor meinem fen&#x017F;ter kommen ho&#x0364;re.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="9">
                <l>9. Derhalben die ihr auff den rei&#x017F;en</l><lb/>
                <l>Euch mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;et tag und nacht bemu&#x0364;hn/</l><lb/>
                <l>Durch hitz und fro&#x017F;t/ durch eyß und ei&#x017F;en</l><lb/>
                <l>Dem tode fa&#x017F;t entgegen ziehn;</l><lb/>
                <l>Ach kommt und macht es auch &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;ne/</l><lb/>
                <l>Gleichwie die zarten mutter-&#x017F;o&#x0364;hne.</l>
              </lg>
            </lg>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Fill.</speaker>
            <p>Du ha&#x017F;t &#x017F;ie gut bedacht. Aber wenn einmahl<lb/>
&#x017F;o ein mutter-&#x017F;ohn ka&#x0364;me/ und ga&#x0364;be dir den lohn dafu&#x0364;r.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Gil.</speaker>
            <p>Habe ich &#x017F;on&#x017F;t keine noth/ vor die&#x017F;er will ich<lb/>
wol &#x017F;icher &#x017F;eyn. Denn die leute &#x017F;uchen &#x017F;elten ihre be-<lb/>
liebung in einem buche/ und al&#x017F;o i&#x017F;t es nicht wol mo&#x0364;g-<lb/>
lich/ daß &#x017F;ie es erfahren.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Mel.</speaker>
            <p>Wem zu gefallen ha&#x017F;tu es aber ge&#x017F;chrieben?</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Gil.</speaker>
            <p>Denen andern die &#x017F;ich noch nicht auff die ba&#x0364;-<lb/>
renhaut geleget haben. Und u&#x0364;ber diß haben die &#x017F;tu-<lb/>
ben-bru&#x0364;tlinge &#x017F;on&#x017F;t keine noth/ wenn &#x017F;ie nun nicht ein<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wenig</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[316/0332] Uberfl. gedancken andere gattung Die welt die waͤre nicht viel weiter Als wie ſie in der mappe ſcheint/ Nun blieben ſie ſo weit dahinden/ Und koͤnten nicht das ende finden. 7. Die mutter hoͤrt mit angſt und ſchmertzen Der groſſen welt-beſchreibung zu/ Und ſaget/ ach ihr lieben hertzen/ Verſtoͤret ja nicht eure ruh/ Denn/ wollt ihr nicht zu hauſe ſpeiſen/ Koͤnnt ihr zu pate Micheln reiſen. 8. Der wohnet drauſſen auff dem lande/ Darzu beduͤrfft ihr einen tag/ Und hab ich allzeit was zu pfande/ Auff daß ich mit dem ſeigerſchlag Euch voller freude/ troſt und ehre/ Vor meinem fenſter kommen hoͤre. 9. Derhalben die ihr auff den reiſen Euch muͤſſet tag und nacht bemuͤhn/ Durch hitz und froſt/ durch eyß und eiſen Dem tode faſt entgegen ziehn; Ach kommt und macht es auch ſo ſchoͤne/ Gleichwie die zarten mutter-ſoͤhne. Fill. Du haſt ſie gut bedacht. Aber wenn einmahl ſo ein mutter-ſohn kaͤme/ und gaͤbe dir den lohn dafuͤr. Gil. Habe ich ſonſt keine noth/ vor dieſer will ich wol ſicher ſeyn. Denn die leute ſuchen ſelten ihre be- liebung in einem buche/ und alſo iſt es nicht wol moͤg- lich/ daß ſie es erfahren. Mel. Wem zu gefallen haſtu es aber geſchrieben? Gil. Denen andern die ſich noch nicht auff die baͤ- renhaut geleget haben. Und uͤber diß haben die ſtu- ben-bruͤtlinge ſonſt keine noth/ wenn ſie nun nicht ein wenig

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die für das DTA ausgewählte Ausgabe von 1701 vere… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/332
Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/332>, abgerufen am 10.06.2024.